Kaiserslautern Klassik, Jazz, Pop und Rock beim dritten Pfalztheater-Kammerkonzert

Vier engagierte Musiker: Ivan Kneževic (von links), Mari Kitamoto, Johannes Pardall und Caroline Busser-Kneževic.
Vier engagierte Musiker: Ivan Kneževic (von links), Mari Kitamoto, Johannes Pardall und Caroline Busser-Kneževic.

Das dritte Kammerkonzert des Pfalztheaters am Sonntag im Theodor-Zink-Museum sprengte gleich in mehrfacher Hinsicht mit Brachialgewalt den gewohnten Rahmen.

Einerseits lockte der – in der Theatersprache ausgedrückt – Szenenwechsel von der Werkstattbühne zum Theodor-Zink-Museum ein anderes Publikum an. Das kam mit Kind und Kegel und Kinderwagen und einem die Moderation „unterstützenden“ Säugling als Kontrapunkt. Anstelle fester Plätze waren variable Bestuhlungen gefragt, um dem Besucherstrom gerecht zu werden. Genau dieses Element der spontanen Improvisation prägte auch die aufgeführte Musik, die an der Schnittstelle zwischen Klassik, Jazz, Pop und Rock zwar auf kompositorische Vorlagen zurückgriff, letztlich aber dennoch interpretatorisch vor allem freier und eben improvisierter wirkte als das, was man sonst von einem klassischen Streichquartett als Königsgattung der Kammermusik gewohnt ist.

Den beiden Künstler-Ehepaaren, die sich im Theaterorchester für dieses Projekt gesucht und gefunden haben, erschien offenbar in einer im Programm dargestellten Wortspielerei der Epochenbegriff Barock zielführend für ihr Unterfangen: Sie deuteten ihn einfach als „BaRock“ um, stellten die Verbindung von barocken Altmeistern und heutiger Betrachtung, Rezeption und eigener Interpretation und zeitgenössischen Strömungen der Popularmusik her. Es war nicht der historisierende Blick einer stil- und werkgerechten Aufführungspraxis, die um jeden Preis um Authentizität rang, sondern die Übertragung barocker Werke von Händel, Vivaldi und Corelli wurden von Konzertmeister und hier Primarius Ivan Kneževič selbst oder von anderen wie Johan Halvorsen umbesetzt, umgestaltet und bekamen durch die besondere Spielweise zudem eine eigene, ja eigenwillige Note. Manchen gilt ja Barockmusik trotz der damaligen Affektenlehre als eine Abfolge stereotyper Motorik und somit etüdenhaft als „Nähmaschinenmusik.“ Damit räumten neben Kneževič und Ehefrau Caroline Busser-Kneževič, auch das kammermusikalisch seit Jahren engagierte Ehepaar, Geigerin Mari Kitamoto und Bratscher Johannes Pardall, gründlich auf.

Brillanz, Eleganz und Rasanz

Sie spielten zusammen mit ungewöhnlich packendem, ja beherztem und resolut gestalterischem Zugriff, reizten alles nur Erdenkliche an Brillanz, Eleganz und Rasanz aus. Sie setzten dabei mehr auf Übertreibung und spannungsgeladene Steigerungen als auf glättende Nivellierung. Zudem machten sie programmatisch deutlich, dass es biographisch und inhaltlich viele Gemeinsamkeiten gibt. Daher ließen sie die zyklischen Werke von Vivaldi und Piazzolla aus gutem Grund ineinanderfließen: Beide Komponisten hinterließen Zyklen zu den Jahreszeiten, der eine (Vivaldi) im barocken Concerto und der andere in der damals neuen Gattung des Tango Nuevo. Pardall machte in seiner fundierten Moderation bewusst, dass Piazzolla sogar für kurze Zeit in der Talentschmiede der berühmten Kompositionslehrerin Nadia Boulanger die klassische Kompositionslehre zwar erhielt, aber von ihr zu „seinem“ musikalischen Lebensweg ermutigt wurde.

Nach dem überwältigenden Erfolg der Queen-Gala im Pfalztheater arrangierte der Konzertmeister der Pfalzphilharmonie, Ivan Kneževič, jetzt auch Queen-Titel fürs Streichquartett. Diese und weitere Welthits wie Pop-Balladen zeigten aber auch, dass ein klassisches Instrumentarium vielseitiger klingen kann als gedacht. Alle Aufführungen erklangen in wunderbarer klanglicher Homogenität und Expressivität. Da wurde mit Hingabe, Verve und Schwung musiziert. Solche Idealisten, die andere mitreißen, braucht ein Orchester.

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