Frankenthal Sangesfreude und Präzision

Gut besucht war am späten Sonntagnachmittag das Konzert des Mannheimer Kammerchors Concerto Cantabile in der protestantischen Kirche in Lambsheim. Chorleiterin Christiane Michel-Ostertun hatte ein Programm selbst für höchste Ansprüche ausgewählt, das sie mit zwei Orgelwerken ergänzte.

Concerto Cantabile eroberte sein Publikum schon mit den ersten Klängen einer doppelchörigen Motette von Johann Pachelbel: „Singet dem Herrn ein neues Lied“. Mit diesem fröhlichen Gotteslob zeigte sich die mitreißende Sangesfreude und Präzision des zwischen Männer- und Frauenstimmen sehr gut ausgewogenen Chors. Leiterin Christiane Michel-Ostertun weiß, was sie dem knapp 30-köpfigen Ensemble zutrauen kann. Der von Heinrich Schütz vertonte Evangelientext „Die Himmel erzählen die Ehre Gottes“ erklingt sechsstimmig – wie von Wogen getragen erfüllt der Klang den Kirchenraum. Henry Purcells „Hear My Prayer, oh Lord“ singt der Chor sogar achtstimmig. Akkurate Chorarbeit beweist auch Johann Sebastian Bachs Motette „Komm, Jesu, komm“. Mitreißend, bewegend, voller Leichtigkeit und Freude gesungen, berücksichtigt er die für Bach so wichtige Verbindung zwischen Wort und Musik. Ebenso einfühlsam wird moderne Chorliteratur interpretiert: Wie ein gregorianischer Gesang hebt das „Kyrie“ aus der Messe des Schweizer Komponisten Frank Martin an. Die Melodieführung liegt überwiegend bei den Frauenstimmen, die Männerstimmen setzen wie tiefer Glockenklang Akzente. Eindrucksvoll wirkt das „Agnus Dei“, das sich durch seinen unterschwelligen Rhythmus im Kopf festsetzt. An Hammerschläge, dann an den Gleichschritt marschierender Soldaten erinnert er und verleiht der Bitte „Donna nobis pacem“ einen ganz besonderen Nachdruck, bevor mit Felix Mendelssohn Bartholdys „Denn er hat seinen Engeln befohlen über dir“ – eines der schönsten Werke deutscher Kirchenmusik – noch einmal der schützende Gott angesprochen wird. Weitere Höhepunkte sind Christiane Michel-Ostertuns Orgelwerke: eine „Partita“ von Bach über ein Abendlied mit sechs schlichten bis majestätischen Variationen und passend dazu drei eigene Kompositionen über die Abendstunden. „Der Tag nimmt ab“ ist anfangs hell, schlicht, klar in der Melodieführung, erinnert ansatzweise an das Lied „Guten Abend, gut’ Nacht“ und schiebt mit dunklen vollen Klängen nach und nach die Helligkeit des Tags beiseite. „Der Abendfrieden“ klingt moderner, stellenweise wie ein Kinderlied, in das sich verstörende Dissonanzen mischen, als tauchten im Frieden der Dämmerung Gedanken an Turbulenzen des Tages auf. In „Der weiße Nebel“ sieht der Besucher gleichsam den Nebel aufsteigen. Anklänge an „Der Mond ist aufgegangen“ verstärken den Eindruck ebenso wie Tonfolgen, die wie Einsprengsel an Momente in Debussys Werk „La Mer“ erinnern. Andächtig still ist es in der Kirche. Der letzte Ton ist kaum verklungen, als sich der Applaus laut, herzlich und anhaltend Bahn bricht.

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