Kaiserslautern Echt abgefahren

Animiert im Cotton Club zum Mitsingen: Tex.
Animiert im Cotton Club zum Mitsingen: Tex.

Auf seiner Solo-Tournee machte Christoph Driescher alias Tex am Freitagabend Station im Cotton Club. Eine echt abgefahrene Performance bot der Erfinder und Moderator der beliebten Sendung „TV Noir“, zu der er schon Musiker wie Bosse, Olli Schulz, Jupiter Jones oder Boy und Maxim eingeladen hat. Interessant waren jedoch seine Lyrics.

Wer seine Individualität darstellen will, trägt Schwarz. Schwarz verleiht Unnahbarkeit, Extravaganz. Die Anhänger von Sartre trugen Schwarz, Juliette Greco, die den Existenzialismus in populärer Attitüde verkörperte, war berühmt für ihre schwarz umrandeten Augen, schwarzen Cordsamthosen und schwarzen Rollkragenpullover. Schwarz trägt auch Tex. Nahezu schwarz abgedunkelt ist auch die Bühne. Mit seinen Songs grenzt sich der Songwriter ab vom üblichen Schmalz in der Popmusik. Tex ist eigenwillig. Aber auch er braucht das Publikum. Deswegen schreitet er in den Saal und bittet die Zuhörer ganz nach vorn zu kommen. „Ich brauch euch ganz nah. Eng und kuschelig“, sagt er. Und schon verwandelt sich die Veranstaltung in ein Hautnah-Konzert, bei dem die Leute wie zu Folkmusik-Zeiten vor dem Künstler auf dem Boden sitzen. Schwarz ist aber auch die Farbe des Kreativen. Dass Tex kreativ ist, kann man ihm nicht absprechen. „Ich trag dich hier raus“, singt er in „Von hier bis aufs Dach“. „Draußen ist Chaos, drinnen ist Krieg, wer geht dazwischen, wer holt die Musik? Wer hält sie in Schach, und wer sagt, lass die Knarren fallen und die Geißel frei?“ „Zauberland ist abgebrannt“, heißt es im Rio-Reiser-Cover-Song, „und brennt doch irgendwo weiter und brennt doch lichterloh“. Und in „Haut“ singt er: „Juli hat die Nase voll bis oben hin. Sie kann die Lügen nicht mehr hören, sie möcht` schlagen, sie möcht` schießen, mit Gewalt den Frieden stör`n.“ Tex will die Leute in unkontrollierbare Situationen bringen, sie aus ihrer gemütlichen Atmosphäre zu reißen und sie zum Mitdenken anzuleiten. Daher lässt er die Zuhörer immer wieder die Refrains mitsingen. Natürlich auch, um die Stimmung anzutreiben. Dabei arbeitet er bei seinen Songs mit Assoziationen und Metaphern. Die sind abgefahren und verbreiten eine faszinierende Melancholie, die man greifen kann. Von seinen Songs geht eine gewisse Schwermut aus, vor allem auch wegen der Art zu singen. In seiner Stimme liegen ein Understatement und eine Nonchalance, die im Kontrast stehen zum Inhalt der Songs. Nur manchmal, wenn er gesellschaftskritisch wird, singt er expressiv, seine Stimme schraubt sich hoch bis ins Falsett. Wie in „Die Wahl“: „Du hast die Wahl zwischen Kasper und Seppel, Vollidiot und Komiker, du hast die Wahl zwischen Regen und Traufe und Blitzschlag, zwischen Ronald und McDonald und Hitler. Sie haben die Wahl. Und nachts, wenn Sie schlafen, ziehen wir los, verkaufen die Luft, das Wasser, das Land, die Liebe, die Angst, den Terror, die Qual.“ Schwarz steht auch für Tristesse und Einsamkeit. Zuhause legte sich der Rezensent dann, um aus der Depression herauszukommen, eine CD von AC/DC auf.

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