Grünstadt Muss auf jede Koppel ein Unterstand?

Ist sich sicher, dass ihre eigenen und die in Pflege gegebenen Pferde am besten im Freien mit viel Platz zum „Flüchten“ aufgehob
Ist sich sicher, dass ihre eigenen und die in Pflege gegebenen Pferde am besten im Freien mit viel Platz zum »Flüchten« aufgehoben sind – auch ohne Unterstand: Christine Schernthaner aus Rodenbach.

„Das ist absolut verrückt“, empört sich die 51-Jährige über die Unterstand-Forderung der Behörde, „ich dürfte gemäß der Baurichtlinien der gleichen Kreisverwaltung im Außenbereich doch gar nichts bauen oder hinstellen.“ Auch sieht sie aus ihren jahrzehntelangen Erfahrungen mit Pferden gar keine Unterstand-Notwendigkeit. „Die von mir betreuten Pferde suchen auf den anderen Koppeln, die einen Unterstand haben, im Winter nie die stallähnliche Unterstellmöglichkeit auf. Auch bei Regen oder Gewitter nicht – als Fluchttiere fühlen sie sich bei vermeintlicher Gefahr am wohlsten, wenn sie Platz haben“, kritisiert die Rodenbacherin, dass es Vorschriften gebe, die „rein gar nichts mit artgerechter Haltung von Pferden zu tun haben“. Oftmals seien „vermenschlichte Vorstellungen von der Natur eines Pferdes“ der Grund, dass „vermeintliche Tierschützer den Pferden ein häusliches Schutzbedürfnis zuordnen, das es gar nicht gibt“, so Schernthaner: „Eigentlich ist die Stallhaltung wider die Pferde-Natur: In dem engen Bereich kann ihr Fluchtinstinkt doch nie ausgelebt werden.“ „Die Tiere können ein trockenes Plätzchen hinter Hecken finden“ Außerdem sei der von der Verwaltung geforderte „trockene Schlafplatz“ für ihre Pferde – auch auf den Weiden mit Unterstand – kein Thema. Zum einen könnten die Tiere, wenn sie es denn wollten, immer ein trockenes Plätzchen hinter schützenden Hecken und Bäumen finden. Zum anderen würden sich die meisten ihrer Pferde eh am liebsten „in den größten Schlamm“ legen. Die von der Behörde angeführten möglichen „negativen Folgen für die Tiere durch den fehlenden Unterstand“, wie Aggressivität, habe Schernthaner noch nie feststellen können: „Im Gegensatz zu Pferden, die nach längere Stallhaltung zu mir gekommen sind“. Gerne würde sie sich über die tatsächlichen Bedürfnisse von Pferden auch mit der Frau unterhalten, die „immer wieder Anzeige gegen mich erstattet“, so Schernthaner. Allerdings habe sich diese noch nicht an sie persönlich gewandt, sie kenne auch nicht deren Namen, bedauert die Rodenbacherin. Schernthaner besitzt selbst drei Pferde, nimmt aber auch die Vierbeiner von Freundinnen und Bekannten in Pflege: „Übers Jahr halte ich insgesamt wechselweise so zwischen fünf bis zehn Pferde auf den Weiden rund um Rodenbach.“ Dabei stünden nicht nur die eigenen, sondern auch ihre Pflegetiere „voll im Futter und gesundheitlich topfit da“, betont die passionierte Reiterin – seit 30 Jahren bildet sie Pferde in klassischer Dressur aus –, dass auch die Kreisveter-inäre bei den Kontrollen in Rodenbach überdurchschnittlich gut genährte Pferde vorgefunden hätten. Allerdings sei Pferdehaltung – nicht nur wegen behördlicher Auflagen – nicht unkompliziert, so Schernthaner: „Man kann die Tiere nicht einfach alle zusammen auf eine Koppel stellen– egal ob Hengst, Stute oder Wallach, egal welchen Charakters oder Gesundheitszustandes. Man kann die Tiere auch nicht einfach mal trennen und sie willkürlich in neue Gruppen einteilen. Das weiß jeder, der nur ein bisschen Ahnung von Pferden hat.“ Genau diese Probleme habe jedoch die Anordnung der Veterinärbehörde aufgeworfen. Die Pferde, die auf der Weide bei Boßweiler ohne Unterstand grasten, mussten auf andere Koppeln verteilt werden, in denen schon andere Tiere standen. „Flip braucht möglichst viel frisches Gras“ Da ist zum Beispiel Flip, der „wohl nach zu langer Stallhaltung äußerst schnell kurzatmig wird. „Flip braucht viel frische Luft, aber auf gar keinen Fall Aufregung, etwa durch Kabbeleien jüngerer verspielter Pferde. Da hab’ ich Angst, er kippt mir mal bei solch einer Spielerei mit Atemnot um“, so Schernthaner. Außerdem brauche er, habe der hinzugezogene Tierarzt empfohlen, möglichst viel frisches Gras. Am besten würde Flip also allein auf einer der großen Koppeln stehen. „Ob mit oder ohne Unterstand – das ist Flip egal. Im Sommer stellt er sich in den Schatten der Bäume, im Winter braucht er da gar nix – nur seine Ruhe“, betont Schernthaner. Auf der Weide bei Boßweiler ist dies aber wegen des fehlenden Unterstands unmöglich. Wäre der anfangs von ihr erwähnte Gang zum Schlachthaus also tatsächlich die bessere, weil weniger quälende Lösung für den kurzatmigen Flip? Natürlich nicht. Zu diesem Todesurteil würden die Tierfreundin keine zehn Pferde bringen. Wenn sie einen Unterstand für die Pferde als notwendig erachten würde, hätte sie auch einen – wenn sie denn einen bauen dürfte. Tut sie aber nicht. Wie zu hören ist, soll bei der Kreisverwaltung wieder Anzeige wegen einer anderen Koppel erstattet worden sein.

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