Kaiserslautern Das Jahr der Konzentration

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41 neue Filme, darunter 19 Wettbewerbsbeiträge und elf weitere Newcomerfilme als „Discoveries“ laufen ab kommendem Donnerstag beim 65. Internationalen Filmfestival Mannheim-Heidelberg. Die 65. Ausgabe ist zugleich die 25., die Festivaldirektor Michael Kötz verantwortet. Auf eine große Sause aber verzichtet das Festivalteam, vielmehr sollen die Newcomerfilme im Mittelpunkt stehen.

„Wir haben wirklich schöne Filme, ich bluffe nicht“, betonte Michael Kötz gestern bei der Programmvorstellung. Viele politische Stoffe sind im Rennen um den Preis als „Grand Newcomer“, der am 19. November verliehen wird. Vor allem Frauenschicksale stehen im Zentrum. Aus der Türkei kommt „Wedding Dance“ von Regisseurin Cigdem Sezgin, die von der Liebe einer 45-Jährigen zu einem jüngeren Mann erzählt. Noch stärkere Blicke in die patriarchalische Gesellschaft wirft die Iranerin Nahid Hassanzadeh: „Another Time“ handelt von Anfeindungen gegenüber einer jungen ledigen Mutter. Der aktuellste Film aber kommt aus Kurdistan, entstanden als irakisch-deutsche Koproduktion: „The Dark Wind“ beleuchtet das Schicksal einer jesidischen Braut, die von der Terrormiliz IS entführt und missbraucht wird. Ihr Verlobter kann sie zwar retten, doch gilt die Frau im heimischen Dorf als entehrt. Ebenfalls politisch, aber humorvoller ist der Eröffnungsfilm „Lost in Armenia“. Ein gealterter französischer Schauspieler strandet hier in einem armen, kriegsgebeutelten armenischen Dorf und wird für eine Art Messias gehalten, der alle Probleme lösen kann. Hauptdarsteller Patrick Chesnais hat sich zur Eröffnungsgala am 10. November um 20 Uhr in Heidelberg ebenso angekündigt wie Regisseur Serge Avedikian, der selbst armenische Wurzeln hat. Im 65. Jahr wolle sich das Festival ganz aufs Wesentliche beschränken, erklären Michael Kötz und Programmleiterin Daniela Kötz das geänderte Konzept. „Es ist immer schwieriger ein Filmfestival zu machen, das erfolgreich ist“, sagt Michael Kötz. Andere Festivals könnten mit Geld wuchern. Mannheim-Heidelberg setzt dagegen auf die Würdigung einzelner Regisseure und Regisseurinnen – ein Drittel der Filme stammen von Frauen –, die so das Gefühl erleben, ernst genommen zu werden, „gemeint zu sein“ und gern kommen. Das Festival versteht seine Aufgabe als kurativ. „Ich schaue auf einen Film wie auf ein Gemälde in einer Ausstellung“, verdeutlicht Michael Kötz. Die Grundstimmung eines Films müsse passen, damit er nach Mannheim-Heidelberg passe. Ein Festivalfilm müsse auch integer und moralisch sein, erklärt der 65-Jährige die Auswahlkriterien. So ergab sich die Konzentration auf 29 Premieren, darunter eine Uraufführung im Wettbewerb – der US-Film „Calico Skies“ – und eine in der Reihe „International Independent Cinema“: der 30-Minuten-Film „Alles in Butter“ der Heidelbergerin Rike Holtz. Sonderveranstaltungen gibt es außer der Eröffnungs- und Abschlussgala dieses Jahr nicht, auch keine Ehrung eines berühmten Regisseurs als „Master of Cinema“. Ein renommierter Kandidat sei aber bereits für 2017 gefunden worden. Im Vorjahr war das Festival erstmals analog zum Ludwigshafener Sommerfestival 16 Tage lang, fand im Oktober statt und hatte einen neuen Serienschwerpunkt, der jetzt ebenso gestrichen ist wie das kleine türkische Festival, das zuletzt integriert worden war. „Die Verlängerung hat nicht mehr Zuschauer gebracht. Die Rechnung ging nicht auf, wir haben ein Minus gemacht“, erläutert Michael Kötz, warum man wieder auf die Standardlänge von elf Tagen und den beim Publikum beliebteren Monat November zurückging. Als „Weltreise in die Befindlichkeiten junger Leute“, beschreibt der Festivalchef die Newcomerfilme. Es sei ein Jahrgang, in dem jedoch auch alte Themen wieder frisch aufgegriffen würden, etwa der Umgang mit indigener Bevölkerung: Filme aus den USA, Kanada und Mexiko widmen sich Ureinwohnern. Die Jury, zuletzt meist mit nur drei Experten besetzt, ist dieses Jahr fünfköpfig. Regie-Altmeister Peter Lilienthal („David“), widmet sich mit mittlerweile 86 Jahren zum dritten Mal der Aufgabe. Hinzu kommen die Schauspielerinnen Luise Heyer (Deutschland) und Labina Mitevska (Mazedonien), der kubanische Filmeinkäufer Alfredo Calvino und der Belgier Eric Franssen von der wallonischen Filmkommission. Info —Programminfos unter www.iffmh.de |ütz

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