Leichtathletik „Familienausflug mit Marathon in Tokyo“

Berberichs Markenzeichen ist sein Tuch und der Bart, den er sich immer vor den Läufen wachsen lässt.
Berberichs Markenzeichen ist sein Tuch und der Bart, den er sich immer vor den Läufen wachsen lässt.

Leichtathletik: Tokyo fehlt Hans-Joachim Berberich noch, dann hat er sie, die heiß begehrte Medaille. Seit zehn Jahren ist der 55-jährige Läufer der LLG Landstuhl auf der „Six Star Journey“, einer weltweiten Reise, bei der es darum geht, Marathons in sechs vorbestimmten Städten zu laufen. Nach Berlin (seit 2008 regelmäßig), New York 2013, Chicago 2018 London 2019, Boston 2022 fehlt jetzt noch einer, ein ganz besonderer.

Es sind zwar noch ein paar Tage, bis der Flieger geht – am 28. Februar hebt er ab –, aber Hans-Joachim Berberich ist mitten drin in der Vorbereitung, ein bisschen aufgeregt und voller Vorfreude. Ein T-Shirt, auf dem er seinen Weg nach Tokyo auflistet, ist in Arbeit, daheim hängt ein Board, das er für die Medaillen gebastelt hat. „In der Mitte ist noch ein Platz frei, viel Platz für die große Medaille“, erzählt der Leiter des Bereiches Technik und Arbeit der Westpfalz-Werkstätten in Landstuhl und strahlt mit der Sonne um die Wette, die durchs Fenster in sein Büro fällt, in dem viel an sein Hobby erinnert. An den Wänden hängen Plakate und Bilder, die Tische und Regale stehen voll mit Erinnerungsstücken, auch mit Werkstücken, die seine Kollegen und die Mitarbeiter gebastelt haben. In einer Ecke des Büros steht ein Fahrrad. „Ich versuche, das Training in den Alltag zu integrieren“, sagt er und erzählt, dass er mit dem Rad von seinem Wohnort Bruchmühlbach aus zur Arbeit gekommen sei und am Abend heimlaufe. So lasse sich das gut mit dem Familienleben vereinbaren.

Familie ist ihm überhaupt sehr wichtig, wie er immer wieder betont. Ohne sie und ihre Unterstützung hätte er es nie so weit gebracht, sagt er und erzählt, dass er seine Liebe zum Laufen entdeckte, als seine Kinder Lasse, heute 20, und Jan, 25, noch klein waren. 2006 fing alles an, als ihn sein Arbeitskollege Martin Zöllner überredete, beim Weihnachtsmarktlauf in Landstuhl mitzulaufen. Berberich lief mit und war so begeistert, dass er sich gleich für den Silvesterlauf kurz danach in Kottweiler-Schwanden anmeldete. 2007 lief er beim Halbmarathon Hambacher Schloss, 2008 zum ersten Mal beim Berlin-Marathon. „Dann war das Eis gebrochen“, erzählt er rückblickend, warum es ihn immer wieder nach Berlin zog und er 2012 nach New York flog, um den großen Marathon dort zu laufen. Als der Familienvater gerade über den Times Square schlenderte, erfuhr er aus Deutschland, dass der Wettbewerb abgesagt wurde wegen des Sturms Sandy.

Der große Traum

Berberich machte ein Jahr später einen neuen Anlauf und finishte. New York war für ihn noch aus einem anderen Grund schicksalhaft: Er lernte dort ein Läuferpärchen aus Deutschland kennen, das ihm von der Serie der sechs großen Läufe – Abbott World Marathon Major – und der Endmedaille für den Finisher aller Stationen erzählte.

Den gebürtigen Landstuhler, der inzwischen 260 Läufe in der Region hinter sich hat, besonders die Strecken mit besonderer Atmosphäre wie den Mitternachtslauf in Glan-Münchweiler oder den Ohmbachseelauf liebt, reizte die neue Herausforderung. Und seitdem arbeitet Berberich, der für die LLG Landstuhl läuft, an der Serie. 2018 ließ er sich zu seinem 50. Geburtstag eine Reise zum Marathon schenken, konnte damit Chicago abhaken. 2019 folgte London, 2022 der Boston-Marathon.

Was das Besondere bei Berberichs Läufen ist: Sie sind immer Familienausflüge. So oft es geht, kommen seine Frau Petra (54) und seine beiden Söhne Lasse (20) und Jan (25) und mittlerweile deren Freundinnen mit. In Boston zum Beispiel war die gesamte Familie vereint. Dabei hat jeder seine Aufgabe, die für den 55-jährigen Familienvater wichtig ist. Sie stehen an genau vorher vereinbarten Stellen zu genau vorher vereinbarten Zeitpunkten am Streckenrand und reichen Gels, Bananen, Müsliriegel, Wasser, mal das Handy zum Fotografieren. „Die haben mehr Stress als ich“, sagt er und erzählt, dass aber genau die Unterstützung, dass er weiß, bei dem Kilometer steht jemand aus der Familie, ihn trägt.

In der Lotterie gewonnen

Nach Japan kommt Lasse mit, wie sein Bruder Fußballer, den ein Marathon nie gereizt hat, der aber seinen Vater trotzdem immer unterstützt und sich auf die Reise mit ihm freut. Dass das mit Tokyo und dem Startplatz dort geklappt hat, war Glücksache und ist der Verbindung mit einem auf derlei Veranstaltungen spezialisierten Reisebüro zu verdanken. „Als Deutscher hast Du sonst keine Chance, einen Startplatz zu ergattern. Die werden verlost, die Reisebüros haben aber ein Kontingent.“ Da die Nachfrage bei den Reisebüros ebenfalls größer als das Angebot an Plätzen ist, wurde auch im Reisebüro Interair gelost und Berberich hatte „Glück bei der Lotterie“, dass er in diesem Jahr drankam.

Die ersten Details sind geklärt. Auch das für ihn wichtige: Wie kommt er zu seinem Frühstück? Er isst vor dem Marathon traditionell ein Marmeladenbrot und trinkt Kaffee. Geht das auch in Japan? Nach einem Videomeeting mit den Mitreisenden – rund 30 deutsche Starter sind mit im Flieger – weiß er mehr und kann sich aufs Packen konzentrieren und auf die letzten Trainingseinheiten. Die Zeit, die am Ende auf seiner Urkunde stehen wird, ist ihm nicht so wichtig. „Ich laufe mittlerweile zwischen 3:30 und 4 Stunden.“ Seine Bestzeit liegt bei 3:29:26, das war in Hamburg. Für Sonntag, den 5. März in Tokyo, peilt er 3:45 an. Aber eigentlich will er einfach nur finishen. „Der Weg ist das Ziel“, ist sein Motto.

Laufschuhe im Flieger

Dass er bei seinen Reisen auch was vom Land sieht und nicht nur zum Wettkampf hinfliegt, war ihm schon immer wichtig, 14 Tage wird der 55-Jährige, der im Flugzeug immer die Laufschuhe trägt und einen Sicherheits-Satz Laufklamotten im Handgepäck hat, in Japan bleiben, traditionell nach dem Wettkampf eine Rundreise mit seinem Sohn Lasse machen. Er wird wohl wieder mit einem Legomodell der Stadt zurückkommen, den Bart abrasieren, den er sich traditionell für seine Läufe wachsen lässt und den seine Frau so gar nicht mag, das Fotobuch für 2023 füllen und die Medaille in die Lücke am Brett hängen.

Dann wird er sich langsam wieder auf Berlin freuen, wo er inzwischen automatisch einen Startplatz hat, weil er da elfmal gefinisht hat. Und er wird über das nächste Projekt sinnieren. „Vielleicht Paris, wenn da was mit Olympia verknüpft wird, der Marathon vielleicht über die Olympiastrecke führt. Oder Boston to Big Sur, der Lauf quer durch die USA.“ Aber erst mal freut er sich auf Tokyo und das Finisher-Bier.

Familiensache: Wenn Hans-Joachim Berberich auf Marathonreise geht, sind seine Frau Petra und seine Söhne Jan und Lasse (rechts)
Familiensache: Wenn Hans-Joachim Berberich auf Marathonreise geht, sind seine Frau Petra und seine Söhne Jan und Lasse (rechts) möglichst immer dabei.
Hat beim Berlin-Marathon mittlerweile als elffacher Starter einen Startplatz sicher: Hans-Joachim Berberich von der LLG Landstuh
Hat beim Berlin-Marathon mittlerweile als elffacher Starter einen Startplatz sicher: Hans-Joachim Berberich von der LLG Landstuhl.
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