Kaiserslautern Alles-egal-Attitüde

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Die Neue Deutsche Härte hielt am Samstag Einzug in die Kammgarn: Die Band Maerzfeld feierte ihr Tour-Finale im Cotton Club – zwar ohne die gewohnte Pyro-Show, dafür aber mit einer geballten Setliste aus den Alben „Tief“ und „Fremdkörper“ sowie einigen taufrischen Werken aus der kommenden „Nackt“-Platte.

Mit auf Tour war die tüchtige Rock-Kombo HauNow, die einige Perlen aus ihrer brandaktuellen EP „No Time for Doubts“ auf die Bretter knallte. Mit einem mehr als anständigen Sound und viel Energie lieferte Frontmann Freddy Hau – drei Jahre lang Gitarrist für das „We Will Rock You“-Musical und seit 2011 auch als solcher bei der Pop-Rock-Formation Luxuslärm tätig – gut ab. Stimmlich ebenso meisterhaft wie instrumental, schien er tief in den Rock-Archiven der 1970er Jahre zu kramen. Nach einer dreiviertel Stunde voll großartiger Nummern ließen es sich die Herren von Maerzfeld nicht nehmen, vor ihrer Zeit leger mit Kippe im Mund auf die Bühne zu schlendern, den Kollegen für die Unterstützung zu danken und noch ein schnelles Gruppenfoto zum Abschied knipsen zu lassen. Gegen 21 Uhr ertönte dann das epische Intro für die Maerzfeld-Show, und die grantigen Gestalten der Neuen-Deutschen-Härte-Fraktion bewegten sich ein zweites Mal Richtung Bühne. Dass Sänger Helfried „Heli“ Reißenweber nicht nur optisch eine starke Ähnlichkeit zu einem anderen Genre-Vertreter aufweist, ist für gestandene Maerzfeld-Kenner keine Überraschung. Denn 2005 wurde parallel zur 2004 entstandenen Maerzfeld-Formation die Rammstein-Coverband Stahlzeit aus der Taufe gehoben, mit nahezu identischer Besetzung. Zwischenzeitlich nahm das Parallelprojekt so viel Zeit in Anspruch, dass die Maerzfeld-Kombo völlig auf der Strecke blieb. 2009 dann die Neugründung und damit die schrittweise Entfernung vom Rammstein-Klang hin zu einem eigenständigen Sound. Die durchtriebene Härte mit all ihren schräg-schaurigen Facetten immer noch als roter Faden der Maerzfeld-Maschinerie, geht es jedoch mit den eigenen Werken deutlich selbstbewusster ins Melodische. Der Opener „Vaterland“, weiter „Tief“ und „Heilige Krieger“ sind nur einige Beispiele dafür, dass sich Sänger „Heli“ und seine Kollegen musikalisch mit Fug und Recht von den Rammstein-Covern abgenabelt haben und eine eigene Linie fahren. Letzteres wurde von „Heli“ mit einer deutlichen Ansage an die Attentäter von Paris eröffnet, was dem Song die politische Würze gab. Die Titel sind in ihrer Machart ausgegoren, provozierend, haben einen tieferen Sinn hinter der oft verspielt-anzüglichen Fassade und können sich in ihrer Wucht problemlos mit den Rammstein-Werken messen, ohne nach einem billigen Abklatsch zu klingen. Doch so ganz lassen sich die Einflüsse von Rammstein auch bei den selbstgefertigten Kompositionen nicht von der Hand weisen. Reißenweber schürft mit seinem Stimmorgan in gleicher Wucht durch die tiefen Tonlagen wie Till Lindemann und erzeugt genauso viel Gänsehaut. Die akribische Gitarrenschrammelei von Matthias Sitzmann in Kombination mit den Tief-Dröhnern vom Bassisten und „Quotentürken“ der Band, Bora Öksüz, verleihen den Maerzfeld-Songs das Rammstein-typische Beben in den Riffs. So könnten Stücke wie „Still“, „Schwarzer Mann“ und „Fleisch im Fleisch“ im Prinzip auch aus der Feder der Berliner Härte-Rocker stammen. Normalerweise gehört zu einer zünftigen Maerzfeld-Show auch eine warme Feuerpyro-Einlage, doch auf die wurde auf der Tour gänzlich verzichtet. Dafür ließen die fünf Musiker immer wieder die Glimmstängel auf der Bühne aufglühen und traten sie auf der Bühne ungeniert wieder aus. Der recht überschaubaren Menge im Cotton Club hat diese Alles-egal-Attitüde der Jungs bestens gefallen und machte hörbar Lust auf den „Nackt“-Silberling – was hoffentlich kein Hinweis auf die Outfits der Band für die nächste Tour sein soll.

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