Grünstadt Eine Leiche zum Advent

Das Cover
Das Cover

Alle Jahre wieder werfen die Buchverlage Kurzgeschichtensammlungen in der Weihnachtszeit auf den Markt, gerne auch nutzbar als Adventskalender. Doch so gut wie „Eine Leiche zum Advent“ sind nur wenige, findet Rainer Scheer in dieser Crime Corner.

„Eine Leiche zum Advent“, das klingt bereits verheißungsvoll. Und tatsächlich: Vielfach schon für seine Arbeit ausgezeichnet, bietet dieser dicke Wälzer feinste Krimikost zum Fest. Eine großartige Kriminalgeschichtensammlung mit Weihnachtskrimis in allen möglichen Schattierungen, zusammengestellt von Herausgeber Otto Penzler, einer echten Institution im Veröffentlichen intelligent zusammengestellter Anthologien. Ehrlicherweise wäre aber eine direkte Übersetzung des englischen Originaltitels („The Big Book Of Christmas Mysteries“) vielleicht besser gewesen, weckt der deutsche Titel „Eine Leiche zum Advent“ doch sofort Erinnerungen an den Film „Eine Leiche zum Dessert“ (USA 1975). Auch das Cover weckt eher cineastische Erwartungen und suggeriert gleichzeitig eine zeitliche Terminierung der Geschichten auf das Golden Age des Kriminalromans. Beides wird nicht eingelöst, was keineswegs bedauernswert ist. Doch warum überhaupt diese falsche Spur? Stattdessen trumpft „Das große Buch der Weihnachtskrimis“ (Untertitel) inhaltlich auf. Vom Erscheinungsjahr 1928 (Marjorie Bowen) bis hin zum Jahr 2011 (Bradford Morrow) reicht die Auswahl der 49 Geschichten, geschrieben unter anderem von Ellery Queen, Colin Dexter, Thomas Hardy, Arthur Conan Doyle, Peter Robinson, Ed McBain, Isaac Asimov und Edgar Wallace. Allein diese Namen stehen für die zeitliche und inhaltliche Bandbreite. Lustiges wechselt sich mit Klassischem ab, Gruseliges und Unheimliches trifft auf Sherlock Holmes Geschichten. Zu jedem der Autoren gibt es eine kleine Einleitung. Da das Buch breiter ist als ein übliches Hardcover, ist der Text auf jeder Seite sehr lesefreundlich in zwei nebeneinander stehenden Blöcken gesetzt, wie dies in Heftromanen üblich ist. Viel Lesefutter also und erfreulich abgehoben von modernen Anthologien, die als Adventskalender getarnt 24 Geschichten präsentieren, die größtenteils qualitativ mit einer solchen, hier vorliegenden Auswahl nicht konkurrieren können. Die sorgfältig ausgewählten Geschichten für „Eine Leiche zum Advent“ sind zum wohligen Schmökern, nicht nur für diese Weihnachtssaison. Lesezeichen Otto Penzler (Hrsg.): „Eine Leiche zum Advent“, Lübbe 2016, Hardcover, 705 Seiten, 25 Euro.

Rainer Scheer
Rainer Scheer
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