Kaiserslautern Grünes Häkchen = korrekt

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Technische Dokumentation leicht gemacht: Die Firma ioxp in Kaiserslautern entwickelt eine Software, die automatisch visuelle technische Dokumentationen erstellt. Daraus entsteht eine Schritt-für-Schritt-Anleitung, die es möglich machen soll, komplexe Wartungs- und Montagearbeiten mit Hilfe der virtuellen Anleitung zu erledigen.

Manchmal kommen die guten Ideen über Nacht. Oder, wie im Fall von Nils Petersen, in der Nacht. In einem einsamen Gebäude. Mit einem Abgabetermin für die Hausarbeit im Nacken und einer leeren Druckerpatrone vor der Nase. Das Gerät blinkte und zeigte „Toner wechseln“ an – nur wie genau das funktionieren soll, das habe er nicht gewusst, erinnert sich der Informatiker. Zeit, bis zum nächsten Morgen zu warten, hatte Petersen, damals Student am Deutschen Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz (DFKI), nicht. „Es wäre cool, wenn ich die Bedienungsanleitung übers Handy ansehen könnte“, dachte er sich. Und entwickelte während seiner Promotionszeit am DFKI aus diesem Gedanken eine Geschäftsidee, die jüngst den ersten Platz des Existenzgründerwettbewerbs Pioniergeist erhalten hat, den die Investitions- und Strukturbank Rheinland-Pfalz (ISB), das SWR Fernsehen sowie die Volksbanken Raiffeisenbanken vergeben. Petersen, der im Februar die Firma ioxp gegründet hat, entwickelt mit drei Kollegen eine Software, die Augmented-Reality-Handbücher herstellt. Der Vorgang, wie die Handbücher entstehen, ist immer gleich: Ein Experte, etwa ein Mechaniker oder ein Monteur, macht die Handgriffe, die in der Anleitung erscheinen sollen, vor. Mit einer Kamera werden die Bewegungen gefilmt, die die Software von ioxp untersucht und in eine systematische Struktur bringt, aus der sie anschließend eine virtuelle Anleitung entwickelt. Angezeigt wird die Anleitung später über eine Datenbrille. Petersen gibt ein Beispiel: Ist eine Maschine defekt oder muss ein Maschinenteil gewechselt werden – wie Petersens Druckerpatrone – macht die virtuelle Anleitung Schritt für Schritt vor, welche Handgriffe in welcher Reihenfolge zu erledigen sind. Dazu erscheint auf dem inneren Glas der Brille zuerst die Maschine, um die es geht und ein kurzer Text, welcher Arbeitsschritt erledigt werden soll. Sobald der Träger der Datenbrille seine Hand an der angezeigten Stelle des Gerätes positioniert hat, erscheint ein grüner Haken, die Hand des Brillenträgers wird virtuell grün eingefärbt. „Das heißt, Position und Handhaltung sind korrekt“, erklärt Petersen. Sind sie das nicht, blendet die Brille ein rotes X ins Sichtfeld ein. „Das System spricht eine Warnung aus“, so Petersen. Eine Software in vergleichbarer Form gebe es noch nicht auf dem Markt, erzählt Petersen. Zurzeit laufe das System bei einigen Probekunden, das Interesse von Seiten der Industrie sei groß. Doch nicht nur dort sieht Petersen einen Markt, auch im Alltag oder im Büro lasse sich das System anwenden. Von der Kaffeemaschine über den Drucker bis hin zu komplexen Industrieanlagen – überall brauche es Handbücher und Bedienungsanleitungen, zählt Petersen auf. Der Vorteil des Systems: Zum Programmieren brauche es keinen Spezialisten, sondern die Software soll – sobald die Marktreife erreicht ist – dazu alleine in der Lage sein. Eine Idee, wie sich das System noch einsetzen ließe, hat Petersen auch schon: Aus allen Daten, die die Software bei einer Firma erhebt, ließe sich bei Bedarf aus den einzelnen Arbeitsschritten ein komplettes Handbuch generieren, das auf Wunsch auch gedruckt werden könnte. Die Firma arbeite zudem daran, Video-Dokumentationen via Smartphone anzeigen zu lassen. Das könnte gerade im Büro-Alltag praktisch sein: „Jeder, der neu ins Büro kommt, hat die gleichen Fragen, die sich aber oft nicht schriftlich beantworten lassen. Sie zu zeigen, wäre cool“, sagt Petersen. So könne ein virtuelles Handbuch zeigen, wie sich die Kaffeemaschine bedienen lasse – und das zur Not auch mitten in der Nacht. (jtt)

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