Grünstadt Talente mit Fantasie gesucht

Was denken junge deutsche Autoren über den Nibelungenstoff? Wie sieht eine kritische und gegenwärtige Auseinandersetzung mit der Sage aus? Diese Fragen sollen ab 2015 regelmäßig im Kulturprogramm der Wormser Nibelungen-Festspiele ausgelotet werden.

Wenn Nico Hofmann und Thomas Schadt im kommenden Jahr die Intendanz des national bekannten Open-Air-Theaterfestivals übernehmen, soll der deutsche Dramatikernachwuchs mehr zu Wort kommen. Dafür startet jetzt erstmalig ein Nachwuchswettbewerb für Autoren. Wer dabei sein möchte und zwischen 18 und 35 Jahren alt ist, kann bis zum 1. November seine Ideenskizze zum „Streit der Königinnen vor dem Wormser Dom“, dem Wettbewerbsthema 2014/15, einreichen. Mit dem Förderpreis sollen junge Dramatiker, die noch nicht im Theater- und Verlagsbereich etabliert sind, zu szenischem Schreiben ermutigt werden. „Thema des Wettbewerbs ist die kritische und gegenwärtige Auseinandersetzung mit dem Nibelungenstoff“, erläutert Hofmann: „Einzureichen ist eine einseitige Ideenskizze sowie eine Szene, die sich an einem vorgegebenen Thema des Wettbewerbs zu orientieren hat.“ „Das Nibelungenlied ist eine der gewaltigsten und gewalttätigsten Erzählung der Weltliteratur. Durch keinen anderen Stoff unserer Literatur können wir so viel über uns, unser Werden, unser Können, unser Träumen, unsere Gefährdung und unser Gefährlichsein erfahren wie dort in diesem Lied“, ergänzt Albert Ostermaier. Als Autor der Inszenierung hat er die Schirmherrschaft über die Premiere des Wettbewerbs übernommen. „Wenn wir an das Nibelungenlied denken, kommen meist die falschen Bilder: von langbärtigen Germanen, langhaarigen Walküren und Hitler auf dem Grünen Hügel. Wir denken an unzählige Inszenierungen des Rings in SS-Uniformen. Als wäre das Nibelungenlied in dieser und nur für diese Zeit geschrieben. Als wäre es nicht wichtiger zu zeigen, warum und wie es so kam, was an diesem Stoff dazu führt, ihn zu missbrauchen, zu entfremden und für die falschen Ideen zu mobilisieren“, sagt er. Thomas Schadt, ab 2015 Künstlerischer Leiter, freut sich auf spannende Wettbewerbsbeiträge: „Sollen uns doch die jungen Talente mit ihrem Mut und ihrer Fantasie neue Wege weisen, offen und vorurteilsfrei mit dem Urstoff deutscher Befindlichkeiten umzugehen.“ Petra Simon, Künstlerische Betriebsdirektorin, betont: „Wir suchen keine fertigen Stücke.“ Die Ideenskizzen mit einer Szene werden von einer Fachjury bewertet. Am 1. März werden die Nominierungen bekanntgegeben. Diese beinhalten die Einladung zu einem Entwicklungsgespräch mit der Jury, um die Entwürfe zu diskutieren. Die fünf Autoren sind danach aufgefordert, an ihren Werken weiter zu schreiben und diese bis zum 1. Juli ein weiteres Mal vorzulegen. In einem Workshop unter der Schirmherrschaft des jeweiligen Bühnenautors während der Nibelungen-Festspiele wird schließlich der Preisträger ermittelt. Diesem winkt sowohl ein Preisgeld von 10.000 Euro als auch eine Uraufführungsoption innerhalb des Kulturprogramms der Festspiele für das darauffolgende Jahr. Zudem werden alle nominierten Stücke in einer öffentlichen Lesung während der Festspiele präsentiert. Das Publikum vergibt einen Preis von 2000 Euro.

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