Kaiserslautern Abschied auf Zeit

Gerade geht die zehnte Spielzeit seines Festengagements über die Bühne. Doch es kommt einem so vor, als ob die Bassstimme des Alexis Wagner schon so viel länger im Pfalztheater oder bei Kirchenkonzerten zu hören war. Ein bisschen mag das mit seiner siebenjährigen Chorleitung an der Universität zutun haben, die er gerade vorübergehend, nach einem „Abschiedskonzert“ (wir berichteten), niederlegte. Der gebürtige Detmolder verrät, was dahintersteckt.

Die Liste seiner Rollen in der Pfalztheaterchronik ist lang: Plumkett in Flotows Oper „Martha“, Don Geronio in Rossinis „Der Türke in Italien“, Titelpartie von Mendelssohns „Der Onkel aus Boston“, Orest in „Elektra“, Gralsritter in „Parsifal“, Andreas Gradherz in „Verkündigung“ und ganz aktuell in Strauss’ „Friedenstag“, Offenbachs „Pariser Leben“ und Verdis „Rigoletto“. Opern, Operetten, Musicals, zwischendurch Messen und Kantatenkonzerte – das ist jene Musikwelt, die Gesangspartien für Wagners Bassstimme parat hält. „Ich habe ein Faible für unterhaltsame E-Musik. Sie bedeutet stimmlich stimmiges Bewegen und Spielen“, meint der Sänger dazu. Dafür hat er in Freiburg, Karlsruhe und Saarbrücken studiert, dafür schloss er mit Diplom und Konzertexamen ab, dafür tourte er anfangs von Passau, nach Kiel, Regensburg, Krefeld, Nantes in Frankreich und an die Mailänder Scala. Doch gerade in letzter Zeit erlebt der Vater dreier Kinder konzentriert, zu welchen „tollen Rollen“ ihn sein Können und Wissen führt. Denn, so sagt er von sich selbst, er lässt sich „gern besetzen“. Das heißt: In seinem Kopf spuken eher keine Traumrollen herum. Er gehört zu jenen, die gespannt sind auf das, was kommt, die sich mit Neugier auf Angebote beziehungsweise Aufträge für vorbestimmte Figuren einlassen. „Nur so entdecke ich Neues, oftmals mehr als ich zu vermuten wagte.“ Fast konträr nimmt Alexis Wagner seine Chorleitertätigkeit wahr. Mit dem Begriff „eine musikalische Spielwiese“ bringt er sie auf den Punkt. Damit drückt er den Spaß daran aus, die Musikrichtung des Modernen Uni-Chores Haste Töne, die Arbeit mit Laien, mit Studenten und der ihnen eigenen Fluktuation. Diese sei, so Wagner, eine echte Herausforderung: „Wir können uns einfach kein festes Repertoire ersingen, um bei Bedarf darauf zurückzugreifen.“ Am 18. Dezember 2007 dirigierte Wagner sein erstes Chorkonzert auf der Bühne im Gebäude 47 der Technischen Universität. Was diese Zeit bisher brachte, ja auszeichnete, sieht der Chorleiter in der Bereitschaft der jungen Menschen, sich „fördern und fordern zu lassen, mehr noch, sich regelrecht einzubringen, Musik und Texte zu erarbeiten“. Jeder kann mitmachen. Probesingen gibt es nicht. Jeder kann mitreden. Kanzelreden gibt es nicht. Jeder kann mitentscheiden. Einsame Beschlüsse gibt es nicht. Und nun das Abschiedskonzert – so hieß es Ende Januar beim Semesterabschlusskonzert im Audimax. Wenngleich – und das macht den Fakt weniger traurig – mit „Rückfahrkarte“. Damals, vor sieben Jahren, als er zusagte, gab es beruflich wenig zu tun. Das hat sich drastisch geändert. Allzu oft kollidieren nun Probentermine: „Und das kann und will ich dem Chor nicht antun.“ So kam es, dass Wagner voraussichtlich ein Jahr pausiert. Die Studenten fehlen ihm jetzt schon. Wobei ihm der Lehrbetrieb an sich nicht ganz abgeht: Die renommierte Musikhochschule seiner Heimatstadt hat ihn in die Position einer „Lehrkraft für besondere Aufgaben in Gesang“ berufen. „Da bin ich meinem Pfalztheater sehr dankbar, dass den Künstlern am Haus derlei Anliegen möglich sind.“ Bleibt noch zu fragen, wer ihn vertritt bis Herbst 2016. Es ist Antonietta Jana, als Sängerin hier ebenso heimisch wie bekannt.

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