Grünstadt Regenwasser landet doch im Kanal

Rathaus und Kirche in Mertesheim stehen dicht beieinander.
Rathaus und Kirche in Mertesheim stehen dicht beieinander.

Offiziell weiß Ortsbürgermeisterin Doris Nitzsche (FWG) in Mertesheim noch immer nichts von einem Ortstermin, den Beigeordneter Michael Lässig (FWG) Ende Dezember mit der CDU-Fraktion und einigen Bürgern aus dem Ort anberaumt hatte. Dabei wurde, wie Nitzsche mittlerweile von Dritten erfahren hat, ein neues Gutachten erstellt. Darin steht, dass die Dächer der katholischen Kirche doch an das Kanalsystem angeschlossen sind.

Erst über die Verbandsgemeinde hat Nitzsche überhaupt von dem Vorgang und dem Vorgehen ihres Beigeordneten erfahren, denn zum fraglichen Zeitpunkt war sie im Urlaub. Lässig hat wohl am 16. Dezember einen Ortstermin mit den Ratsmitgliedern Markus Bender und Norbert Benninghoff, die im Gemeinderat eine Fraktion bilden, anberaumt, bei dem weitere ihnen nahestehende Personen aus dem Ort anwesend waren. Das belegt eine Unterschriftenliste, die der Ortsbürgermeisterin mittlerweile in Kopie zugegangen ist. Fotos, die Nitzsche ebenfalls auf Umwegen erhalten hat, zeigen, dass diese Personengruppe mit gefärbten Flüssigkeiten den Nachweis erbringt, dass ablaufendes Wasser von der Dachrinne ins Kanalsystem der Gemeinde fließt. „Nach den mir vorliegenden Unterlagen scheint dieses neue Gutachten schlüssig zu belegen, dass die Kirche doch angeschlossen ist“, so Nitzsche. „Das wirft für mich einige Fragen auf: Warum passiert eine solche Untersuchung in meiner Abwesenheit und ohne mein Wissen? Wieso gibt die Fraktion Bender-Benninghoff ein neues Gutachten in Auftrag, während sie gleichzeitig fordert, dass die Gemeinde für ein Gutachten der katholischen Kirche die Kosten von über 4600 Euro trägt?“ Nitzsche wundert sich auch, dass der Kirchengutachter nicht den recht einfachen Farbtest gemacht hat, sondern stattdessen kostenintensive Bodenuntersuchungen. „Seitens der Gemeinde sehe ich keine Veranlassung, der Kirche ein wenig aussagekräftiges Gutachten zu bezahlen. Ich habe seit 2014 immer wieder gefordert, dass die Kirche belegt, dass ihr Abwasser an den Kanal angeschlossen ist. Hätte es einen Grundbucheintrag über das Überleitungsrecht gegeben oder einen früheren Farbtest, dann wäre dies komplett überflüssig gewesen“, so die Ortsbürgermeisterin. Weiteres Problem in diesem Zusammenhang sind Verjährungsfristen. „Die Verwaltung der VG hat mich am 8. Dezember darüber informiert, dass mit Ablauf des Jahres 2017 keine Ansprüche mehr für eventuelle Schäden geltend gemacht werden können, die durch Wasser aus dem Kirchengrundstück am Rathaus entstanden sein könnten. Deshalb wurde die Kirche seitens der Verwaltung angeschrieben, bis 20. Dezember zu erklären, dass sie auf die ,Einrede der Verjährung’ verzichtet und erklärt, wie hinsichtlich der weiteren Schadensbeseitigung zu verfahren ist.“ Dieses Schreiben hat die Kirche nach Angaben der Ortsbürgermeisterin ignoriert. Am 18. Dezember hat dann der Beigeordnete Lässig einen Brief der Gemeinde unterzeichnet, mit der die VG angewiesen wird, alle Maßnahmen gegen die Kirche zu unterlassen und unverzüglich zurückzunehmen. Lässig schreibt auch, dass er eine Dringlichkeitssitzung des Gemeinderates einberufen werde, was allerdings nie erfolgt sei. Ob damit Verjährungsfristen verfallen sind, sei unklar, so Nitzsche, da die Verwaltung durch das neue Gutachten einen neuen Sachverhalt im Streit mit der Kirche sieht und deshalb eine Verjährung ausgesetzt sei: „Mir ist derzeit die Rechtslage völlig unklar.“ Die Werke hätten mit der Kirchenverwaltung vereinbart, dass die Leitungen mit einer Kamera befahren werden sollen, um den Verlauf der Rohre in die Planunterlagen aufzunehmen. „Endlich geht es vorwärts, um die Feuchteschäden im Rathaus zu beseitigen. Die Rathauswand muss aus meiner Sicht unbedingt aufgegraben werden. Dafür brauchen wir aber wiederum die Zustimmung der Kirche“, so Nitzsche, die hofft, dass jetzt Bewegung in die Sache kommt und Gespräche auch einmal mit ihr geführt werden. „Hier im Ort redet jeder über das Thema, nur niemand mit mir“, beklagt sie. „Am meisten wundert mich bei all diesen Debatten, dass der ehemalige Ortsbürgermeister Norbert Benninghoff, der wissen müsste, was in seiner Amtszeit 2003 bei der Sanierung des Kirchen- und Rathausumfelds gelaufen ist, in der gesamten Diskussion keinen Betrag zur Bewältigung des Problems beisteuert. Auch alle Unterlagen aus dieser Zeit kann niemand auftreiben“, sagt Nitzsche. Offensichtlich seien früher Planunterlagen nicht bei der VG, sondern bei der Gemeinde archiviert worden, im Rathaus seien sie aber nicht auffindbar. Termin Heute Abend, 19 Uhr, tagt der Gemeinderat im Rathaus. Auf der Tagesordnung steht unter anderem der Haushalt 2018.

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