Grünstadt „Innovative Technik ist vorbildlich“

Mit einem symbolischen Druck auf den roten Knopf hat Umweltministerin Ulrike Höfken gestern den Klärschlammreformer des Entsorgungs- und Servicebetriebes Grünstadt (EBG) in Betrieb genommen. In wenigen Tagen wird die bundesweit erste Anlage dieser Art tatsächlich ihre Arbeit aufnehmen: Sie wandelt das Endprodukt der Abwasserreinigung umweltfreundlich und energieeffizient in Dünger um, wobei Phosphor rückgewonnen wird.

„Etwa 30.000 Kilogramm Phosphat wird einer Wiederverwertung zugeführt“, sagte Markus Bux, Geschäftsführer der Firma Thermo-System, die 2008 die solare Klärschlammtrocknungsanlage und jetzt den Klärschlammreformer gebaut hat. Phosphor sei ein nicht ersetzbarer Baustein im Energiestoffwechsel und Erbgut von Mensch, Tier und Pflanze. Die weltweiten Reserven dürften etwa noch für 400 Jahre reichen, wobei Europa aber komplett auf den Import des Mineralstoffs angewiesen sei. Die jahrelange Entwicklung und die Investition von knapp 900.000 Euro lohnen sich laut Bux darüber hinaus, weil die jährliche Restmenge an Eigen- und Fremdschlämmen von 2100 Tonnen (davon stammen 1500 aus Grünstadt) auf 200 Tonnen reduziert wird. „Das heißt, es entfallen 95 Lkw-Fahrten“, erläuterte er. Die Entsorgungskosten verringerten sich pro Jahr um 100.000 Euro, der Kohlenstoffdioxid-Ausstoß um 500 Tonnen. Weil die Pilotanlage mit Solarkraft und Abwärme betrieben werde, „sparen wir ein Energieäquivalent von jährlich rund 20.000 Liter Heizöl für die Stützfeuerung“. Höfken bezeichnete die innovative Technik, die vom Land mit knapp 440.000 Euro gefördert wird, als vorbildlich. Erkenntnisse aus Grünstadt würden bald anderen Kläranlagen zugutekommen. Nach der rund sechsmonatigen Probephase wird der Reformer in den Regelbetrieb gehen. In Rheinland-Pfalz werden derzeit 65 Prozent der Klärschlämme als Dünger auf die Felder gebracht. „Bereits ab 2015 wird sich diese Menge aber aufgrund einer Verschärfung der Schadstoff-Grenzwerte erheblich verkleinern“, so Höfken. Außerdem werde mit der geplanten Novellierung der Klärschlammverordnung die landwirtschaftliche Nutzung weiter eingeschränkt. Vor diesem Hintergrund könnte sich die Grünstadter Anlage zu einer Alternative in der Klärschlammverwertung entwickeln. „Wir hoffen, dass wir in ein paar Jahren sogar Geld verdienen können als Düngemittelhersteller“, sagte Stadtwerke-Chef Albert Monath zur RHEINPFALZ. Energieeffizienz und Wirtschaftlichkeit seien bei allen Investitionsentscheidungen der Werke schon immer ausschlaggebend gewesen. 2000 wurde ein Blockheizkraftwerk gebaut, dass das in den beiden Faultürmen entstehende Klärgas in Wärme und Strom verwandelt. „Etwa ein Drittel des jährlichen Strombedarfs der Kläranlage von 330.000 Kilowattstunden wird so erzeugt“, erläuterte er. Der „entgaste“ Nassschlamm werde gepresst und sein Wasseranteil in der solaren Trocknungsanlage auf 20 bis 30 Prozent reduziert. „Die Firma Thermo-System ließ bei uns im Haus die Vision reifen, dem Schlamm noch die restliche Energie zu entziehen, um mit der anfallenden Wärme die Solartrocknungsanlage zu unterstützen“, so Monath. Im Dezember 2012 habe der Verwaltungsrat den Entschluss gefasst, die Pilotanlage zu bauen. Ein Jahr später fand der erste Spatenstich statt, wie Bürgermeister Klaus Wagner erinnerte. Er sei „stolz auf die Innovationskraft der EBG“. Der ehemalige Stadtwerke-Chef Harald Dörr sagte am Rand der Veranstaltung, dass trotz modernster Technik die Abwassergebühren günstig seien. (abf)

x