Grünstadt Sausenheim: Der Kater nach der großen Party

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Schauplatz der ominösen Geburtstagsparty: das Sausenheimer Dorfgemeinschaftshaus.

Eine Geburtstagsfeier einer 16-Jährigen läuft aus dem Ruder - die Polizei nimmt am Ende neun Leute in Gewahrsam. Aber was ist eigentlich passiert?

Die Polizei bildet eine eigene Ermittlungsgruppe. Aus ganz Deutschland laufen Presseanfragen ein. Und in den sozialen Medien hagelt es Kommentare. Ursache: eine Geburtstagsfeier, die außer Kontrolle geraten ist. Die Eltern der 16-jährigen Gastgeberin haben nun das Dorfgemeinschaftshaus ordnungsgemäß übergeben. „Ich weiß nicht, ob das überhaupt jemand vom TuS war, der einem Radiosender gesagt hat, dass wir eine Unmenge an Glasbruch zu beklagen hätten. Fakt ist: Es sind maximal zehn Gläser kaputtgegangen.“ Nicht nur Markus Dörrenbächer, Vorsitzender des TuS Sausenheim, wundert sich, dass es einige Berichterstatter offenbar nicht ganz so genau nehmen, wenn es um die ominöse Geburtstagsfeier in Sausenheim am Freitag geht.

"Irgendwelche Chaoten"

Dazu hatte der TuS das Dorfgemeinschaftshaus an die Eltern einer 16-Jährigen vermietet. Im Laufe des Abends waren bis zu 400 – meist jugendliche – Gäste zum Feiern in die Sausenheimer Dorfmitte gekommen. Als die Polizei die laute Feier auflösen wollte, wurden die Beamten nicht mehr „nur“ beleidigt und provoziert, sondern es flogen auch Steine. Und um es hier ganz genau vorwegzunehmen: Es war keine dieser berüchtigten Facebook-Parties, bei denen mit einem falschen Klick öffentlich im Prinzip jeder eingeladen wird. Ein Freund soll dies aber „nachgeholt“ haben. Auf jeden Fall „waren später dann irgendwelche Chaoten da, die gar nicht wussten, wer hier überhaupt Geburtstag hatte“, berichten gleich mehrere Augenzeugen der RHEINPFALZ. Immerhin: „Gut 100 Personen“ soll die Schülerin als Gastgeberin schon eingeladen haben, heißt es aus zuverlässigen Quellen. Auch bei dem einen oder anderen mit dem naiven Zusatz: „Du kannst deine Freunde mitbringen.“ Auch sei den Einladungen – zumindest – nicht ganz eindeutig zu entnehmen gewesen, dass eine 16-Jährige einlädt, berichten Partygäste. Hinzu kam, dass praktisch „live“ Fotos und Videos des ausgelassenen Feierns auf der Online-Plattform Instagram öffentlich eingestellt wurden. Und das an einem Freitagabend ...

Beleidigungen gegen Polizei "unterste Schublade"

Als kurz vor 23 Uhr die erste, von Anliegern wegen Ruhestörung alarmierte Streife am Dorfgemeinschaftshaus ankam, sei bis auf die Lautstärke „auch noch alles einigermaßen im Rahmen“ gewesen, teilt ein Sprecher der Polizeidirektion in Neustadt mit. Eine gute Stunde später habe sich den Beamten bei der zweiten Anfahrt allerdings ein ganz anderer Anblick geboten. „Betrunkene urinierten und erbrachen sich an benachbarten Gebäuden“, berichtet der Polizeisprecher. Die Eltern des Geburtstagskinds hätten keine Kontrolle mehr über das Geschehen gehabt. Die Party sollte aufgelöst werden, zumal die Stimmung einiger betrunkener Gäste äußerst aggressiv gewesen sei. „Die Beleidigungen waren unterste Schublade, die Kollegen wurden nicht mal mehr wie Menschen behandelt“, betont der Sprecher. Trotz aufgeheizter Stimmung und umfangreicher Provokationen – unter anderem setzten sich Partygäste auf einen der Einsatzwagen – habe die Polizei eine Stunde Zeit gewährt, um das Gebäude zu räumen. Beim Versuch, die Feier endgültig zu beenden, kam es dann jedoch zu körperlichen Angriffen auf die Beamten. Aus einer großen Gruppe wurden auch Steine geworfen; ein Polizist wurde dadurch am Kopf verletzt. Darauf folgte ein mehrstündiger Einsatz, bei dem die inzwischen verstärkten Polizeikräfte Schlagstöcke zum Einsatz brachten.

Wilde Gerüchte im Netz, fast alle falsch

„Das waren keine unerheblichen Straftaten“, erklärt der Polizeisprecher die Notwendigkeit von eingeleiteten Strafverfahren „zumindest gegen die neun in der Nacht in Gewahrsam genommenen Personen“. Ermittelt wird wegen gefährlicher Körperverletzung, Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte, Landfriedensbruchs und Beleidigung. Angesichts der umfangreichen Recherchen mit einer Vielzahl von Zeugen hat die Neustadter Polizei zu dem Vorfall eine eigene Ermittlungsgruppe gebildet. Derweil kursieren in den sozialen Medien die wildesten Gerüchte. Die Kommentare reichen von „Nazi-Polizisten“ bis zum Sausenheimer Beweis dafür, was „die Frau Merkel mit ihrer Politik bewirkt hat“. Im Internet nimmt man es mit der Wahrheit offenbar nicht nur nicht genau, sondern sie spielt in diesem Fall gar keine Rolle. Etwas anderes gilt für Markus Dörrenbächer und den TuS. Für die ist erst mal wichtig, dass die „seit drei Tagen putzenden“ Mieter den Parkettboden sauber gekriegt haben. Am Dienstagabend findet nämlich der Pilates-Kurs statt. Grundsätzlich müsse mit der Stadt geregelt werden, wie es mit dem Dorfgemeinschaftshaus weitergehen soll. Der Verein könne als Eigentümer auf Dauer nicht gemeindliche Aufgaben übernehmen. So koste die Unterhaltung des Dorfgemeinschaftshauses den TuS pro Jahr etwa 5000 Euro; mit 150 Euro pro Vermietung sei dies nicht zu finanzieren. Deswegen werden demnächst Gespräche mit der Stadtverwaltung geführt. Das war aber bereits vor – und unabhängig von – der Party beschlossene Sache, um genau zu sein.

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