Grünstadt Hilfe im Kampf gegen Sozialbehörden

91-56703273.jpg

Im Jahr bis zu 150 neue Mitglieder – und das seit Jahren. Der Sozialverband VdK kommt auf Steigerungsraten wie kein zweiter Verein in der Region. Für die über 8000 Mitglieder in Neustadt und im Landkreis Bad Dürkheim hat er 2013 in fast 1600 Fällen über 600.000 Euro erstritten.

Gerhard Stierle (63) ist Mitglied Nummer 8000 beim Kreisverband des Sozialverbandes VdK. Den Dirmsteiner haben vor allem die Freizeitangebote angezogen. „Das sind schöne Treffen, bei denen die Geselligkeit nicht zu kurz kommt“, meint der ehemalige BASF-Mitarbeiter. Außerdem setze sich der VdK für eine gute Sache ein. Leute wie Stierle gibt es immer mehr. Mittlerweile sind es 8061 Mitglieder in den 36 Ortsverbänden des Kreisverbandes Neustadt-Bad Dürkheim. Die vier größten Ortsvereine: Neustadt (1243 Mitglieder), Haßloch (1070), Grünstadt (526) und Bad Dürkheim (511). 1950 als Verband der „Kriegsbeschädigten, Kriegshinterbliebenen und Sozialrentner Deutschlands“ gegründet, ist der VdK heute mit bundesweit 1,7 Millionen Mitgliedern die größte Interessensvertretung Deutschlands für Menschen mit Behinderungen, chronisch Kranke und Senioren. Das mag mit der demografischen Entwicklung zusammenhängen, ist aber auch eine Folge der Zunahme der Streitigkeiten vor den Sozialgerichten. Für den Monatsbeitrag von 4,80 Euro bekommen die VdK-Mitglieder nicht nur eine Beratung, sondern auch Rechtsschutz, wenn es vor Gericht geht. Dass immer öfter der Weg durch die Instanzen erforderlich ist, bestätigt Kreisgeschäftsführer Dieter Cullmann (61). „95 Prozent der Anträge auf Erwerbsminderung werden im ersten Anlauf abgelehnt“, erklärt Cullmann, der seit 2003 die Geschäftsstelle in Neustadt, Konrad-Adenauer-Straße 52, leitet. Der ehemalige Schriftsetzer konnte seinen Beruf aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr ausüben. Der VdK setzte sich für ihn ein. Heute setzt er sich für den VdK ein. „Eine gute Begründung ersetzt oft schon mit einem Widerspruch eine Klage“, berichtet Cullmann aus seiner Praxis. Und er beobachtet zunehmend „einen sozialen Verschiebebahnhof“. Es sei leider Mode geworden, dass die einzelnen Träger des Sozialversicherungssystems versuchten, sich die Lasten gegenseitig zuzuschieben: „Ob Agentur für Arbeit, Krankenkassen, Rentenversicherung oder Berufsgenossenschaften – jede Sozialbehörde versucht, den Bürger weiterzuschicken. Es gibt leider auch Menschen, die sich nicht wehren können oder wollen.“ Immer häufiger Adressat der Klagen laut Cullmann: die Agentur für Arbeit und die Jobcenter. „Nach meinem Eindruck wird dort verstärkt versucht, die Leute um ihre Ansprüche zu bringen.“ Cullmann bekommt häufig Beschwerden von Arbeitslosengeldempfängern auf den Tisch, die berechtigt seien. Das hänge wohl auch mit der schlechten Personalausstattung bei der Agentur zusammen: „Angeblich haben wir ja kein Arbeitslosenproblem mehr.“ Sieben Mitarbeiter hat die Neustadter VdK-Geschäftsstelle. Die Sprechstunden sind oft über Wochen ausgebucht, auch in den Außenstellen: in Grünstadt, Haßloch, Bad Dürkheim und Hettenleidelheim. Der Kreisverband hat einen Etat von rund 220.000 Euro, der fast komplett für Personalausgaben verbraucht wird. Unterstützung gibt es von der verbandseigenen Rechtsschutzstelle in Speyer. Mitglied beim VdK kann jeder werden. Über 100 VdKler in der Region sind unter 25 Jahre alt. „Man kann von heute auf morgen durch einen Unfall auf Hilfe angewiesen sein“, sagt Cullmann. Er kündigt an, verstärkt auch bei der jüngeren Generation Werbung zu machen. „Wir werden ja oft mit der Kriegsgräberfürsorge verwechselt“, berichtet Regina Röther, seit 2004 die Vorsitzende des Kreisverbandes. Die 63-jährige Geinsheimerin sitzt für die Freien Wähler im Neustadter Stadtrat, hat viel Erfahrung in der Kommunalpolitik: „Die Arbeit hier macht mir einen Riesenspaß. Der große Unterschied: In der Politik werden die Rechnungen Jahre später beglichen, beim VdK sagt Ihnen ihr Gegenüber sofort, was er denkt und ob er mit unserer Arbeit zufrieden war.“ (red/ks) Info:  Kontakt und weitere Infos bei der Geschäftsstelle des Kreisverbandes in Neustadt, Konrad-Adenauer-Straße 52, Telefon 06321/39981-0. Sprechstunden in Grünstadt: an den ersten drei Montagen eines Monats, Leininger Oberhof, Neugasse. Sprechstunden in Hettenleidelheim: jeden ersten und dritten Mittwoch eines Monats, DRK-Haus, Brunnenwiesenstraße, Termine über die Geschäftsstelle.

91-56703274.jpg
x