Kaiserslautern Des grübelnden Geistes Notdurft

Arbeitet sich seit mehr als einem Jahrzehnt an der Bundeskanzlerin ab: Reiner Kröhnert lieferte in der Kammgarn großes Parodiste
Arbeitet sich seit mehr als einem Jahrzehnt an der Bundeskanzlerin ab: Reiner Kröhnert lieferte in der Kammgarn großes Parodisten-Kino.

Detlev Schönauer und Reiner Kröhnert beim kabarettistischen Aschermittwoch im gut besuchten Cotton Club: Das war politisches Kabarett vom Feinsten. Einerseits der Experte für intelligenten Humor à la Jacques Bistro und andererseits großes Parodistenkino des vielfach preisgekrönten Reiner Kröhnert. Mitwirkende: Angela Merkel, Donald Trump und viele andere. Eine geistreiche Alternative zu den bierseligen Veranstaltungen dieses Tages.

Zwei völlig unterschiedliche Kabarettisten standen da auf der Bühne, die sich jedoch bestens ergänzten: Schönauer, der saarländische Dampfplauderer, hintersinnig und gewitzt, der sich nicht an politischer Correctness stört. Und Reiner Kröhnert mit seinem geschliffenen Intellekt und seiner bildreichen Sprache. Ein genialer Parodist mit intelligentem Wortwitz. Er hat sie alle drauf – und wie. Stimmliche Veränderungen, typische Körperhaltung, Mimik, Gestik weiß er in Sekundenbruchteilen zu wechseln. Authentisch schlüpft der Meister der süffisanten Parodie in Politiker und Prominenten, und genüsslich nimmt er sie auseinander. Seit über zehn Jahren arbeitet sich der ausgebildete Schauspieler an der Kanzlerin ab. Doch ewig jung und immer aktuell. „So lange die SPD noch zuckt, ist meine Intention noch nicht vorbei“, lässt er Angela Merkel sagen und zieht dabei herrlich die Mundwinkel hoch. „Viele denken, ich sei eine heimliche Sozi. Aber das ist ja einer meiner Tricks: Die Sozis, die mir vor Begeisterung die Hälse entgegenstrecken, brauche ich nur noch auszusaugen.“ Das Lachen im Halse stecken blieb Zuhörern beim Zwiegespräch Adolf Hitlers mit Erich Honecker. „Ich hab` mich in meinem Bunker erschossen, um den Bolschewisten nicht in die Hände zu fallen. Nun brutzele ich in der Hölle“, lässt Kröhnert den Diktator herrischer sagen. Einen Hoffnungsschimmer habe er: „Erdogan, mein Blutsbruder im Geiste.“ „Ich habe auch einen Hoffnungsschimmer“, sagt Honecker mit Fistelstimme, „Kim Jong Un“ (Staatschef Koreas). In der philosophisch angehauchten „Talkshow“ karikiert Kröhnert auf köstlichste Weise Sportstars wie Boris Becker oder Franz Beckenbauer. Sokrates habe gesagt, deklamiert Becker: „Ich weiß, dass ich nichts weiß. Ich weiß mehr.“ Zum Schießen, wie Rüdiger Safranski Beckenbauers philosophische Weisheiten demaskiert: „Der gesprochene Nichtgedanke ist die Notdurft des grübelnden Geistes.“ Darauf Beckenbauer: „Da kann ich nur sagen: Den Gehirnfurz schmeckt man als erstes auf der Zunge.“ Eine schauspielerische Meisterleistung zeigt der geniale Stimmenimitator, wenn er US-Präsident Trump mit nuschelnder Stimme und Golfmütze die Weltpolitik erklären lässt oder als Alt-Kanzler Gerhard Schröder mit rauer, sonorer Bruststimme die SPD-Spitze demontiert. Über die Kanzlerkandidatur sei noch nicht das letzte Wort gesprochen, lässt er Friedrich Merz sagen, der empfiehlt: „Sparen Sie sich Ihre Gewerkschaftsbeiträge und kaufen Sie Aktien.“ In Hochform läuft auch Schönauer wieder in seinem „Wohnzimmer“ Cotton Club auf. Scharf verurteilt er die Waffenexporte an kriegsführende Länder. „Die Taliban schießen heute mit Heckler & Koch-Gewehren! Was bin ich von der Leyen dankbar, dass die Dinger nicht treffen.“ Über die USA meint Schönauer, wer die meisten Waffen exportiere, müsse auch die meisten Flüchtlinge aufnehmen. Humorvoll nimmt er die Angst der Deutschen vor der Übervölkerung unseres Landes durch die Muslime aufs Korn und meint: „O Heiliger Sarazin! Lasst doch die Mosche im Dorf!“ Zu Negern müsse man heute „Menschen mit starker Hautpigmentierung“ sagen, und der Bürgersteig müsse in Folge der geschlechtsneutralen Sprache in „Steig für Bürgerinnen und Bürger“ umbenannt werden. Stolz zeigt sich Schönauer als Saarländer, weil vier Saar-Politiker in der Regierung seien: „’s Gretel (Kramp-Karrenbauer), Außenminister Maas und Wirtschaftsminister Peter Altmaier: sinn vier.“ Politiker könnten alles. Bloß zu viel dürften sie nicht wissen. „Das geht net!“, dann bekämen sie keinen Ministerposten. Schier die Balken biegen sich, wenn Schönauer mit Narrenkappe einen Büttenredner parodiert, oder wenn er am Klavier sitzend – er spielt göttlich – seinen Freund Willi aus Mainz den Schunkelwalzer erklären lässt. Ein absolut gelungener Abend mit zwei genialen Kabarettisten.

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