Grünstadt Ausnahme kostet Geld

GRÜNSTADT/GROSSKARLBACH. Den Lärmzusatzbeitrag auf der Grundlage des Landesimmissionsschutzgesetzes hat die Verwaltung Anfang 2013 eingeführt (wir berichteten). Einige Veranstalter haben das aber erst dieses Jahr gemerkt und waren verwirrt. Zum Beispiel Familie Budde aus Großkarlbach, die unter anderem bei der Langen Nacht des Jazz mitmacht und das Thema bei der „Redaktion vor Ort“ am 6. August in Großkarlbach angeschnitten hat. Es ärgert sie ein bisschen, dass die Vereine und Privatinitiativen im Kultursektor durch die neue Gebühr zusätzlich finanziell belastet werden. Schließlich täten diese ja etwas für die Bürger und den Tourismus, was die Verbandsgemeinde nichts koste. Fakt ist: Wer in der VG Grünstadt-Land ein öffentliches Fest veranstaltet, braucht nicht nur die üblichen Genehmigungen wie beispielsweise eine Ausschankerlaubnis, sondern auch – sofern Musikinstrumente oder Musik-Wiedergabegeräte im Spiel sind – eine Genehmigung für die Ausnahme von den gesetzlich vorgeschriebenen Lärmschutzgrenzen. Der Geräuschpegel, der von Freizeitanlagen verursacht wird, darf zum Beispiel vor dem Fenster der nächstgelegenen Wohnung zwischen 20 und 22 Uhr 65 dB(A) nicht überschreiten, von 22 bis 24 Uhr sind es 55 dB(A). Wessen Fest das nicht garantieren kann, der muss das Ordnungsamt um eine Ausnahme von der Regel bitten. Und diese, sagt Karl-Peter Grimm, Leiter des Ordnungsamts Grünstadt-Land, „ist in jeden Fall gebührenpflichtig, so sieht es das Landesgebührengesetz vor“. Die Verwaltung verlangt einen Grundbetrag von 50 Euro plus zehn Euro je Stunde mit Musikdarbietungen. Karl-Peter Grimm begründet die Neuerung mit der Zunahme der Beschwerden von Bürgern wegen Lärm bei Kerwen, Hof- und Straßenfesten oder auch Konzerten. Diese Bürger haben zwar nichts davon, dass sich die Veranstalter die Belästigung erkaufen müssen, aber es werden klare Verhältnisse geschaffen. Und zwar zugunsten der Veranstalter, wie Grimm betont. Ohne Ausnahmegenehmigung laufe der Festausrichter Gefahr, dass die Polizei den Stecker zieht, sobald sich ein Anwohner wegen Ruhestörung beschwere. Dass andere Kommunen wie beispielsweise die Verbandsgemeinde Lambsheim-Heßheim keinen Lärmzusatzbeitrag verlangen, ficht den Ordnungsamtsleiter nicht an: „Dann erlauben diese Kommunen entweder keine Ausnahmen, oder sie verstoßen gegen das Gesetz, wenn sie für Ausnahmen kein Geld verlangen, oder sie bekommen keine Beschwerden aus der Bevölkerung.“ Wie Grimm ist auch Verbandsbürgermeister Reinhold Niederhöfer der Meinung, dass sich die finanzielle Belastung für Veranstalter, gemessen an ihren übrigen Kosten, in Grenzen halte. Das tun sie aber nur, meinen Ursula und Volker Budde aus Großkarlbach, wenn bei einer Gemeinschaftsproduktion wie der Jazz-Nacht nicht jeder einzelne Hof, in dem eine Band spielt, bezahlen muss. „Muss er nicht“, hat die Verwaltung kürzlich in einem Treffen mit Vereinsvertretern aus der ganzen Region Grünstadt-Land klargestellt. Solange sich einer für das Fest verantwortlich erklärt, beispielsweise in Großkarlbach der Vereinsring oder die IG Lange Nacht des Jazz, muss nur einmal bezahlt werden. Und wenn die Ortsgemeinde ihren Namen für ein Fest hergibt, fällt gar nichts an, denn von Gemeinden darf die VG-Verwaltung keine Gebühr verlangen. Von der neuen Lärmgebühr können übrigens auch Lokale betroffen sein, die hin und wieder abends Konzerte veranstalten. „Die normale Gaststättengenehmigungen decken das nicht unbedingt ab“, sagt Tobias Spangenmacher, der im Grünstadter Ordnungsamt für diese Sachen zuständig ist. Hochzeitsgesellschaften dagegen müssten sich um das Thema gar keine Gedanken machen, denn „für die gibt es ohnehin keine Ausnahme, sie müssen sich an die allgemeinen Ruhezeiten halten“, so Spangenmacher. Er empfiehlt allen Veranstaltern, ihr Fest oder Konzert genau mit dem Ordnungsamt abzusprechen, „wir erklären dann, wie es laufen muss und wie lange Musik gespielt werden darf“. Für eine Technoparty in einem Industriegebiet gelten beispielsweise andere Regeln als für ein Straßenfest in einem reinen Wohngebiet. Spangenmacher: „Wir versuchen, die Dinge individuell zu regeln und trotzdem alle gleichzubehandeln.“ Was die Gleichbehandlung betrifft, ist Jürgen Klüpfel vom Sieben Mühlen Kunst- und Kulturverein Großkarlbach nicht überzeugt. „Wir sind zwar bisher noch nicht mit der Lärmgebühr konfrontiert worden“, sagt er, „und sicher werden wir künftig damit leben können.“ Er hat aber kein Verständnis dafür, dass die Verbandsgemeinde nicht unterscheidet: „zwischen Vereinen, die sich ehrenamtlich für die Gemeinschaft engagieren, und Betrieben oder Vinotheksbesitzern, die mit kulturellen Veranstaltungen Geld verdienen“.

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