Kaiserslautern Fünf Kilometer – mindestens

Jede Menge „auf die Ohren“ gab es für den Schreiber dieser Zeilen auch am Sonntag: Von den Moosalbtalern und der Pink-Coverband Funhouse über die Bigband der Landespolizei und das Symphonieorchester des Landkreises bis hin zu den Ambassadors und dem krönenden Abschluss mit Joy Fleming pickte er sich auf vier Bühnen die musikalischen Höhepunkte des Rheinland-Pfalz-Sonntages raus. Ein Rundgang über fünf Kilometer – mindestens.

Kann man Musik fühlbar machen? Die Moosalbtaler schafften das gleich nach dem großen Festumzug in der Westpfalz-Arena im Handumdrehen. Fühlbar warm spielte das renommierte Blasorchester, und die Grazie schöner Melodien ging direkt unter die Haut, zumal es sämtliche Register des Könnens zu ziehen verstand. Über den Rasenteppich ging es runter zur RPR1-Bühne. Wieder herrschte dichtes Gedränge auf dem Netto-Parkplatz, wo die Pink-Coverband Funhouse mit großem Können und mitreißender Power demonstrierte, dass sie sich intensiv mit den Songs der mehrfachen Grammy-Preisträgerin Pink auseinandergesetzt hat. Mit ihrer unaufgeregten, unaufdringlichen, aber dennoch kraftvollen Phrasierung verbreitete Jessica „Pink“ Brenk ausgelassene Stimmung, ohne plüschigen Kuscheleffekten zu erliegen. Die Blue-Light-Bigband der Landespolizei machte währenddessen auf der Polizeibühne am Edeka-Parkplatz unter Leitung von Manuel Kunz einen Parforce-Ritt durch die moderne Bigband-Literatur von Latin bis Earth, Wind & Fire und bestach dabei mit messerscharfen Bläserriffs. Mit ihrer voluminösen Stimme gefiel auch die Sängerin Angelika Rotheit bei den Landessiegern im Wettbewerb der Amateur-Bigbands. Auf dem Weg zur Westpfalz-Arena kam der Schreiber an der Bühne der Musikschulen nicht vorbei. Wow! Das waren ja Sounds, die man selten hört. Mit Songs von den Faröer-Inseln, aus Afrika und Haiti bis hin zu Sting bezauberte der Jazzchor So what der Musikschule Kuseler Musikantenland unter Leitung von Matthias Stoffel die Zuhörer. Die polyphonen, höchst anspruchsvollen Gesänge begleitete das Djembeensemble mit Frontmann Alf Schneider als Hexenmeister mit bestechender Dynamik. Mit Blasen an den Füßen hinauf zur Westpfalz-Arena. Vor einem mächtigen Flügel agierte ein „Englishman“, nein, nicht „An Englishman in New York“, und traktierte die Tasten wie sein Vorbild Elton John. Chamäleongleich verstand es Donovan Aston, den verschiedenen Gefühlen eine beeindruckende Stimme zu verleihen. Ob Phil Collins, Elton John oder John Miles’ „Music“: Stets beeindrucken seine pianistische Brillanz, die hohe Anschlagskultur und die orchestrale Klangfülle. Da stellt sich doch prickelnde Champagner-Laune ein. Mehr aber noch beim Auftritt des Sinfonieorchesters des Landkreises (SOKL) unter Leitung von Christian Weidt, zu Recht der Stolz von Landrat Paul Junker. Ob „Die schöne Galatee“ von Franz von Suppé, die Karelia-Ouvertüre von Sibelius, der „Ungarische Tanz Nr. 1“ von Brahms oder die Ouvertüre zur „Nacht in Venedig“ von Johann Strauß: Stets kam die Musik brillant und mit schmissigem Schwung daher. Alles andere als ein Bummelzug war die Fahrt durch diese verschiedensten musikalischen Landschaften, und trotz ICE-Tempo bestach das Ensemble mit genauester Detailarbeit, toller Dynamik und sattem Klang. Als hervorragende Botschafter ihres Landes präsentierten sich unterdessen auf dem Prometheusplatz auf der SWR4-Bühne The Ambassadors, ein Ensemble der USAFE-Band. Als Gastpräsent an die Stadt Ramstein brachten diese fantastischen Profimusiker das Wertvollste mit, was die Neue Welt der Alten geschenkt hat: den Jazz von Duke Ellington und Glenn Miller. Da war jeder Titel ein modernes Gemälde. Das swingte und groovte – bissig und scharf, aber auch unglaublich geschmeidig, mit flirrenden Tongeflechten, polyphonen Rhythmen. Das ging runter wie feinstes toskanisches Olivenöl. Ein „Mannemer Bloomaul“ von 70 Jahren rockte zum Abschluss des Landesfestes den Prometheusplatz und brachte die rund 3000 begeisterten Besucher schier auf Tische und Bänke. Zu singen hört die legendäre deutsche Soul- und Rocksängerin Joy Fleming wohl nie auf. „Und wonn isch die Flatter mach’, donn sing ich do owwe noch weider.“ Mit ihrem unvergleichlichen Organ teilte sie immer noch vokale Blitzschläge aus. In jeden Song schlüpft sie bedingungslos hinein, geht dabei völlig auf und gibt sich stets natürlich und authentisch. Ob John Lennons „Imagine“, „Michele“ von den Beatles, „Kiss Of Love“ von Elton John oder „Keep On Running“ von der Spencer Davis Group – sie covert nicht, sondern interpretiert die Titel auf ihre ganz persönliche, unvergleichliche Weise. Wer konnte da schon widerstehen, bei diesem Vulkan, bei dieser Stimme aus Herz und Stahl, wenn sie schrie: „Alle aufstehen!“ Tränen lachten die Zuhörer auch wegen ihrer „Schlappgosch“. „Ich seh’ iwwerhaupt net oi, dass ich abnemm“, meinte sie etwa. Und schließlich forderte sie auf: „Jetzt geh’ mer allmitnanner iwwer die Brick!“ Beim „Neckar-Bricke-Blues“ rasteten die Zuhörer völlig aus und ließen die große Künstlerin ohne drei Zugaben nicht von der Bühne. Ein toller Abschluss eines vorbildlich organisierten Landesfestes.

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