Kaiserslautern Auf der Suche nach den Quellen des Lachens

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Es war Groucho Marx, der die Frage nach dem Quell des Lachens, der Wirkungsweise der Komik und der Philosophie des Witzes mit dem Hinweis beschied, „das Herumspekulieren“ möge „den Schriftgelehrten und Weisen“ überlassen bleiben. Es scheint also eines tiefschürfenden und wachen Geistes zu bedürfen, um die Frage zu klären, wer oder was uns auf welche Weise zum Lachen bringt. Jene Spaßmacher, die jetzt ihre Lebensgeschichte vorlegen, reflektieren erst gar nicht darüber.

Stattdessen bedienen sie Klischees, zu denen erfreulicherweise auch die Erwartungshaltung gehört, ein „weiser“ Komiker werde sich dem Thema geist- und gedankenvoller nähern als ein Holzhammer-Klamottier. Allein tut sich zwischen philosophischer Heiterkeit und possenhaftem Schenkelklopfen ein weites Feld auf, auf dem die sentimental-besinnlichen Späße der „traurigen Clowns“ ebenso gedeihen wie Slapstick und Pantomime, Derbheiten und Zoten, kabaretthafte Satire und zweideutige Schlüpfrigkeiten. Ein besonders populärer Vertreter der drastischen Späße-Spielart ist Mike Krüger, einst Hitparaden-Stürmer mit den Liedchen „Mein Gott, Walther“ und „Der Nippel“, später im Verein mit Thomas Gottschalk in diversen „Supernasen“-Filmen auch veritabler Kino-Star. Auf Schallplatte und Leinwand brachte er den klassischen „Dummen August“ zum Sprechen, etablierte irgendwo zwischen Begriffsstutzig- und Schlagfertigkeit eine schlichte Verbalkomik, die als „Blödelei“ firmiert. Getreu dem Klischee, dass allein der Kampf ums Überleben den Komiker zur Komik zwingt, berichten Krüger und sein Ko-Autor von einer traurigen Kindheit einschließlich verfrühter Geburt, Tod der Mutter und permanent abwesendem Vater, Internat à la Musil, beruflichem Umweg über Betonbauerlehre und kurzes Architekturstudium. Da grüßen von fern Charlie Chaplin, der in der „Geschichte meines Lebens“ seine zerrüttete Kindheit in kümmerlicher Armut nacherzählt, und Hape Kerkeling mit seinem Bericht über den Freitod der Mutter in „Der Junge muss an die frische Luft“. Krüger jedoch scheint am authentischsten, wenn er auf die innige Beziehung zu seiner Frau zu sprechen kommt, die in 45 Ehejahren auch stets seine Managerin war und den gemeinsamen Wohlstand wahrte und mehrte. Der Komiker nicht als Beglücker der Menschheit in traurigen Zeiten, sondern als zielorientierter Baumeister des eigenen Glücks. Weitaus vergnüglicher, weil reflektierter und distanzierter, ist da die Autobiografie des berufsmäßigen Sarkasten, Spötters, Satirikers, Spaßvogels, Skribenten und verhinderten Pianisten Herbert Feuerstein. Mit Selbstironie und Lust an der Selbstdemontage stellt der feinsinnige Sado/Maso-Scholastiker wieder einmal seine brillante Formulierungskunst unter Beweis, die fernab jeder Eitelkeit die eigenen Schwächen ebenso offenbart, wie sie die Fehlleistungen und -tritte Dritter zwar benennt, aber nie denunziert. Diese Diskretion reklamiert Feuerstein, der nach 20 Jahren als Leiter der deutschen „Mad“-Ausgabe zum konkurrenzlosen Fernseh-Unikum und -Unikat wurde, ganz selbstverständlich auch für sich selbst: „Es war eine gute Ehe, (…) doch fällt in diese Zeit die schmerzlichste Erfahrung meines Lebens, über die ich weder berichten kann noch will.“ Jedem anderen, der A, aber nicht B sagt, würde ein Leser dies verübeln. Nicht so im Fall Feuersteins, weil auch seine Galligkeit Raum lässt für Respekt und (Hoch-) Achtung. Dasselbe gilt für John Cleese, den einstigen „Monty-Python“-Helden, dessen voluminöses Erinnerungsbuch bemerkenswerterweise mit der 1969 erfolgten Formierung des Anarcho-Sextetts endet. Bis dahin referiert und reflektiert der Cambridge-Absolvent, Doktor der Rechtswissenschaften und Namensgeber der Lemurenaffenart „Avahi cleesei“, der 2008 zu einer spektakulären Scheidungsabfindung von 13,5 Millionen Euro verurteilt wurde, seinen Lebensweg auf höchst vergnügliche Weise. Seine Mischung aus Entwicklungsroman und psychotherapeutischer Selbstanalyse ist Nabel- und Innenschau eines spleenigen Satire-Satyrs, die sich so liest, wie Cleese die Wiedervereinigung von „Monty Python“ beschreibt: eine „fröhliche und berührende Melange aus Lachen, Herzlichkeit, Wohlwollen und Beklopptsein“. Was will der lesende Komik-Konsument mehr? Lesezeichen —Mike Krüger (mit Till Hoheneder): „Mein Gott, Walter. Das Leben ist oft Plan B“; Piper; 288 Seiten; 19,99 Euro. —Herbert Feuerstein: „Die neun Leben des Herrn F. – Autobiografie“; Ullstein; 382 Seiten; 19,99 Euro. —John Cleese: „Wo war ich noch mal? Autobiografie“; aus dem Englischen von Yvonne Badal; Blessing; 480 Seiten; 22,99 Euro.

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