Grünstadt „Alles im Leben hat seine Zeit“

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In der Hauptrolle von „Ein Herz aus Schokolade oder Das süße Leben des Monsieur Ledoux“, einer Komödie von Valerie Setaire, ist am Samstag der Entertainer und einstige TV-Moderator Michael Schanze im Evangelischen Gemeindehaus in Eisenberg zu erleben. Wie es dazu kam, dass er jetzt unter anderem mit Andreas Werth und Petra Nadolny auf der Bühne steht statt vor surrenden Kameras, weshalb er sich so stark für Kinderschutz einsetzt und ob er aus heutiger Sicht etwas anders gemacht hätte im Leben, wollte Anja Benndorf von dem 70-Jährigen wissen.

Herr Schanze, Sie sind vielen noch als Sonnyboy der leichten TV-Unterhaltung in Erinnerung. Wie kam es dazu, dass Sie nach der Jahrtausendwende auf die Bühne wechselten – rund drei Jahrzehnte nach Ihrer Schauspielausbildung?

Zum Theater wollte ich eigentlich schon in den Siebzigern. Da ich aber im Fernsehen stark eingebunden war, konnte man mit mir auf der Bühne nicht kontinuierlich planen. Als Mitte der Neunziger meine Ehe in die Binsen ging, hab’ ich ernsthaft hinterfragt, ob ich ein Leben lang im TV-Geschäft bleiben möchte. Meine Sendungen hatten zwar nach wie vor hohe Einschaltquoten, aber es war alles so zur Routine geworden. So habe ich mich Ende der Neunziger aufgemacht zu neuen Ufern. Sie sind in anspruchsvolle Rollen der Weltliteratur geschlüpft. Warum jetzt so ein seichtes Stück? Bislang habe ich sehr unterschiedliche Charaktere dargestellt. Meine erste Rolle war die des Fotografen in „Miss Berlin“. Zwei Jahre später kam ein Anruf von Professor Hellmuth Matiasek, der mir den bitterbösen Gagler in „Astutuli – Eine bairische Komödie“ bei den Carl-Orff-Festspielen angeboten hat. Das war ein Riesenerfolg. Ich wurde engagiert für den zynischen Serge in „Kunst“ und plötzlich tat sich ein Universum auf. In „Anatevka“ verkörperte ich den Milchmann Tevje, demnächst spiele ich den Richter Adam in „Der zerbrochene Krug“. Wer in Eisenberg „Ein Herz aus Schokolade“ anschaut, sollte nicht erwarten, dass er gescheiter nach Hause geht, als er gekommen ist, aber er wird sich sehr amüsieren. Wie sind Sie zu dem Stück gekommen und steckt in Ihnen etwas von Monsieur Ledoux? (lacht) Nein, aber er hat meine Figur. Florian Battermann, nicht nur Intendant der Komödie am Altstadtmarkt in Braunschweig, sondern auch ein Freund, kam auf die Idee, dieses nette Stück ins Programm zu nehmen. Es lebt vor allem durch die ständigen Rollenwechsel von Petra Nadolny, die sämtliche Frauen darstellt und sich mitunter blitzschnell umziehen muss. Wie sie das macht, bewundern Publikum und Schauspielkollegen gleichermaßen. Spielen Sie gern in Komödien oder übernehmen Sie lieber ernste Rollen? Das Schöne an meinem neuen Leben ist, dass ich in die unterschiedlichsten Rollen schlüpfen kann. Im Fernsehen hatte ich immer nur meine eigene Haut zu Markte getragen. Sie trauern also Ihrer Zeit als TV-Moderator keineswegs nach? (lacht) Der einzige, der trauert, ist mein Banker. Ich habe genau die richtige Entscheidung getroffen. Beim Fernsehen war es toll, aber alles im Leben hat seine Zeit. Fernsehen hat so eine übermächtige Bedeutung gewonnen, sodass jemand, der dort nicht mehr auftritt, als nicht mehr existent gilt. Wir arbeiten daran, dass Theater wieder ein Massenmedium wird. Ich will Ihnen eine Anekdote erzählen. Vor ein paar Jahren sind wir mit unserem Tourneebus zu einer Schule gefahren, deren Aula eine enorme Technikausstattung hat. Wir gingen in den Keller, wo es nach Schuhen roch, die dort gewechselt wurden, und ich musste den Kopf einziehen wegen der vielen Rohre an der Decke. „Will ich das wirklich?“, hab’ ich mich damals gefragt. Unten angekommen, sah ich dort Plakate stehen mit Will Quadflieg, Elisabeth Flickenschildt und Thomas Holtzmann. Da war mir klar: Ich will nichts anderes mehr machen als Schauspielerei. Und was ist mit dem Singen? Schließlich fing Ihre Karriere doch mit Liedern an… Ich singe nicht mehr, aber die Musik ist mir erhalten geblieben. Abends stehe ich auf der Bühne und tagsüber sitze ich an den Tasten. Nachdem vor drei Jahren mein Musical „Scrooge“, basierend auf der Weihnachtsgeschichte von Charles Dickens, ein großer Erfolg wurde, bekam ich die Angebote, „Bambi“ und „Heidi“ als Familienmusicals zu komponieren. Beide werden voraussichtlich Ende des Jahres Premiere haben. Wieder etwas für die ganz Jungen. Im Fernsehen haben Sie sich auch immer um kindgerechte Programme bemüht, außerdem setzen Sie sich für Kinderschutz ein, und mit Ihrer Unterstützung konnten SOS-Kinderdörfer in Mexiko und Bangladesch errichtet werden. Gab es eine Initialzündung für dieses spezielle Engagement? Als ich zwölf war, erkrankte mein Bruder an Kinderlähmung. Da hab’ ich mir geschworen, wenn das wieder gut wird, will ich dem lieben Gott etwas zurückgeben. Auch hatte eine Schülerliebe eine spastisch gelähmte Schwester. Deren Eltern haben am Starnberger See einen Lebenshilfe-Verein gegründet, in dem ich seit Beginn der Siebziger Pate bin. Sie haben gerade Ihren 70. Geburtstag gefeiert. Wenn Sie so zurückschauen: Worauf sind Sie besonders stolz? Was hätten Sie im Nachhinein lieber anders gemacht? O, da könnte ich zwei Tage mit Ihnen reden. Was bleibt, sind meine drei Söhne. Zur Person KARTEN „Ein Herz aus Schokolade“, Samstag, 11. Februar, 20 Uhr, Evangelisches Gemeindehaus Eisenberg. Karten gibt es im Servicebüro der Verbandsgemeindeverwaltung, Telefon 06351/407-444, beim RHEINPFALZ-Ticket-Service, Telefon 0631/37016618, www.rheinpfalz.de, www.reservix.de. |abf

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