Kaiserslautern Im Strom der Ideen

„Sommerliche Jazzklänge“ standen bei der jüngsten Ausgabe des Wednesday Night Jazz Clubs am Mittwoch im proppenvollen Bistro Storchenturm auf dem Programm. Latin-Jazz auf hohem Niveau boten dabei Helmut Engelhardt, Volker Klimmer & Co.. Prädikat: sehr empfehlenswert.

Durst! Bei dieser brasilianischen und karibischen Musik war die Luft dermaßen trocken, dass der Theker ins Schwitzen kam. Bei dem harten Afro-Latin-Jazz-Funk zog das Quintett alle Register der Groovelehre. Ein Balanceakt zwischen Kopf und Bauch, der zu ausgiebigen Improvisationen von hitziger Intensität einlud. Fachmännisch ausgesuchte Perlen präsentierten die „K-Town All-Stars“ zudem und zeigten damit ihr sicheres Gespür für zeitgemäße Mixturen. Da trafen hitzige brasilianische Samba-Rhythmen auf sensitiv geschlagene Bossa Novas, standen Piano-verliebte Jazzexkursionen trendigen Brasil-Beats gegenüber. Ein rundes Unterfangen, kompetent gelenkt von Helmut Engelhardt. Dieser überragende Saxofonist überzeugte ein ums andere Mal durch seinen Strom kühner Ideen. Seine Melodiebögen, in kleinen Notenwerten gespielt, wiesen eine enorme Vielfalt auf und waren vergleichbar mit den Kürzeln der Stenoschrift. Immer wieder wechselte er überraschend zwischen langen und kurzen Notenwerten und zwischen Spannung und Lösung. Der Berklee-Schüler spielte sein Instrument mit der Kraft einer Trompete, es schnurrte, summte, sang, glitt die Register auf und ab und erzählte dabei die spannendsten Geschichten. Technische und musikalische Hochleistungen vollbrachte auch Wolfgang Sing auf der Gitarre. Er zupft sein Instrument nicht nur, sondern bringt die Saiten zum Erklingen, indem er sie mit den Fingerkuppen beider Hände auf das Griffbrett niederklopft. Damit erzielte er überaus reiche, polyphone Liniengeflechte, dass man den Eindruck hatte, er habe nicht nur zehn, sondern 20 Finger. In einen Jungbrunnen scheint der 72-jährige Volker Klimmer gefallen zu sein, der in diesem jungen Team regelrecht aufblüht. Klimmer hat ja vor wenigen Jahren nochmals in Frankfurt bei dem Pianisten Christoph Sänger Jazz-Piano studiert. In seinen flinkfingrigen Improvisationen bilden Inhalt und Form eine Einheit. Als Begleiter bildete sein Klavier den Hintergrund, gegen den die anderen Musiker spielten. So sorgten der karibische Kalypso „St. Thomas“ von Sonny Rollins ebenso für Hitzegrade wie die mitreißenden Skalen von „One Note Samba“. Das Quintett spielte in bester Laune nicht lange um den heißen Brei herum, sondern legte immer noch eine Schippe drauf. Das wirkte wie aus einem Guss, groovte ohne Ende und glänzte zudem durch Soli erster Güte. Mit „One I Love“ brachte das Quintett das elegante, entspannte Feeling des Bossa Nova auf den Punkt. Einer der absoluten Höhepunkte aber war Herbie Hancocks „Cantaloupe Island“. Das begann ganz entspannt, aber bald drückte Engelhardt mächtig aufs Gas gab damit unmissverständlich die Richtung vor. Hardbop auf hohem Energielevel. Und der Geist Hancocks wehte über so manchen Momenten mit vorwärtstreibendem Schlagzeug von Michael Lakatos, treibenden Bassläufen von Jörg Kirsch, klug gesetzten Akkorden und perlenden Notenketten auf dem Piano sowie den hochinspirierten und heißlaufenden Gitarren-Soli Sings. Vor allem Kirsch und Lakatos waren die treibenden Kräfte, sie verstanden es exzellent, das Tempo wegzunehmen und wieder aufzudrehen. Mit lupenreinem Ansatz an der Trompete trat später noch der Gast Tobias Weber hinzu und spielte obendrein mit der Gefühlswelt der Zuhörer. Das war nichts für den gemütlichen Feierabend, sondern fordernde Musik, für die man schon in Stimmung sein musste. Ein idealer Sound zum Frustabbau.

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