Kaiserslautern Erste Kaiserslauterer Braunacht

Auf dem Platz vor der Stiftskirche war schon beim Fassbieranstich viel los.
Auf dem Platz vor der Stiftskirche war schon beim Fassbieranstich viel los.

Bei der ersten Lauterer Braunacht ging es um nichts weniger als die Deutungshohheit darüber, wo genau sich denn nun der Nabel der saar-pfälzischen Brautradition befindet. Klar ist nur eines: Beate Kimmel tritt in große Fußstapfen und Oberbürgermeister Klaus Weichel liebäugelt mit einem „Nebenjob“. Aber der Reihe nach.

Kaiserslautern galt einst als Hochburg pfälzischer Braukunst: Mehr als 20 Brauereien produzierten in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts den beliebten Gerstensaft. Vor genau 30 Jahren schloss mit der Bayerischen Brauerei Kaiserslautern (BBK) die letzte Lauterer Brauerei ihr Sudhaus. Doch lassen sich daraus bereits Ansprüche ableiten?

Für Oberbürgermeister Klaus Weichel jedenfalls steht fest: „Kaiserslautern ist die Bierhauptstadt in der Pfalz und im Saarland.“ Für diese These hat der OB schlagkräftige Argumente. So sei er bei der Homburger Braunacht Ende April gegen den Landrat des Saarpfalz-Kreises und einen Oberbürgermeister einer saarländischen Stadt, „den ich aus Datenschutzgründen nicht nennen darf“, in einen Fassbieranstich-Wettbewerb getreten. Während der Landrat für sein Fass exakt vier Schläge benötigte, stand Weichels unbekannter OB-Kollege kurz vor der Verzweiflung. „Nach gefühlten 17 Schlägen hatte er es geschafft“, berichtet Weichel, der dann selbst an der Reihe war – und, geübt ist eben geübt, nach einem Schlag den Gerstensaft zum Fließen brachte. Die verdutzten Amtskollegen riefen ihm zu, wenigstens noch ein zweites mal zuzuschlagen, damit die Blamage nicht ganz so groß erscheint.

„Mehr als 100 Fässer“ angeschlagen

Noch knapp drei Monate ist Klaus Weichel Oberbürgermeister. Er selbst schätzt, dass er in den rund 30 Jahren, in denen er öffentliche Ämter bekleidet, „mehr als 100 Fässer“ angeschlagen hat. Diese Routine stellte er auch am Samstagnachmittag unter Beweis, als er völlig unaufgeregt den Zapfhahn mit einem gezielten Schlag in das Fass hämmerte. Darin befand sich ein „Leichtes Helles“ der Karlsberg-Brauerei, ein schlankes Bier mit gerade mal 3,5 Prozent Alkohol. Ideal für heiße Sommertage.

Die Sonne strahlt über dem Platz vor der Stiftskirche mit Klaus Weichel um die Wette. In der Hand das als Sommerbier gelobte „Helle“. Die Amtszeit als Oberbürgermeister liegt in den letzten Zügen. Empfindet er Vorfreude auf den Ruhestand? Oder schleicht sich auch Wehmut ein? Weichel trinkt einen Schluck, denkt nach, doch die Antwort lässt keinen Zweifel: „Wehmut. Klar.“ Er wirkt ein bisschen nachdenklich, bevor er sein schelmisches, ihm ganz eigenes Grinsen aufsetzt: „Aber vielleicht lasse ich mich dann freiberuflich buchen für Fassbieranstiche.“

Der Anstich-Nachwuchs steht bereits in den Startlöchern: Auch Alexander Heß, Leiter des Lauterer Citymanagements, hatte keinerlei Probleme, das „Dunkle Kellerbier“ höchst effektiv anzustechen. Ebenso wie Mehmet Dalgali, Inhaber des Pflaumenbaums und des Luthers, der als „echter Bierliebhaber“ das „Belgische Witbier“ präsentieren durfte. Auch er benötigte nur einen Schlag, um das Ergebnis saar-pfälzischer Braukunst ins Glas zu bringen. Mehr Dominanz geht nicht.

Auftakt mit 300 Menschen vor Stiftskirche

Bei so viel Können im Umgang mit Holzhammer und Zapfhahn wirkte die designierte Oberbürgermeisterin Beate Kimmel fast schon ein wenig eingeschüchtert. „Ich trete sicher in große Fußstapfen und kann mir von meinem Vorgänger einiges abschauen.“ Sie sei sicher, dass sich die Braunacht der Karlsberg-Brauerei auch in Kaiserslautern etablieren werde und verwies auf die lange Tradition des Bierbrauens in Kaiserslautern. So zelebrierten bei allen neuen Impulsen das Brauhaus am Markt und die Bachbahn-Brauerei in Erfenbach handgemachte Braukunst.

Zum Auftakt der Veranstaltung mit Freibier waren rund 300 gut gelaunte Menschen vor die Stiftskirche gekommen. Nachdem sich das Geschehen am Abend in elf Gastronomiebetriebe der Stadt verlagert hatte, war die Herkunft des Bieres tatsächlich zur Nebensache geworden. Eine Trennung zwischen Saarland und Pfalz sei, so Brauerei-Chef Christian Weber, „sowieso schwierig“. Schließlich lebten wir in einer „der schönsten Regionen Deutschlands“. Ein Bier, um dort eine angenehme Zeit zu verbringen, findet sich auch in der Neuzeit. Tradition ist schließlich nicht flüssig.

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