Klimawandel vor der Haustür Bluthungrige Zecken sind mittlerweile das ganze Jahr über unterwegs

Zecke der neuen Art Hyalomma Marginatum. wurde im Jahr 2018 in Rodalben auf einem Pferd entdeckt.
Zecke der neuen Art Hyalomma Marginatum. wurde im Jahr 2018 in Rodalben auf einem Pferd entdeckt.

Klimawandel vor der Haustür: Zecken sind in der Regel faul und echte Überlebenskünstler. Aber sind sie auch Profiteure des Klimawandels? Die Antwort lautet eindeutig „Jein“. Sicher ist dagegen, dass in Rheinland-Pfalz einige exotische Zeckenarten nachgewiesen wurden.

Zecken braucht kein Mensch! Diese Meinung teilen sicher die allermeisten Zweibeiner. Das ist diesen zu den Spinnen zählenden Biestern, die weltweit vorkommen, aber ziemlich egal. Haben sie Hunger auf Blut, dann wird zugestochen, egal ob bei einem Tier oder bei einem Menschen, bevorzugt an einer weichen Hautstelle mit ordentlich Blutgefäßen darunter. Erst ritzen sie die Haut an, der Stechrüssel bohrt ein Loch ins Gewebe, das läuft voller Blut und die Zecke saugt es genüsslich ab. Tut nicht wirklich weh und wäre nicht schlimm, wären da nicht die übertragbaren Krankheitskeime, die Zecken in sich tragen können.

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Weltweit gibt es über 900 Zeckenarten. Der Gemeine Holzbock, ein eher lauffauler Vertreter, wartet, bis Tier oder Mensch zu ihm kommen. Er war über viele Jahre die einzige in Deutschland vorkommende Zecke. Längst gibt es weitere Zeckenarten, darunter auch einige Laufzecken, also Zecken, die gezielt die Beute anmarschieren. Neue Krankheiten schleppen sie obendrein mit sich und können diese beim Stich auch übertragen.

Auch der Gemeine Holzbock vermehrt sich

Dass sich obendrein auch der Gemeine Holzbock enorm vermehrt hat, macht die Sache mit den Zecken nicht besser. Als wesentliche Ursache für das Mehr an Arten, an Zecken insgesamt und an mehr übertragenen Krankheiten – insbesondere Borreliose und Frühsommer-Meningoenzephalitis (FSME) – wird immer wieder der Klimawandel bemüht.

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Ein intensives Zeckenmonitoring, also exakte Fakten, die den Zusammenhang belegen könnten, gibt es in Rheinland-Pfalz nicht. Die Zecke lässt sich in ihrem Umfeld ohnehin nur schwer überwachen. „Die Datenlage ist ausreichend“, sagt dazu Astrid Kleber vom Rheinland-Pfalz-Kompetenzzentrum für Klimawandelfolgen bei der Forschungsanstalt für Waldökologie und Forstwirtschaft in Trippstadt und verweist auf den am Robert-Koch-Institut angesiedelten Zeckenatlas. Dort werden zwar nur gemeldete Zecken erfasst, und nicht jeder meldet den Fund einer vielleicht neuen Art, weil sie als solche gar nicht zu erkennen ist. Aber die Zunahme an den bluthungrigen Spinnentieren, die sei nicht von der Hand zu weisen.

Auch nicht, dass in Rheinland-Pfalz neben dem Holzbock vor allem im Süden entlang des Rheins mit den Auwaldzecken und den Schafzecken weitere Zeckenarten leben. Die Reliktzecke kommt Nähe Worms in Hessen vor und die Braune Hundezecke, die tatsächlich nur Hunde sticht, taucht im angrenzenden Baden-Württemberg von Mannheim bis Weinheim auf.

Verstreut in ganz Rheinland-Pfalz wird zudem immer öfter die aus Teilen Asiens und Afrikas stammende Hyalomma Zecke gesichtet, die an Vögeln parasitiert. Sie kann das Krim-Kongo-Virus sowie andere Bakterien und Viren in sich tragen und übertragen.

„Hyalomma kommt schon lange mit Zugvögeln auch zu uns, das ist nicht neu. Neu ist, dass sie in größerer Zahl angetroffen wird“, sagt Kleber. Das stütze die Vermutung, dass die Zecke bei uns mittlerweile passable Bedingungen vorfindet.

Das Robert-Koch-Institut beschreibt Hyalomma rufipes als eine Art, die ab Temperaturen von 15 Grad Eier legt. Je nach Menge des gesogenen Blutes lege die Zecke bis zu 15.000 Eier. Damit lässt sich neuer Lebensraum ganz gut erobern. Ob sie das bei uns schafft, ist allerdings noch unsicher. Fressfeinde hat diese im Vergleich zum Holzbock fast doppelt so große Zecke bislang nicht.

Wohlfühltemperatur von 20 bis 30 Grad

Zurück zu der uns bislang vertrauten, aber nicht geliebten Zecke, dem Gemeinen Holzbock. Diese Art hat seine Wohlfühltemperatur zwischen 20 und 30 Grad und mag eine hohe Luftfeuchtigkeit. In heißen, trockenen Sommern bleibt die Aktivität aus, da geht einfach nichts mehr. Hinzu komme: Einige Gegenspieler wie Ameisen, Spinnen oder Wespen profitieren vom Klimawandel. „Es gibt Hinweise, dass diese Zecke tatsächlich in den Sommermonaten gehemmt wird“, sagt dazu Astrid Kleber. Die promovierte Biologin lässt den Satz aber nicht alleine stehen, sondern ergänzt: „Die Zecke verlagert die Aktivität in den Winter.“

Fazit: Durch die milderen Winter haben wir mittlerweile eine ganzjährige Zeckenaktivität und die neuen Zeckenarten bringen neue Krankheiten mit sich. „Die sind noch nicht alle umfangreich erforscht, wenig bekannt und werden gegebenenfalls übersehen, nicht oder sogar falsch behandelt“, stellt dazu Astrid Kleber vom Klimakompetenzzentrum fest.

Sie warnt vor von Zecken übertragenen Krankheiten. Das Thema sollte ernst genommen werden, die Menschen aber nicht davon abhalten, in die Natur zu gehen. Sensibel sein, sich nach Zecken absuchen und diese so schnell wie möglich wieder loswerden, das sei wesentlich.

Zecken verlagern mittlerweile ihre Aktivitäten in den Winter, sagt Astrid Kleber von der Forschungsanstalt für Waldökologie und
Zecken verlagern mittlerweile ihre Aktivitäten in den Winter, sagt Astrid Kleber von der Forschungsanstalt für Waldökologie und Forstwirtschaft in Trippstadt.
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