Eisenberg Umfrage: Würden soziale Organisationen Spenden von der AfD annehmen?

Kann, darf oder muss sich eine soziale Einrichtung Prinzipien leisten, wenn es um Spendengelder aus Quellen wie beispielsweise d
Kann, darf oder muss sich eine soziale Einrichtung Prinzipien leisten, wenn es um Spendengelder aus Quellen wie beispielsweise der AfD (hier: AfD-Sprecher Björn Höcke) geht?

„Sie hatten uns freundlicherweise eine Spende in Höhe von 100 Euro zukommen lassen. Diese senden wir Ihnen nun dankend wieder zurück.“ Mit diesen Worten lehnte das evangelische Diakoniewerk, das die Sonneberger Tafel in Südthüringen betreibt, im Dezember eine Zuwendung des AfD-Bundestagsabgeordneten Anton Friesen ab. Hätten soziale Organisationen in Grünstadt und Eisenberg genauso gehandelt? Etliche blieben auf RHEINPFALZ-Nachfrage eine Antwort schuldig.

Von den Verantwortlichen aus zwölf Institutionen, die die RHEINPFALZ um eine Stellungnahme bat, haben innerhalb von vier Wochen vier gar nicht reagiert, drei erklärt, dass sie sich nicht oder nur allgemein äußern wollen, und eine wollte ihren Namen nicht nennen. Von den übrigen vier war der evangelische Pfarrer Karl-Ludwig Hauth aus Eisenberg der erste, der seine Sicht der Dinge schilderte.

"Positionen der AfD unvereinbar mit dem christlichen Glauben"

„Zu dieser Frage gibt es keine Abstimmung in den Leitungsgremien – also hier meine persönliche Sicht“, stellt er einleitend klar. Und: „Wir als Kirchengemeinde und auch ich halten die Positionen der AfD für unvereinbar mit dem christlichen Glauben.“ Bisher habe es aber noch kein „Problem“ mit freiwilligen Gaben gegeben: „Wir haben noch nie eine Spende ausgeschlagen!“ So lange jemand nicht aus der Kirche ausgeschlossen sei und seine Kirchensteuer vereinnahmt werde, falle es schwer zu begründen, weshalb man seine Zuwendung ablehnen sollte, meint Hauth. Insgesamt habe es jeder verdient, unterstützt zu werden, wenn er anderen Menschen helfen möchte. „Christsein bedeutet, mit der Hilfe Gottes an einer gelingenden Gesellschaft zu arbeiten. Das hat viel mehr mit Versöhnung, Vergebung und Friedensstiften zu tun, als mit der Verteidigung ewiger Werte“, erläutert der Pfarrer. Sehr zurückhaltend wäre Karl-Ludwig Hauth allerdings, „wenn wir das Gefühl haben, dass wir ausgenutzt werden und die freiwillige Gabe dem Zweck dient, das Image des Spenders aufzupolieren“. Bei 100 Euro eines Bundestagsabgeordneten sei aber wohl kaum davon auszugehen. Der Träger der Sonneberger Tafel hatte in seinem Brief an den AfD-Politiker das Zurückschicken der 100 Euro begründet mit: „Das Menschenbild von Diakonie und Kirche ist mit dem der AfD nicht vereinbar und wir möchten uns klar davon abgrenzen.“

"Nachvollziehbare Begründung"

„Die Begründung ist für mich durchaus nachvollziehbar“, sagt Luise Burmeister, ebenfalls evangelische Pfarrerin in Eisenberg. Sie findet die Reaktion der Diakonie mutig. Wie ihr Kollege Hauth sieht sie die Gretchenfrage darin, was mit der Spende bezweckt werden soll. „Spricht sie dem Notleidenden sogar Hohn, weil der Geldgeber aus seiner Menschenverachtung keinen Hehl macht? Dann kann es meines Erachtens sogar im Sinne des Bedürftigen sein, ihn vor solchem Missbrauch zu schützen, um ihm nicht die Würde zu nehmen“, erklärt Burmeister. „In der Praxis begegnen wir aber Menschen – und auch hinter Parteien stehen Menschen –, die helfen wollen, und dafür sind wir dankbar, denn schließlich sind wir auf Spenden angewiesen.“ Irene Jennes, die Leiterin des SOS-Kinderdorfs Pfalz in Eisenberg, berichtet: „Ich erlebe die Leute, die etwas geben möchten, im direkten Kontakt als sehr interessiert und mitfühlend an unserer Arbeit.“ Einmal jährlich lädt sie die Gönner ihrer Einrichtung ein, um sie kennenzulernen. Dennoch habe man natürlich nicht bei allen Unterstützern Einblicke in deren Weltanschauungen. Grundsätzlich sei der SOS-Kinderdorf-Verein parteipolitisch unabhängig. Dennoch werde geschaut, wo das Geld herkommt. „Kooperationen mit Unternehmen, die ihren hauptsächlichen Ertrag in der Waffen-, Sex-, Tabak- und Alkoholindustrie erzielen, gehen wir nicht ein“, sagt Jennes. Das Gleiche gelte für Organisationen, von denen bekannt sei, „dass sie unseren Grundsätzen, die sich aus Satzung und Leitbild ableiten, widersprechen“. Beim Deutschen Roten Kreuz findet eine Einzelfallprüfung statt, wenn es sich um eine große Spende handelt. Da werde die Herkunft des Geldes hinterfragt. Das teilt Björn Becker, der Vorsitzende des DRK-Ortsvereins Eisenberg, im Namen des Vorstandes mit. Ansonsten wahre man Unparteilichkeit. Er erklärt: „Eine Spende an das DRK, gleich welcher Art, ist eine Zuwendung ohne Gegenleistung und eine Unterstützung unserer Arbeit im Sinne unserer Grundsätze.“

Luise Burmeister
Luise Burmeister
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