Grünstadt „Habe mich in Region und Leute verknallt“

Herr Urlacher, einen Roman zu schreiben und ihn dann auf der Bühne selbst in Szene zu setzen, ist schon etwas ganz Außergewöhnliches. Wie kamen Sie überhaupt auf diese Idee?

Das frage ich mich auch. So ein Wahnsinn. Und so viele schlaflose Nächte. Was hab’ ich mir nur dabei gedacht? In den vergangenen Jahren sind immer wieder Theater an mich herangetreten, um eine Fassung aus meinem Roman zu erstellen. Aber ich bin kein Fan von Romanadaptionen auf der Bühne. Das sehe ich jetzt natürlich anders. Jedenfalls dachte ich irgendwann, bevor es ein anderer tut, mache ich es lieber selbst. Und nun habe ich den Salat. In Ihrem Stück „Rückenwind“ gibt es ja mehrere Protagonisten – Anton und seinen Freund Tobias, die Palästinenserin Samar. Ist es da nicht extrem schwierig, diese Liebesgeschichte auf einen Bühnenmonolog zu reduzieren? Oh ja! Hand aufs Herz, ich hatte mir das viel leichter vorgestellt. Alleine wäre ich komplett gescheitert. Aber zum Glück habe ich in meinem Regisseur Thomas Blubacher einen tollen Sparring-Partner. Und die Bühne von Polina Liefers ist ohnehin der heimliche Hauptdarsteller des Abends. Wir spielen ja auf der Hinterbühne des Wormser Theaters, und – so viel darf ich verraten – es gibt wunderschöne Effekte. Der Ort der Hinterbühne ist ideal, da es in dem Stück ja auch um das Scheitern auf den Brettern, die die Welt bedeuten, geht. Wer musste in der Theaterfassung letztlich mehr Zugeständnisse machen, der Autor oder der Schauspieler Urlacher? Beide. Allein als Schauspieler bin ich das gewöhnt. Ich hatte mal eine Premiere, da wusste ich eine halbe Stunde vor Vorstellungsbeginn nicht, was ich spielen würde. Der Regisseur hat ständig was geändert. Überraschenderweise wurde die Premiere ein Hit. Aber keine der weiteren Vorstellungen, weil wir Darsteller uns nicht erinnern konnten, welche Version wir während der Premiere eigentlich gespielt hatten. So durcheinander waren wir. Bei der Pressekonferenz im Wormser Theater im März verrieten Sie, dass Sie das Stück lieber „Der fliegende Hoden“ genannt hätten. Warum eigentlich? Der fliegende Hoden spielt eine zentrale Rolle, steht in dem Stück für – man mag es nicht glauben – Hoffnung. Der Titel hätte die Poesie nicht transportiert. Leider. „Rückenwind“ ist griffiger, eingängiger. Welche Botschaft wollen Sie mit „Rückenwind“ transportieren? Erreichen möchte ich natürlich die Menschen aus der Region – jung, alt, egal. Die ersten Reaktionen reichen von saukomisch bis tieftraurig, und alle finden das Stück Gott sei dank sehr kurzweilig. Die Spieldauer samt Pause ist ja auch nur 100 Minuten. Die Botschaft des Stücks? Manchmal muss man auch die Häppchen essen, wo die Wurst nach oben gerollt und der Käse schwitzig ist. Aber auch das kann, nein, muss man feiern. Die Sympathien der Wormser haben Sie spätestens 2015 in der Rolle des Hagen gewonnen. War das der Grund, als Premierenort die Nibelungenstadt auszuwählen und sich so Rückenwind zu erhoffen? Wäre zumindest schön, selbigen zu erhalten. Toi, toi, toi. In der Tat hatte ich hier vor vier Jahren einen fantastischen Sommer und habe mich in die Region und Leute verknallt. Seitdem unterstütze ich die Alisa Stiftung, was mich immer wieder nach Worms führt. Nach einem anstrengenden Probentag gibt es für mich nichts Schöneres, als beim besten Italiener nördlich von Neapel zu sitzen – bei Ivo im „Tivoli“. Haben Sie vor einer solchen Uraufführung Lampenfieber? Kollegen sagen, es würde mit zunehmendem Alter nicht besser, sondern schlimmer. Oh weh. Noch bin ich recht entspannt, aber fragen Sie mich mal in wenigen Tagen. Auf der Bühne werde ich ja unterstützt von Jakob Köhler, einem großartigen Musiker aus Tirol, ganz jung, mit dem ich schon öfter gemeinsam aufgetreten bin. Das gibt Sicherheit. Noch ... TERMIN „Rückenwind“ feiert am Donnerstag, 18. Juli, um 20 Uhr Premiere auf der Hinterbühne im Wormser Theater. Eine weitere Vorstellung ist am 19. Juli. Karten gibt es unter www.nibelungenfestspiele.de.

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