Kaiserslautern Keine Angst vor dem Maschinengewehr

Straßenszene aus Beirut; die Hauptstadt des Libanon liegt am östlichen Mittelmeer und wurde vor dem libanesischen Bürgerkrieg of
Straßenszene aus Beirut; die Hauptstadt des Libanon liegt am östlichen Mittelmeer und wurde vor dem libanesischen Bürgerkrieg oft als »Paris des Nahen Ostens« bezeichnet.

Eigentlich bringt Jörg Heieck jungen Menschen die Physik näher in seinem Brotberuf als Gymnasiallehrer am Rittersberg. Doch derzeit nutzt der promovierte Physiker die Möglichkeit eines „Sabbatjahres“, einer Auszeit vom Lehrerpult. Aber nicht zum Zeitvertreib, sondern um seiner zweiten Profession, der Fotografie, zu folgen, bereist der 54-jährige Otterbacher die Welt. In schöner Regelmäßigkeit zeigen Buchprojekte und Ausstellungen seine Sicht auf Kontinente und Länder, auf Städte, Menschen und Natur. Und das ist auch diesmal so. Der Orient war im Januar und Februar Ziel des umtriebigen Fotografen. Ägypten, der Libanon und Oman standen auf der Agenda. Thematisch hat sich Heieck Straßenzüge und -kreuzungen vorgenommen, die durch verschiedene Schriften respektive Beschriftungen geprägt sind. Das gebe ihnen ein unverwechselbares Gepräge, meint er. „Außerdem wimmeln die Kreuzungen vor Leuten, das ist wie ein riesiges Schlachtengemälde, wo immer etwas passiert“, schmunzelt der hochgewachsene Pfälzer. Seit 15 Jahren verfolgt Heieck nun schon dieses Projekt. Nicht ganz einfach sei diesmal die Situation gewesen: Die Arbeit als Fotograf sei zunehmend mit Restriktionen und Misstrauen verbunden. In Beirut beispielsweise habe er ein Hotel an einer Kreuzung im Visier gehabt und sei prompt von einem Geheimdienstmann angesprochen worden. „Auf einmal standen dann drei Männer mit Maschinenpistolen um mich rum, der Chef wurde gerufen, und erst nach einer halben Stunde Palaver war die Sache geklärt“, berichtet Heieck von der brenzligen Situation. Und natürlich habe er das Bild löschen müssen. Erst später habe er erfahren, dass eine Tagung der Arabischen Liga in eben jenem Hotel geplant gewesen sei. Zu sehen sein sollen Heiecks neue Bilder aus dem Orient in einer Ausstellung im September im Kunsthaus Hochstadt (bei Landau) und im Neustadter Kunstverein dann im November dieses Jahres. Daneben plant Heieck die Veröffentlichung in einem neuen Fotoband. Im renommierten Esslinger Verlag Cantz soll er herauskommen, so der Fotograf, der etliche Bildbände, darunter über die Toskana und die Pfalz, bei der Edition Panorama publiziert hat. Das neue Buch soll dabei aus zwei Teilen bestehen, von denen eben der eine Heiecks Stadtansichten sind. Die zweite Hälfte will er mit Cyanotypien bestücken, jener Uralt-Fototechnik mit Lochkamera und den typisch cyanblauen Farbtönen. Die Unesco hat Ende vergangenen Jahres übrigens dieses „Blaudruck“ genannte Fotoverfahren zum immateriellen Kulturerbe der Menschheit erklärt. Unterschiedlicher könnten die beiden Teile des Buches kaum sein, räumt Heieck ein. Jedoch spiegelten sie die beiden Pole seiner Persönlichkeit wider: „Bei den reduzierten Landschaftsbildern in der alten Technik arbeite ich ja analog, da kommt der Physiker voll durch“, bekennt Heieck, „im anderen Teil geht es eher um das Rangehen an eine Welt, die brummt und die so ihre Schwierigkeiten hat, das ist dann meine Nicht-Physikerseite.“ Dementsprechend will er die Publikation auch weniger als Fotoband sehen, denn als Künstlerbuch. Dass Jörg Heieck als Künstler gefragt ist, zeigt neben seinen Veröffentlichungen auch das Vorhaben, zu dem er kurz nach dem RHEINPFALZ-Interview aufbricht: Über Österreich führt ihn sein Weg in die Rockenhausener Partnerstadt Krk auf der gleichnamigen kroatischen Insel. Ende dieser Woche soll in dem Museum der Inselhauptstadt, das ansonsten auch bekannt ist für seine maritimen Schätze, eine Ausstellung mit Pfälzer Landschafsbildern eröffnet werden. Das Projekt kam nach einer Heieck-Ausstellung im Museum Pachen zustande. Nicht genug damit, bleibt der Lauterer noch eine Woche als Artist in Residence auf der kroatischen Insel. Die Bilder, die er dort machen will – hauptsächlich Cyanotypien –, sollen dann im Gegenzug kommendes Jahr in Rockenhausen zu sehen sein. Der Kreis schließt sich.

Cyanotypie aus dem Tal des Todes in Kalifornien.
Cyanotypie aus dem Tal des Todes in Kalifornien.
Mit Kamera weltweit unterwegs: Jörg Heieck.
Mit Kamera weltweit unterwegs: Jörg Heieck.
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