Kaiserslautern Aufatmen in der CDU

Eigentlich sollte alles ganz anders laufen. Im November vergangenen Jahres wählte der CDU-Kreisverband Kaiserslautern Dirk Hüttenberger zum neuen Kreisvorsitzenden. Mit ihm verband man in der CDU die Rückkehr zur Geschlossenheit und die Rückkehr in die Erfolgsspur. Das Verhältnis zwischen Partei und Fraktion war zerrüttet. Die Diskussion um die Shopping-Mall hatte tiefe Spuren hinterlassen. Hüttenberger wurde in der Folge Spitzenkandidat der Partei für die Stadtratswahl. Und von da war der Weg zum Herausforderer von Oberbürgermeister Klaus Weichel (SPD) nicht mehr weit... Es kam freilich alles anders, als in der Partei und in der Öffentlichkeit erwartet. Dirk Hüttenberger, das Werbe-Gesicht der Bundes-CDU 2013, warf Anfang des Jahres das Handtuch. Er stellte Kreisvorsitz und Spitzenkandidatur zur Verfügung. Für seinen Rückzug aus der Politik machte er gesundheitliche und berufliche Gründe geltend. Hüttenberger war damit als möglicher CDU-Kandidat für die OB-Wahl ausgeschieden. Die Lücke als Spitzenkandidat der Partei für die Kommunalwahl füllte Walfried Weber schnell und gut aus. Als Kandidat für die OB-Wahl konnte Weber freilich nicht einspringen. Sein fortgeschrittenes Alter ließ eine Kandidatur gesetzlich nicht zu. Thomas Zinßmeister, der frühere Gartenschau-Geschäftsführer und heutige Sicherheitsingenieur bei der Stadtverwaltung, bot sich für die Kandidatur an. Er hatte auf sich bereits in der Mitgliederversammlung der CDU im November 2013 mit einer flammenden Aufbruch-Rede aufmerksam gemacht. Zinßmeister wurde indes in der Partei nicht als der Heilsbringer angesehen. An seiner Fähigkeit, Kandidat der Partei zu werden, wurde immer wieder auch gezweifelt. Immer wieder wurde auch an sein Scheitern als Gartenschau-Geschäftsführer erinnert. Der politische Gegner, die SPD, machte keinen Hehl daraus, das Thema im OB-Wahlkampf für sich auszuschlachten, sollte Zinßmeister von der CDU als OB-Kandidat gekürt werden. Eine andere Frage kam in der Partei auf. Soll die CDU überhaupt einen Kandidaten für die OB-Wahl stellen? Welche Chancen hat er gegen Amtsinhaber Weichel? Ist das nicht ein erfolgloses Anrennen auf die Bastion Rathaus? Hat die Partei überhaupt das Geld für einen OB-Wahlkampf? Und: Läge nicht ein größerer Gewinn für die Partei darin, sich mit der SPD über eine Verteilung der Positionen im Stadtvorstand zu einigen? Kontrovers wurde im CDU-Kreisvorstand darüber unter der Noch-Führung des stellvertretenden CDU-Kreisvorsitzenden Michael Littig debattiert. Der neue CDU-Kreisvorsitzende Harry Wunschel beendete die Diskussion darüber, indem er in seiner Präsentation als Kandidat für den Kreisvorsitz klar die Botschaft verkündete, die CDU werde einen Kandidaten zur OB-Wahl stellen. Er ließ den Willen zur Kandidatur der Partei in der Folge mit einem Vorstandsbeschluss untermauern. Gibt es noch andere Kandidaten als Thomas Zinßmeister? Eine Frage, die die Partei immer wieder umtrieb. Weitere Namen wurden gehandelt, Gespräche geführt, Namen wieder verworfen. Zinßmeister-Kritiker, darunter der einflussreiche CDU-Fraktionsvorsitzende Walfried Weber, gingen auf Nico Welsch zu. In dem Kreisvorsitzenden der Mittelstandsvereinigung und frischgebackenen Stadtratsmitglied sahen sie einen geeigneten Bewerber, der das unter Hüttenberger begonnene sogenannte Zukunftsprojekt in der CDU fortsetzen könnte. Das Werben um ihn hatte Erfolg. Ende Juli erklärte Welsch die endgültige Bereitschaft zur Bewerbung um die CDU-Kandidatur. Die Entscheidung um die CDU-Kandidatur wurde zu einem Zweikampf zwischen Zinßmeister und Welsch. Für die CDU auch keine angenehme Situation, drohte das Rennen wieder zu einer Belastung und einem Riss in der Partei zu führen. Einen Weg aus der Zwickmühle sahen einige in der Partei in einer Kandidatur des CDU-Bundestagsabgeordneten Xaver Jung. Für den Abgeordneten sprachen auch seine guten Ergebnisse bei den letzten Bundestagswahlen in Kaiserslautern. Jung sagte der Partei aber Mitte August ab, auch im Wissen, dass eine solche Kandidatur schwer den Wählern im Wahlkreis vermittelbar sein würde. Also blieb letzten Endes nur die Wahl zwischen Zinßmeister, der sich in den Monaten vorher schon als OB-Kandidat der CDU gefühlt und auch präsentiert hat, bis in die Haarspitzen motiviert, und Welsch, der sogar die Sympathie der SPD in Kaiserslautern auf sich zog. Was würde entscheiden? Die Popularität des 57-jährigen Zinßmeister aus guten Gartenschau-Zeiten? Oder das junge, unverbrauchte Gesicht des 36-jährigen Welsch, der seit seiner beruflichen Rückkehr nach Kaiserslautern, wo er als Syndikus in der Firma des früheren stellvertretenden CDU-Kreisvorsitzenden Littig arbeitet, immer wieder als mögliches Stadtvorstandsmitglied und OB-Kandidat 2023 gehandelt wurde? Der Versuch der Welsch-Befürworter, im Vorfeld Zinßmeister zum Rückzug zu bewegen, um die Partei vor einem Konflikt zu bewahren, schlug fehl. Wo fällt die Entscheidung über die CDU-Kandidatur? Im Kreisvorstand? Gibt er überhaupt eine Empfehlung zugunsten eines der beiden Kandidaten ab? Oder fällt die Entscheidung erst in der Mitgliederversammlung am 11. September, wenn beide Kandidaten sich präsentieren und ihre Lager im Saal versammeln? Es waren die Fragen, die Tag für Tag aufs Neue bewegten. Klarheit brachte die mit Spannung erwartete erweiterte Kreisvorstandssitzung am 2. September. Sie empfahl Welsch der Mitgliederversammlung als OB-Kandidaten. 19 Stimmen Welsch, zehn Stimmen Zinßmeister. Die Lage entspannt hatte zuvor die Absichtserklärung der beiden Kandidaten, im Fall der Abstimmungsniederlage im Vorstand nicht mehr in der Mitgliederversammlung anzutreten. Es war die Grundlage und die Garantie dafür, dass sich die Mitgliederversammlung geschlossen hinter einen Kandidaten stellen kann. Was bleibt: Aufatmen in der CDU, dass jetzt der Kandidat gefunden wurde, ein enttäuschter Zinßmeister, ein ambitionierter Welsch, der Start des Wahlkampfs mit der Mitgliederversammlung.

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