Kaiserslautern Die hohe pianistische Schule

91-91039662.jpg

Zwischen deutschem Hochbarock mit Händel, Frühklassik mit dem jüngsten Bach-Sohn Johann Christian Bach und den Wiener Klassikern Haydn und Mozart bewegte sich stilistisch das Konzertprogramm des Collegium Musicum Kaiserslautern am Sonntag in der Fruchthalle. Das Benefizkonzert zugunsten der „Freunde der Fruchthalle und der Kammgarn“ war sehr gut besucht und lässt für die Zukunft hoffen.

Mit Händels Musik erklärt sich schon der ungeahnt große Zuspruch. Sie hat mit ihrer melodischen − von der Oper beeinflussten − Ausdruckskraft und dem Hang zur Monumentalität damals eine allgemeinverständliche kosmopolitische Weltsprache realisiert, man denke an die Wasser- oder Feuerwerksmusik oder seinen „Messias.“ Das war auch in seinem Concerto Grosso F-Dur zu spüren, bei dem er eine Synthese aus Suiten- und Konzertform anstrebte und sich nur bedingt an italienischen Vorbildern wie Corelli orientierte. Während Bach in den Brandenburgischen Konzerten Soloinstrumente zur Meisterschaft führt, kontrapunktische Verflechtungen des Stimmengewebes einsetzt, bleibt Händel dem Prinzip der Klarheit und der Verständlichkeit für den Zuhörer verbunden. So schien das aufgeführte Concerto poetische Naturstimmungen zu malen: Diesen Aspekt arbeitete die Interpretation des künstlerischen Leiters Wolfram Fauth heraus. Die Solistengruppe besteht aus zwei Violinen und Cello, konzertiert im Dialog und Wettstreit mit dem sogenannten Ripieno − dem Orchestertutti. Dies klappte bei dieser überzeugenden Aufführung vorzüglich und das thematische Material mit der Neuerung eines teilweise zweiten Satzthemas wurde sehr differenziert charakterisiert. Über die barocke Terrassendynamik mit dem registerartigen Hinzuziehen von Klanggruppen hinaus beinhaltet dieses von Hermann Hesse als „Göttermusik“ apostrophierte Concerto aber auch Ansätze für dynamisch gleitende und anschwellende Übergänge, die auf das nächste Werk des Abends verweisen: Von Johann Christian Bach hörte Mozart in London erstmals sogenannte „Singende Allegri“ und das Klassische Orchester des Collegium Musicum hatte die Sensibilität und die spielerische Flexibilität, um dessen Thematik in der Sinfonia B-Dur gebührend in dieser Kantabilität zu charakterisieren. Das Konzertprogramm war so überlegt aufgebaut, das sich ständig weitere Verbindungslinien ergaben. Von der Begegnung mit dem Bach-Sohn inspiriert, zeigte sich Mozart auch in seinem Klavierkonzert, das solche melodischen Finessen in Hülle und Fülle hat und der exzellenten Pianistin Sonia Achkar reichlich Gelegenheit für fein ziselierte, gleichsam zelebrierte und melodisch geformte Passagen gab. Die Pianistin ist in Kusel aufgewachsen, hat dort die Musikschule besucht und anschließend die Studienvorbereitung der Kaiserslauterer Emmerich-Smola-Musikschule genutzt. Danach studierte sie an der Mannheimer Hochschule sowie an der Jacobs School of Music in Bloomington, USA. Für ihre derzeitige Lehrtätigkeit in Leipzig und Stuttgart wurde sie methodisch im Wesentlichen von „Klavier-Papst“ Karl-Heinz-Kämmerling beeinflusst, der außerdem viele Konzertpianisten ausgebildet hat. Dessen hohe pianistische Schule spürte man bei den sehr feinsinnig gestalteten solistischen Episoden, die in spielerischer Eleganz und Brillanz bei feinster Nuancierung gelangen und auf plakative Effekte verzichteten. Sonia Achkar ist eine Interpretin im Dienste der kompositorischen Aussage mit nobler Klangkultur und ohne jedwede Effekthascherei.

x