Grünstadt Es gibt nur richtig oder falsch

Artur Frank ist Schiedsrichter aus Leidenschaft, und das seit 50 Jahren. Wahrscheinlich konnte er auch gar nicht anders, schon der Vater pfiff ein ganzes Leben lang auf den Plätzen der Region. Aufhören würde der Jubilar wohl nur, wenn ihn die Spieler Opa nennen würden.

«Altleiningen.»Um wirklich zu verstehen, wie lange Artur Frank schon als Schiedsrichter aktiv ist, lohnt ein Blick ins Geschichtsbuch: Im Jahr 1967 hieß der Kanzler der Bundesrepublik noch Kurt Georg Kiesinger, in Südafrika hatten Ärzte gerade zum ersten Mal erfolgreich ein menschliches Herz transplantiert und in der Fußball-Bundesliga wurde eine gewisse Eintracht aus Braunschweig tatsächlich Deutscher Meister. Zweifellos Begebenheiten, die auch heute noch historischen Wert besitzen. Ziemlich sicher aber, dass in Franks Erinnerung ein anderes Ereignis aus dem Jahr 1967 eine viel größere Rolle spielt. Denn da legte er als 15-jähriger Jugendspieler des TuS Altleiningen seine Schiedsrichterprüfung ab. Und während Eintracht Braunschweig heute von einem Meistertitel soweit entfernt ist, wie der Hamburger SV von der Champions League, pfeift Frank immer noch. Jedes Wochenende, TuS Altrip gegen VfB Iggelheim II, Croatia gegen Ellas Ludwigshafen – es gibt wohl keinen Sportplatz in der Vorderpfalz, auf dem der mittlerweile 65-Jährige noch keine Partie geleitet hat. Das Pfeifen wurde dem gebürtigen Grünstadter in die Wiege gelegt. Schon der Vater war Schiedsrichter. 55 Jahre lang. Das prägt. „Ich war oft dabei, wenn er bei Spielen war. Da rutscht man dann irgendwie rein.“ Auch als er erlebte, wie sein Vater einmal in Stahlberg handgreiflich angegangen wird, änderte das nichts an seinem Wunsch, ebenfalls das schwarze Trikot anzuziehen. Seit 1975 lebt er im Odenwald, in Neckargerach, einer Gemeinde zwischen Heidelberg und Heilbronn. Dort war er auch als Schiedsrichter aktiv. Gearbeitet hat er trotzdem immer in der Pfalz – und seit 2004 pfeift er auch wieder für seinen Heimatverein. Seitdem schnappt er sich sonntags sein Rad, fährt mit der S-Bahn vom Neckar an den Rhein und radelt dann zum Sportplatz. Auf 40 Partien kommt er mittlerweile noch im Jahr, altersbedingt darf er nur noch in C- und B-Klasse ran. Früher waren es eher 100 Spiele jährlich – und statt in der Kreisklasse musste er damals in hitzigen Verbandsliga-Derbys auch mal vor 2000 Zuschauern die Ruhe bewahren. Was andere aber ins Schwitzen bringen könnte, ist für den gemütlichen Mann mit dem Schnauzer vor allem eine schöne Erinnerung: „Das waren richtige Erlebnisse.“ Von Kay Webb, der Frau des britischen Topschiedsrichters Howard Webb, wird der schöne Satz überliefert, sie wisse nicht, wie ihr Mann das auf dem Platz hinkriege, schließlich könne er daheim ja nicht mal seine Kinder kontrollieren. Das ist tatsächlich verwunderlich, denn wenn man Artur Frank über seine liebste Wochenendbeschäftigung sprechen hört, ähnelt doch einiges der Erziehung des eigenen Nachwuchses. Ein Vorbild müsse man sein, sagt er, viel mit den Spielern reden, ruhig und mit viel Fingerspitzengefühl vorgehen. „Ich bilde mir ein, dass ich bis heute dieser Linie treu geblieben bin.“ Dabei liest und hört man ja viel über das harte Dasein als Unparteiischer auf deutschen Kreisklassenplätzen. Frank kann mit diesem Selbstbild aber nur bedingt etwas anfangen. „Es gab schon immer Leute, die sich auf den Plätzen abreagieren müssen.“ Na ja, vielleicht seien die Spieler früher doch etwas disziplinierter gewesen. „Heute ist es schon etwas krasser.“ Er ist stolz darauf, in seiner Laufbahn bisher nur einen Spielabbruch erlebt zu haben. Und der würde ihm heute aber auch nicht mehr passieren, sagt er gleich dazu. Sein Anspruch an die eigene Leistung ist nach all den Jahren immer noch hoch. Auf dem Heimweg lässt Frank jedes Spiel noch einmal Revue passieren. „Wenn acht von zehn Spielen gut liefen, habe ich eine gute Leistung gebracht. Schließlich müssen wir blitzschnell Entscheidungen treffen.“ Und da gebe es eben nur zwei Möglichkeiten: richtig oder falsch Wie lange man Artur Frank am Wochenende noch auf seinem Fahrrad durch die Vorderpfalz radeln sehen wird, weiß der Schiri-Jubilar selbst nicht. „Eigentlich wäre jetzt mal die Zeit gekommen, um Feierabend zu machen, die Spieler könnten ja meine Enkel sein. Vielleicht warte ich einfach, bis sie Opa zu mir sagen.“

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