Kaiserslautern Kohllateralschaden inklusive

Auch bei der jüngsten Ausgabe der Reihe „Da lacht man scharf“ im Edith-Stein-Haus waren die Kabarettisten der Gruppe Die Untiere wieder breit aufgestellt. Das zahlte sich angesichts der Spezialisierung des Wiener Gastes Werner Brix letztlich aus. Die Untiere trumpften mit der bewährten Mischung aus Musikkabarett, Realsatire, politischer Persiflage – auf kommunaler bis Bundesebene – auf und garnierten die Show mit kosmopolitischen Streiflichtern, verklärt durch nostalgische Rückblicke und gesellschaftliche Ausblicke.

Marschalls Nachlese zur Wiederwahl der Beigeordneten und Stadtbürgermeisterin hakte er unter dem Grundsatz „Never change a winning team“ ab. Die Kabarettisten hätten so zwar keine neuen Opfer, aber neue Ideen für ihre bewährten Zielscheiben der Häme. Mögen sich auch viele im Glanz und Glamour der Mall sonnen – für Marschall bleibt sie eine kabarettistische Baustelle, jetzt mit Verkehrsproblemen, die sich, so seine Prognose, mit entsprechender zeitlicher Geduld wieder von selbst auflösen. Weiter ging’s mit der Präsentation eines neuen Preises, des Heuchlerpreises an den größten Heuchler der Stadt. Als aussichtsreiche Kandidaten seien inzwischen Andreas Rahm und Richard Müller nominiert. Verliehen werden soll der Preis im Januar 2016, bis dahin würden weitere Anwärter gesucht. Obwohl Marschall in Lautern ein Eldorado an politischer Realsatire gefunden zu haben glaubt, stellte er sich einer noch größeren rhetorischen Herausforderung, als sich er dem 85. Geburtstag des Altkanzlers Kohl widmete: Allein seine emphatischen Titulierungen wie „Mensch-Massiv“, „Kohllateral-Schaden“ oder „Kohlesterin“ zeigten zusammen mit „King-Kong-Kohl“, wie ihn der „Einheitskanzler“ zu reich sprudelnden rhetorischen Fontänen inspirierte. Diese von Zitaten in gekonnter Imitation des Tonfalls gespickte Reverenz gehörte mit den vielen Geistesblitzen mit zum Besten des Urtier-Urgesteins der letzten Jahre. Wenn Philipp Tulius den Finanzminister Schäuble gibt, legt er ihm Worte in den Mund, die zwar so nicht gesagt werden (Griechenland als David gegen den EU-Goliath) aber aus dessen Habitus abgeleitet werden. Dagegen zeigt sich im Finale beim Musikkabarett auch das „Harmoniebedürfnis“ aller Untiere, wenn Schäuble, Merkel (in Gestalt von Marina Tamássy) im gemeinsamen Lied „Zu zweit ...“ vereint sind: Da schlagen zwei Herzen im gemeinsamen Takt, bestens unterstützt von Keyboarder Edwin Schwehm-Herter und Schlagzeuger Wolfgang Marschall. Der Wiener Gast kam auf die Bühne und legte furios los, fegte wie ein Wirbelwind über die Bühne und erinnerte dabei an das legendäre Werbe-HB-Männchen. Ein gestresster Managertyp auf der Jagd nach Terminen, Geschäften und Absprachen, gebremst durch Symptome wie Tinnitus und alle medizinischen Ratschläge in den Wind schlagend: So gab der komödiantisch überwältigende und schlagfertige Gast den Prototypen heutiger Workaholics ab. Dieser gibt stets Vollgas und wirft bei Bedarf eben Medikamente ein und das konsequent bis zum Burn-out. Seine Maxime: Haus mit Pool und mindestens zwei Autos – das sei heute ebenso Standard wie Sex bis ins hohe Alter.

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