Kaiserslautern Jimi Hendrix auf dem Cello

Gäste aus Hamburg, München und Frankfurt waren eigens in den Cotton Club der Kammgarn gekommen, um das Ensemble Celloland mit dem Cellisten Burkard Maria Weber zu erleben. Ob Werke von Eric Satie, Pablo Casals, Stücke von Jimi Hendrix oder eigene Kompositionen – Webers Musik auf dem E-Cello mit Rundbogen war ein Klangerlebnis auf höchstem Niveau.

Weber versteht er es, dem Zuhörer Erregungszustände wie Wut, Trauer, Zärtlichkeit, Fröhlichkeit zu vermitteln. Er verschärft Rhythmen, spielt Noten, die in gleichen Werten notiert sind, unterschiedlich lang und setzt einzelne Betonungen im Fluss der „Argumentation“, damit die Musik lebendig wird. Schon mit seinen Eigenkompositionen wie „Mood for Movies“ oder „Amour en passant“ stellt er die Klangmöglichkeiten und den Charakter des Cellos vor, gibt aber auch den Blick frei auf schier unbegrenzte Möglichkeiten des Instruments. Dabei erzielt er eine Bandbreite an Formen und Farben mit nur einem einzigen Instrument, das als reines Melodieinstrument eigentlich nur sehr eingeschränkte harmonische Zusammenklänge darstellen kann. Der Hörer mag dabei manchmal kaum glauben, dass nur ein Bogen und vier Saiten solche musikalischen Kontraste hervorbringen können. Als mische sich immer wieder eine andere Stimme ein, unterbrechen Töne und Phrasen in tieferen Lagen unvermittelt das Spiel der hohen Lagen. Von „latenter Polyphonie“ sprechen Fachleute. Verblüffend ist, wie die raschen Registerwechsel im Hörer den Eindruck von Mehrstimmigkeit hervorrufen. So lässt Weber auch in den Satie-Stücken „Lère Gnosienne“ und „Lère Gymnopedie“ kompositorische Dichte lebendig werden, indem er stets das Gesangliche der Melodieführung betont. Die vom Virtuosennimbus entkleideten Stücke sind durch große Nüchternheit charakterisiert, und doch liegt eine stille Trauer über den einfachen, archaischen Zusammenklängen und dem gleichmäßigen, unaufgeregten musikalischen Fließen. Der wunderschönen Melodie möchte man noch lange lauschen. Als sehr experimentell entpuppt sich Weber in seiner Komposition „Route 44“. Im Achtel-Rhythmus bearbeitet er mit dem Bogen die Saiten, hämmert darauf herum, steigert sich ins Forte, rasante Staccati und Hammerings lösen sich ab, unglaublich schnelle Wechsel zwischen der tiefen C- und der hohen A-Saite beim Streichen. Er schlägt die Saiten mit der Kante des Daumens in der Art eines Klavierhammers kurz an oder erzeugt Glissandi, indem er mit dem Bogen über das ganze Griffbrett fährt. Mit diesen experimentellen Effekten erreicht er eine ungeahnte Intensität. Die Dynamik ist dabei kaum zu überbieten. Auch Quietschtöne dürfen sich in die extrem farbigen Spannungsbögen einmischen. Sie erhöhen nur noch die Intensität. Sämtliche Tricks und Effekte packt der Cellist auch bei Jimi Hendrix’ „Little Wing“ und „Purple Haze“ auf dem E-Cello aus. Slide-Effekte, perkussives Bearbeiten der Saiten oder Retuning, indem er die Stimmung einzelner Saiten zur Erzielung besonderer Effekte verändert. Mit dem Rundbogen schrammt er dabei förmlich über das Instrument, dass die Saiten nur so kratzen und schürfen. Dann wiederum ist die Intonation lupenrein. So zerfleddert er auch die amerikanische Nationalhymne im Stile Hendrix’ mit Arpeggios, in tiefen Lagen gespielten Riffs und gleichzeitig Akkordakzentuierungen, so dass sie in ihrer klanglichen Gestalt völlig verzerrt sind und die Melodie nur noch in kurzen Momenten durchscheint. Mit engelsgleicher Stimme lag die wunderbare, selbst in höchsten Lagen makellos singende Sopranistin Karien Weber, Sängerin und Schauspielerin in Berlin, über den Hendrix-Titeln oder Eigenkomposition „Feel it“, wodurch wundervolle Kontraste entstanden. Adäquat war auch die Begleitung von Alexander Lützke auf der Gitarre und von Michael Heise am Kontrabass. Vor allem Lützkes manchmal experimentelles Geflecht aus Rhythmus, Harmonik und Melodie war atemberaubend. Begeisterter Beifall, eine Zugabe.

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