Frankenthal Versunken der eine, energisch die andere

Leidenschaftlich und sinnlich war der Vortrag des Ensembles Concerto EQuadro am Sonntagnachmittag in der protestantischen Kirche Lambsheim. Vielleicht war es dem EM-Spiel der deutschen Fußballer geschuldet, dass nur knapp 50 Besucher kamen, die „Raritäten des Barock“ zu hören.

Wer kam, wurde fürstlich belohnt. Kein Wunder, standen doch damals die Komponisten Franz X. Richter und Evaristo F. Dall’Abaco in den Diensten von Kurfürsten und Kirchenfürsten, lediglich Georg Philipp Telemann komponierte auch für die städtische Oberschicht, wohlhabende Kaufleute, Kapitäne und Reeder, die ebenso fürstlich genießen wollten. Mit der Sinfonia g-Moll von Richter eröffnete das Concerto EQuardo unter der Leitung von Felicitas Laxa die Programmfolge. Der Senior unter den Komponisten der Mannheimer Schule kam wie so viele Musiker in Mannheim aus den heute in Tschechien liegenden Landstrichen Böhmen und Mähren. Ab 1747 stand er als Sänger (Bass), Geiger und Komponist in Diensten von Kurfürst Carl Theodor. 1769 ging er als Kapellmeister an das Münster in Straßburg, wo er im Revolutionsjahr 1789 starb. Somit darf man ihn gerne der Mannheimer Schule zuordnen, und doch blieb seine Musik im Barock verwurzelt. Zwar brach er die starren Formen auf, lieferte einen Beitrag zur Vorklassik, doch die im letzten Drittel des Jahrhunderts erklingende sinfonische Mannheimer Tradition war schon eine ganz andere Welt. In Richters Sinfonie tastete sich das Kammerorchester im Adagio ganz vorsichtig, fast schüchtern an das Werk heran, um dann umso vehementer in der Fuga und dann dem Schlusssatz furios spätbarocker Tonarchitektur zu frönen. Den etwa 30 Jahre älteren Telemann hatte das Mannheimer Orchester gleich zweimal auf dem Programm. Das Concerto für Violine in G-Dur sollte Hiroaki Furukawa Gelegenheit bieten, mit gefühlvoller eleganter Spielweise zu beeindrucken. Während Felicitas Laxa eher in forscher, zupackender Art, mit energischem Strich, einem agitatorischen Unterton und Liebe zur Hochgeschwindigkeit agierte, blieb der Japaner eher reserviert und in die Musik versunken. Beide Künstler sind Mitglieder der Staatsphilharmonie in Ludwigshafen und kontrastierten sehr reizvoll in Telemanns Konzert für zwei Violinen G-Dur. Mit ihrer virtuosen, an historischer Aufführungspraxis orientierten Spielkunst zeichneten sie schöne, facettenreiche Klangbilder. Sämtliche Streicher des Orchesters spielen auf nachgebauten, historischen Instrumenten. Sie sind mit Darmsaiten bespannt und liefern einen rustikaleren, perkussiveren Ton als heutige stahlbesaitete Instrumente. Dennoch war gerade der Kontrast zwischen Laxa und Furukawa der Beweis für die Vielfalt der Klangmöglichkeiten. Das Orchester – mit den im Stehen gespielten Violinen und Violen, mit Cello, Kontrabass und Cembalo – hatte Laxa bestens eingestellt. Man spielte auf Blickkontakt, das Trio von Cello, Bass und Continuo erwies sich als tragfähige Basis, die selbst bei tempomäßigen Parforceritten wie ein unerschütterlicher Fels in der tobenden Brandung stand. Der zweite Teil des Konzertes war ganz dem italienischen Geiger, Cellisten und Komponisten Evaristo Dall’Abaco gewidmet. 1675 in Verona geboren, war er ab 1704 Kammermusiker am Münchener Hof. Mit vier Concerti aus seinem Opus sechs ließ Concerto EQuadro das Konzert ausklingen. Festliche Barockmusik mit eindeutiger Struktur und großem, filigranen kompositorischen Reichtum war nun angesagt. Nochmals jubelten die Geigen. Die schöne Akustik der Kirche in Lambsheim macht sie auch als Ort für Aufnahmen begehrt. Eine CD hatten die Künstler schon in dem leeren Gotteshaus aufgenommen, und auch das Konzert wurde aufgezeichnet.

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