Grünstadt „Ich bin ein Mann des Friedens“

Großes Vorbild für Rudi Klug ist Willy Brandt.
Großes Vorbild für Rudi Klug ist Willy Brandt.

«HERTLINGSHAUSEN.» Rudi Klug, der „Vater“ des Naturfreundehauses Rahnenhof in Hertlingshausen, den er von 1959 bis 1999 leitete, begeht morgen, Karfreitag, seinen 80. Geburtstag. Ein großes Fest wird es aber nicht geben. Das Alter fordert seinen Tribut. Und seiner Frau Traudel, mit der der Jubilar seit 53 Jahren verheiratet ist, geht es nicht gut. Dennoch kann Klug sicher sein, dass ihn Familienangehörige und Freunde beehren werden.

Der zeitlebens überaus aktive überzeugte Sozialdemokrat kämpft stets für ein friedliches Miteinander der Menschen – auf allen Ebenen. So hat er Ostermärsche von Mannheim nach Frankfurt organisiert, sich in den Achtzigern an Sitzblockaden gegen ein Giftgas-Lager in der Südpfalz beteiligt und deshalb einige Gerichtsverfahren über sich ergehen lassen müssen. Auch hat Klug den Rahnenhof am 38. Jahrestag des weltweit ersten Nuklearbomben-Abwurfs (6. August 1945 auf Hiroshima in Japan) zur „atomwaffenfreien Zone“ erklärt. Diesem Beispiel sind viele Naturfreundehäuser – darunter alle 37 in Rheinland-Pfalz – gefolgt. „Ich bin ein Mann des Friedens“, sagt Klug über sich und gießt sich eine Tasse Caro-Kaffee auf. In der SPD, der er seit 1956 angehört, sei er mit seinen Ideen manchmal angeeckt. „Sie wurden als kommunistisch verworfen“, erinnert sich der Jubilar, dessen erster Berufswunsch Pfarrer gewesen war. „Doch je mehr ich mich mit der Bibel beschäftigt habe, desto ungläubiger wurde ich“, erzählt der weit über die Region bekannte Freidenker. „Ich bin Pazifist, aber kein Christ.“ Dennoch hat er immer gut mit Geistlichen zusammengearbeitet, übrigens auch mit Kommunisten, „aber ich ließ mich nie vereinnahmen“. So wenig wie sein großes Vorbild Willy Brandt (Bundeskanzler von 1969 bis 1974), der immer sich selbst treu geblieben sei und ohne dessen Entspannungspolitik der Mauerfall nach Klugs Überzeugung nie stattgefunden hätte. Neben der Friedensbewegung ist das zweite große Leitthema seines Engagements, das „ich nicht nur wie eine Monstranz vor mir hergetragen habe“, die Jugend. Der Jubilar, der auch ein enges Verhältnis zum Alt-Ministerpräsidenten Kurt Beck hat, war unter anderem Landesjugendleiter der Naturfreunde. Der sozialistischen Umwelt-, Kultur-, Freizeit- und Touristikorganisation schloss sich der gebürtige Frankenthaler zu Beginn seiner Ausbildung als Dreher 1952 an. Damals trat er auch in die IG Metall ein. In beiden Verbänden (und nicht nur da) übernahm er in zahlreiche Funktionen bis hinauf zur Bundesebene Verantwortung. Und – „das gehörte dazu“ – er wurde auch Mitglied der Arbeiterwohlfahrt (Awo) und des Arbeiter-Samariter-Bundes (ASB). Mit Walter Zuber (rheinland-pfälzischer Innenminister von 1991 bis 2005) gründete der dreifache Vater 1983 die bundesweit erste Landesarbeitsgemeinschaft zur Förderung der Familienerholung zwischen Awo und Naturfreunden. Die ehrenamtlichen Posten Rudi Klugs – darunter auch ab 1975 der des Ersten Beigeordneten in Carlsberg – aufzuzählen, würde den Rahmen dieses Artikels sprengen. Der Träger des Bundesverdienstkreuzes (1997), des Landesverdienstordens (2015) und der Willy-Brandt-Medaille (2017) wurde mit nur 21 Jahren 1959 Leiter des Rahnenhofes, den er vier Jahrzehnte prägte und schließlich an Stephan Schenk übergab, der für ihn wie ein Sohn ist. Wie eine Tochter in die Familie aufgenommen hat Klug, der fast alle Menschen duzt, Heike Helfrich, die ihn unter anderem bei der Pflege seiner kranken Frau unterstützt. „Heike ist wie ich im Singkreis der Naturfreunde Frankenthal und hat ein eigenes Zimmer bei uns“, erzählt der Jubilar. Singen sei für ihn ein Lebenselixier. Texte, die er vor 60, 70 Jahren gelernt habe, beherrsche er immer noch, erzählt er strahlend. Traurig ist der Naturfreund, der ganz Deutschland zu Fuß erkundet hat, dass er sich bei seiner zweiten großen Leidenschaft, dem Wandern, inzwischen aufs Zuschauen beschränken muss.

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