Frankenthal Wenn der Backenkaspar davonfliegt

Der „Schummeltrompeter“ ist eine Folge von zwölf musikalischen Geschichten, die an den berühmt-berüchtigten „Struwwelpeter“ angelehnt sind. Die Städtische Musikschule Frankenthal hat das Werk ihres Dozenten Evgeni Orkin auf CD veröffentlicht (wir berichteten). Am Montag gab es das Ganze auch live im Konzertsaal zu hören.

Hans-Jürgen Thoma, der Leiter der Musikschule, erzählte dem jungen Publikum, wie Evgeni Orkin einst zu ihm gekommen sei, um seine Idee des „Schummeltrompeters“ vorzustellen. „Das heißt doch Struwwelpeter“, habe er gesagt, aber Orkin habe ihm dann erklärt, dass der „Schummeltrompeter“ musikalischer und lustiger sei, als der alte „Struwwelpeter“. Tatsächlich ist aus der literarischen Vorlage eine unterhaltsame Instrumentenkunde geworden. Eine Menge Instrumente, die man natürlich an der Musikschule lernen kann, werden vorgestellt. Die Geschichten sind nur entfernt an das Original angelehnt, das Heinrich Hoffmann im 19. Jahrhundert verfasst hat. Heute würde man den „Struwwelpeter“ als Schwarze Pädagogik ansehen, denn die Geschichten sind drastisch und drohen Kindern mit übelsten Konsequenzen bis zum Tod, wenn sie nicht gehorchen. Das ist beim „Schummeltrompeter“ nicht so – aber auch hier passieren seltsame Dinge. Der Backenkaspar bläst beim Musizieren seine Backen so auf, dass er schließlich wie ein Luftballon aussieht – und davonfliegt. Das muss man nicht so ernst nehmen, und Dizzy Gillespie, der Jazztrompeter mit den unglaublich aufgeblähten Backen, ist schließlich auch nicht weggeflogen. Robert, der eigentlich Gitarre üben sollte, vertieft sich so sehr ins Internet, dass er schließlich darin verschwindet. „Nur die Gitarre weint“, sagt Erzähler Thoma, und es ist für Kenner eine schöne Anspielung, dass die Musiker dann „While My Guitar Gently Weeps“ zitieren. Dergleichen Anspielungen gibt es noch mehr zu entdecken – aber allesamt sprechen sie eher Erwachsene an. Die Kinder im Konzertsaal hatten ein bisschen Mühe, eine gute Stunde lang dem Konzert zu folgen. Das könnte daran liegen, dass sie von der Bühne herab nie direkt angesprochen werden und keine Möglichkeit haben, selbst etwas beizutragen. Die Texte sind beim bloßen Hören für Kinder manchmal ein bisschen schwierig, da sie manchmal ungewöhnliche Satzstellungen und Worte verwenden. Vielleicht könnten hier, wie beim originalen „Struwwelpeter“, ein paar Bilder helfen, die lustigen Szenen auch optisch darzustellen. Ein paar Begriffe sollte man mit Kindern auch klären, wie etwa die „schwarzen Buben“ und den „Mohren“. Die Musiker, allesamt Lehrer an der Musikschule, haben das Konzert im Rahmen der Frankenthaler Kulturtage mit Spaß gespielt. Mit ein paar Anpassungen und etwas mehr Interaktion kann aus der guten Idee noch mehr Spaß für Kinder werden.

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