Kaiserslautern Interview: „Meine Frau und ich sind total geschockt“

Wenige Stunden vor dem Anschlag war der SPD-Landtagsabgeordnete Andreas Rahm am Montag noch zu Gast auf dem Weihnachtsmarkt in Berlin rund um die Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche auf dem Breitscheidplatz. Als der Lkw in die Menschen raste, waren Rahm und seine Frau bereits gegangen. Andreas Sebald hat sich mit Rahm über den Schock und Sicherheitsvorkehrungen unterhalten.

Herr Rahm, wie geht es Ihnen?

Meine Frau und ich sind total geschockt. Wenige Stunden vor dem Anschlag waren wir noch genau an der Stelle, wo es passiert ist. Wir haben sogar Bilder gemacht von dem Weihnachtsbaum, den man dann später auf der Straße liegen sah. Wir waren nie gefährdet, aber ein Schock ist das schon. Es ist einfach entsetzlich. Sie waren privat in Berlin? Meine Frau und ich haben eine Weihnachtsmarkt-Tour in Berlin gemacht, acht Märkte in vier Tagen. Der auf dem Breitscheidplatz war der letzte unserer Runde. Gegen 17 Uhr sind wir gegangen. Als der Anschlag passierte, saßen wir bereits im Zug nach Kaiserslautern. Wie haben Sie von dem Anschlag erfahren? Unser Zugnachbar im ICE sagte plötzlich, dass etwas auf einem Weihnachtsmarkt in Berlin passiert war. Das hat natürlich alle im Abteil interessiert, die kamen ja alle aus Berlin. Schnell war dann klar, dass es sich um den Markt handelt, den wir vorher noch besucht haben. Anfangs haben wir das gar nicht so direkt auf uns bezogen, bis dann viele Nachrichten bei uns eingingen. Alle wollten wissen, ob wir in Sicherheit sind. Wir waren die ganze Fahrt damit beschäftigt, Nachrichten zu beantworten. Erst dann hat sich der Schock bei uns eingeschlichen. Was wäre passiert, wenn wir etwa noch einen Tag an die Reise drangehängt hätten? Dann wären wir sicher länger auf dem Markt geblieben und nicht so früh zum Zug gegangen. Wie waren die Sicherheitsvorkehrungen auf den Märkten? Sehr hoch. Also ich muss sagen, dass ich mich – subjektiv – sehr sicher gefühlt habe. Es war viel Polizei unterwegs, auch viel Security, mehr als im vergangenen Jahr, ist mir aufgefallen. Auf dem Weihnachtsmarkt auf dem Gendarmenmarkt gab es sogar Taschenkontrollen. Aber: Wie will ich einen solchen Anschlag verhindern? Wie will ich verhindern, dass ein Lkw durch den Markt rast? Der Markt auf dem Breitscheidplatz ist quasi von Straßen umgeben. Meine Frau hat gesagt: Ein Anschlag auf einen Weihnachtsmarkt, der trifft etwas, was zur ureigenen, deutschen Kultur gehört. Schrecklich. Werden Sie weiterhin Weihnachtsmärkte besuchen? Meine Frau und ich haben diskutiert. Wären wir noch aufgebrochen, wenn unsere Reise zu den Märkten noch bevorgestanden hätte? Ich muss sagen: Ja, wir wären gefahren. Man darf sich von solchen Spinnern nicht unterkriegen lassen. Man muss gegenhalten. |bld

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