Kaiserslautern Impulsgeber für das Herz

Kennt sich aus: Kardiologe Burghard Schumacher zeigt (von links) einen modernen Dreikammer- und Zweikammerschrittmacher, die in
Kennt sich aus: Kardiologe Burghard Schumacher zeigt (von links) einen modernen Dreikammer- und Zweikammerschrittmacher, die in der Schlüsselbeingegend eingesetzt und mit dem Herz verkabelt werden. Bei den Einkammer-Minischritmachern (rechts) sind keine Kabel mehr nötig. Er wird durch die Vene hindurch direkt im Herz implantiert.

„Wir behandeln hier täglich Patienten mit solch einem Eingriff“, sagt Burghard Schumacher, Kardiologe und Chefarzt der Inneren Medizin am Westpfalz-Klinikum Kaiserslautern. In der Regel sei das Einsetzen eines Herzschrittmachers innerhalb von 20 bis 60 Minuten zu bewältigen. Abhängig ist das von der einzusetzenden Bauart des Herzschrittmachers, die je nach Art der Rhythmusstörung ausgewählt wird. Es wird unterschieden zwischen Ein-, Zwei- und Dreikammerherzschrittmachern. Das erste implantierte Gerät hatte 1958 noch die Größe einer Schuhcremedose. Die heutigen Schrittmacher haben nur noch ein Hundertstel dieser Ausmaße. Diese Herzschrittmacher können nach Aussage des Arztes problemlos in eine Hauttasche unter das Schlüsselbein implantiert werden. Beim Einsetzen wird der Schrittmacher durch elektrische Kabel, den Elektroden, mit dem Herz verbunden. Dazu werden sie durch die Vene geschoben und im Herzen „verschraubt“. „Die meisten Operationen kann man heute ambulant durchführen“, erklärt der Kardiologe. „Der Patient kommt morgens und geht mittags nach Hause.“ Das Konzept eines Schrittmachers beschreibt Schumacher so: „Das Herz benötigt zur Kontraktion elektrische Impulse, um Blut zu pumpen. Die Impulse liefert es in der Regel selbst. Setzt der herzeigene Impulsgeber, der Sinusknoten, aus oder überträgt der AV-Knoten den Impuls nicht, dann muss diese Aufgabe von einem Herzschrittmacher übernommen werden. Dieser gewährt eine Herzleistung, die dem gesunden Herzen gleich kommt. Das gesunde Herz schlägt in etwa mit 60 Schlägen in der Minute. Bei Anstrengung und Sport geht der Puls etwa auf 120 bis 130 Schläge hoch.“ Doch wie macht sich solch eine Fehlleistung des Herzens bemerkbar? Der Kardiologe gibt ein Beispiel: „Erhält das Herz keinen herzeigenen elektrischen Impuls, dann entsteht eine Pause und die Blutzirkulation wird kurz unterbrochen.“ Dann arbeiten die „Ersatzzündkerzen“. Dabei handelt es sich um eine Art körpereigenes Notfallsystem, wenn die eigentlichen Impulsgeber fehlerhaft funktionieren. Diese hielten das Herz aber nur mit einem Minimalpulsschlag von etwa 30 bis 40 Schlägen in der Minute am Laufen, erklärt Schumacher. In einigen Fällen werden Patienten dann ohnmächtig. Manchmal sei auch einfach nur eine geringere Belastbarkeit, ein eventuell schnelles außer Atem sein, bemerkbar. Wenn solche Symptome einen Arztbesuch nötig machen, könne mittels Elektrokardiografie (EKG) ein fehlerhaftes Schlagen festgestellt werden. Solche Rhythmusstörungen können angeboren sein oder zum Beispiel durch Herzinfarkte oder Herzmuskelentzündungen verursacht werden. Beata Szpyrka trägt schon seit ihrem achten Lebensjahr einen Herzschrittmacher. Bei einer Untersuchung hatten Ärzte ihren sehr niedrigen Puls und auffallende Müdigkeit festgestellt. Sie diagnostizierten bei ihr einen sogenannten AV-Block. Ihr Atrioventrikularknoten, einer der beiden Impulsleiter des Herzens, funktioniert nicht richtig. Dieser Knoten soll den elektrischen Impuls vom Vorhof des Herzens an die Herzkammern weiterleiten, blockiert bei ihr aber den Stromreiz. Der daraus resultierende Effekt: Die Herzkammermuskulatur kann sich nicht mit dem nötigen Pulsschlag zusammenziehen. Ein zu niedriger Puls legte sie lahm. Szpyrka ist praktisch mit ihrem Herzschrittmacher aufgewachsen. „Ich spüre das kleine Gerät gar nicht. Ich lebe sehr gut damit und muss mich manchmal selbst daran erinnern, dass ich es in mir trage“, sagt sie und lächelt dabei. Sie könne ihr Leben ganz ohne Einschränkungen verbringen, berichtet sie. Genau genommen sei ihr bewusst, dass ihr uneingeschränktes Leben überhaupt erst durch den Schrittmacher möglich geworden ist. Seit zwölf Jahren wohnt die mittlerweile 36-jährige Polin in Deutschland und hat sich zur regelmäßigen Kontrolluntersuchung dem Westpfalz-Klinikum und Chefarzt Schumacher anvertraut. Zweimal jährlich muss die Funktion des Herzschrittmachers überprüft werden. „Ein unkomplizierter Vorgang“, erklären sowohl der Arzt, als auch seine Patientin. Die modernen Geräte lassen sich alle von außen mit einem auf die Haut auflegbaren elektronischen Lesegerät überprüfen. Ein Herzschrittmacher sammelt während seines Betriebs medizinisch relevante Daten, ähnlich wie bei einem fortlaufenden EKG. Diese Daten werden mit dem elektronischen Lesegerät überprüft. Auch Umprogrammierungen seien so möglich. Der Ladezustand der Batterie könne ebenfalls getestet werden. Verliert die Batterie Ladung, sei ein kleiner, erneuter, ambulanter Eingriff nötig, um das Gerät auszutauschen. Das sei nur etwa alle zwölf bis 16 Jahre nötig, erklärt Herzspezialist Schumacher. Nach Patientenwunsch können Untersuchungsdaten auch per Telemedizin drahtlos von zu Hause aus an den betreuenden Arzt übermittelt werden. Die neueste Generation der Herzschrittmacher sind kleine Einkammer-Mikroschrittmacher. Seit etwa zwei Jahren können diese durch die Vene direkt ins Herz implantiert werden. Somit muss nicht einmal eine Elektrode durch die Vene gezogen werden. Das Westpfalz-Klinikum gehörte zu den ersten Krankenhäusern, die diese Art Schrittmacher implantierte, erzählt Schumacher. Übrigens lebte Arne Larsson, der schwedische Patient, dem der erste Schrittmacher implantiert wurde ein langes Leben, berichtet der Kaiserslauterer Chefarzt. Er verstarb 2001 im Alter von 86 Jahren. Angeblich hat er sogar seine ihn erstbehandelnden Ärzte überlebt. Bis zu seinem Tod wurden ihm insgesamt 26 verschiedene Schrittmacher eingesetzt.

„Ein unkomplizierter Vorgang“: Kardiologe Burghard Schumacher, Chefarzt der Inneren Medizin am Westpfalz-Klinikum, prüft bei Bea
»Ein unkomplizierter Vorgang«: Kardiologe Burghard Schumacher, Chefarzt der Inneren Medizin am Westpfalz-Klinikum, prüft bei Beata Szpyrka die Funktion ihres Herzschrittmachers. Eine solche Kontrolle ist zweimal jährlich notwendig. Dabei werden die medizinisch relevanten Daten ausgelesen und analysiert.
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