Grünstadt „Pogo“ und der „Prof“ richten es

VINNHORST/GRÜNSTADT. Kaum zu glauben, aber wahr: Die Grünstadter Kunstturner scheinen erst am zweiten respektive dritten Wettkampftag ihre Linie und Form zu finden, um Rekordergebnisse zu erzielen. So am vergangenen Samstag, als die Pfälzer im Meisterschaftskampf der Zweiten Bundesliga Nord beim Neuling TuS Vinnhorst-Hannover, der sich mit Akteuren aus den Kunstturn-Hochburgen Hannover und Leopoldshöhe enorm verstärkte, antraten und diesen Vergleich – auch in dieser Höhe überraschend – mit 60:15 bei 12:0-Gerätepunkten gewannen.

Dabei erzielten die Pfälzer mit 314,45 Wertungszählern ein Ergebnis, das der Eliteliga des Deutschen Turnerbundes gerecht würde. Komplett ging es im ICE frühmorgens ab Mannheim nach Hannover, lediglich einer fehlte: Chefcoach Michael Danner erwischte am Freitagabend beim Abschlusstraining eine Erkältung, dass er zu Hause das Bett hüten musste. Doch mit Alexander Pogoreltsev und Florian Bachmann haben die Pfälzer zwei Co-Trainer in ihren Reihen, auf die sich Danner und das gesamte Team ruhigen Gewissens verlassen können. „Ich sah kurz vor Wettkampfbeginn nur glänzende Augen unserer Jungs“, berichtet Pogoreltsev, der früher selbst für die TSG Grünstadt an die Geräte ging und zur russischen Nationalmannschaft gehörte. Bevor „Pogo“ aber seinen jeweiligen Kunstturner an das betreffende Gerät schickte, waren die Fähigkeiten und Qualitäten von „Mathematik-Professor“ Bachmann gefragt: Der musste nämlich alle in Betracht kommenden Schwierigkeitsgrade, die die Übungen beinhalten, möglichst genau voraus berechnen, um mit seinen in kürzester Zeit ermittelten Ergebnissen den TSG-Turner auf seinen Gegner richtig einzustellen. „Florian lag mit den Entscheidungen wieder einmal richtig; so bereitete es uns einfach Spaß zu sehen, was unsere Kunstturner an den Geräten präsentierten“, freute sich Pogoreltsev über die gelungene Zusammenarbeit. Und die dankten es dem sympathischen Trainergespann. Sie legten derart brillante Übungen hin, dass Pogoreltsev, der eigentlich mit Komplimenten zurückhaltend ist, von Spitzenklasse sprach. So unter anderem der Russe Nikita Lezhankin, dem an den Ringen ein Arsarjan, ein Kreuzhang mit einer Vierteldrehung, die er in beide Richtungen zeigte, sowie beim Abgang ein Doppelsalto gestreckt mit Schraube gelang. Bei einem „Wahnsinns“-Ausgangswert von 5,7 waren dem Turner fünf Scores für die Übung sicher. Erstmals turnte David Jäger eine sehr schwierige Übung am Barren: Ihm gelang als Abgang an diesem Gerät ein Doppelsalto gehockt vorwärts, was ihm und seiner Equipe drei Scores bescherte. „Es wäre falsch, nur diese Jungs hervorzuheben, denn die übrigen waren ebenfalls in einer außergewöhnlich guten Verfassung“, so Pogoreltsev. Max Finzel hamsterte insgesamt 16 Scores, unterlag lediglich knapp am Pferd dem lettischen Nationalturner Dimitrijs Trefilovs, der nächste Woche für sein Land bei den Weltmeisterschaften in Glasgow an die Geräte geht. Gegen ihn hatten Tim Brand am Boden, Pavel Dykmann an den Ringen und Viktor Weber am Reck ebenfalls das Nachsehen. Brand gewann jedoch den Sprung. Finzel siegte im direkten Vergleich gegen Trefilovs am Barren (drei Scores) und Lezhankin ließ dem Letten am Sprung keine Chance. Weitere Scores für Grünstadt holten Dykmann (3), Damrau (6) und der beständig turnende Weber an Pauschenpferd (4) und Barren (3). Ärgerlich sei, so Pogoreltsev, dass dieses Spitzenergebnis von 314,45 Wertungszählern klar zum Sieg beim Siegerländer KV gereicht hätte. Bei der unnötigen Saison-Auftaktniederlage der TSG erturnte Siegerland 309,40, die Pfälzer nur 297,75. Gegen Mitternacht traf das Team völlig übermüdet wieder in der Pfalz ein. 16 Stunden waren die Athleten unterwegs, wobei die glänzenden Leistungen und der deutliche Sieg die fünfstündige Heimfahrt angenehmer gestalteten. (lau)

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