Frankenthal Was Sportlehrer und Rühreier im Pop tun

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Welche Entstehungsgeschichte steckt hinter erfolgreichen Hits von Künstlern wie Elvis Presley, den Beatles oder Pink Floyd? Radiomoderator Werner Köhler erklärt das regelmäßig in seiner Sendung „Hits and Storys“ auf SWR 1. Dass das Radioformat auch als Liveshow auf der Bühne funktioniert, bewiesen Köhler und die Band Pop History am Freitagabend im Frankenthaler Congress-Forum.

Voll war es im Großen Saal. Nur vereinzelt ein freier Platz hier, einer da. Für manch einen hätte es die Bestuhlung aber gar nicht gebraucht. Da wurde von der ersten Minute an mitgesungen, mitgewippt, mitgerockt, dass der Sitz wackelte. Fast dachte man, die Idole von einst stünden auf der Bühne. Kein Wunder: Die siebenköpfige Band – Peter Kühn, Matthias Schärf und Uwe Grau (jeweils Gitarre und Gesang), Helen Forster (Gesang), Tim Kosack (Schlagzeug), Marc Jullien (Bass) und Alexander Schaaf (Keyboard) – machte den Originalen alle Ehre, begeisterten bereits mit dem ersten Lied des Abends, Phil Collins’ „In the Air Tonight“. Besonders Frontmann Peter Kühn bewies, wie viele Stilrichtungen er beherrscht und wie wandelbar seine Stimme ist: mal geschmeidig wie Elvis Presley, mal rau und kernig wie Joe Cocker, mal energiegeladen wie Freddie Mercury. Die Zuhörer – größtenteils mittleren Alters – nahmen Werner Köhler und die Band mit auf eine musikalische Zeitreise von den 50er- bis in die 80er-Jahre – für viele sicherlich auch eine Reise zurück in die eigene Kindheit und Jugend. Da passte es gut, dass Köhler oft eigene Erinnerungen in seine Beiträge einfließen ließ. Kurios bis lustig waren die meisten der Anekdoten, die er erzählte: Wie sich Lynyrd Skynyrd nach ihrem Sportlehrer benannten, wie der King of Rock’n’Roll zu seiner ersten Gitarre kam, wie Freddie Mercury die Idee zu „Crazy Little Thing Called Love“ in der Badewanne hatte oder Keith Richards von den Rolling Stones besoffen „(I Can’t Get No) Satisfaction“ einspielte. Viele Lacher erntete die Entstehungsgeschichte von „Yesterday“ von den Beatles. Die Melodie soll Paul McCartney im Traum eingefallen sein. Da er annahm, die Musik bereits zu kennen, lief das Lied zunächst unter dem Arbeitstitel: „Scrambled Eggs“, Rühreier. Erst, als sich McCartney sicher war, dass die Melodie wirklich von ihm stammte und von keinem anderen Musiker, wurde aus den Rühreiern „Yesterday“. Sehr authentisch setzten Köhler und Pop History „Are you Lonesome Tonight“ von Elvis Presley um: Um in der richtigen Stimmung für den Song zu sein, sang Elvis den Text um 4 Uhr nachts ein – auf dem Studioboden liegend. Also legte sich auch Peter Kühn für das Lied auf den Boden. Wer sich durch die Pop-Geschichte des 20. Jahrhunderts spielt, kommt an Abba nicht vorbei. Den vier Schweden zollten die Musiker mit einem Medley Tribut, das mit „Thank you for the Music“ endete. Das Lied wird ja gerne als Rausschmeißer eingesetzt. Pop History legte mit „Sweet Home Alabama“ und „Don’t you (Forget about Me)“ noch nach, und riss die Zuhörer endgültig von den Stühlen. Dass das Konzert mit über drei Stunden Dauer etwas zu lang geraten war, schien die Mehrheit nicht zu stören. Nicht immer sind die Geschichten, die hinter den Lieder stecken, zum Schmunzeln. Zum Beispiel David Bowies „Heroes“, geschrieben 1987 im durch die Mauer geteilten Berlin. Der Stimmung im Saal taten die etwas leiseren Momente jedoch keinen Abbruch – im Gegenteil: Mit Bette Midlers „The Rose“ sorgte Sängerin Helen Forster für Gänsehaut, ebenso mit „Mercedes Benz“, das sie, wie Janis Joplin kurz vor ihrem frühen Tod, ohne Begleitung der Instrumente ins Mikro schmetterte. Mit nachdenklichen Tönen entließ Werner Köhler das Publikum: „We Are the World“, 1985 von Michael Jackson und Lionel Richie geschrieben, um Spenden für die Hungersnot in Äthiopien zu sammeln, sei heute so aktuell wie damals. „Das Lied handelt von menschlicher Wärme. Und die brauchen wir heute mehr denn je“, fand Köhler. Recht hat er.

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