Frankenthal Nur Lob

Selten kann man über ein Konzert sagen, die Interpreten hätten alle Werke prägnant, ausdrucksvoll und virtuos dargeboten. Beim Porzellankonzert am Freitagabend im Rathausfoyer haben sich die Mitglieder des Trios Sanssouci, Sohee Oh (Flöte), Sigrun Meny-Petruck (Oboe) und Hans-Jürgen Thoma (Cembalo) dieses Lob verdient.

Die drei boten größtenteils kaum bekannte Werke aus Barock und Vorklassik in spannungsvollem Wechsel, sodass dem Publikum der hohe Rang einiger oft als zweitklassig betrachteter Komponisten deutlich wurde. Besonders hervorzuheben ist die erstaunliche Konzentration, mit der die Musiker trotz der von der benachbarten Eisbahn hereindringenden dumpfen Rockmusik sogar noch die zartesten Momente der Kompositionen zur Wirkung brachten. Georg Philipp Telemanns eingangs gespieltes Concerto G-Dur für Flöte, Oboe und Cembalo zeigte dessen besondere Kunst, in seine Musik Vitalität und Feuer zu legen, ohne jemals seicht zu sein. Die drei Musiker spielten dynamisch ausgewogen, elegant, geschmeidig und perfekt zusammen. Flöte und Oboe wetteiferten virtuos in technisch anspruchsvollen Passagen der beiden schnellen Sätze. Der Cembalist bot ein sicheres rhythmisches Fundament, dabei belebte er seinen Part mit nie übertriebenen kleinen Auszierungen. Besonders im langsamen Satz regte er seine Mitspielerinnen zu geschmackvollen kleinen Temponuancen an, die die Zuhörer bezauberten. In den Variationen über „Les Folies d’Espagne“ für Flöte und Cembalo von Marin Marais beeindruckte Sohee Oh mit fast unglaublicher Geläufigkeit. Das Werk dürfte eher für die Violine komponiert sein – einige der Spielfiguren waren zur damaligen Zeit auf der Flöte wohl nicht ausführbar. Auch das Cembalo war entgegen Thomas einschränkender Vorbemerkung sehr gefordert. Fast noch mehr als die technischen Leistungen der beiden beeindruckte die überlegene Gestaltung der anspruchsvollen Komposition: Die Musiker verliehen jeder einzelnen Variation einen anderen, ihr angemessenen Charakter und machten dennoch den großen formalen Bogen des Werks deutlich. Johann Philipp Kirnbergers Sonate für Oboe und Cembalo ist typisch für den vom flötenspielenden Preußenkönig Friedrich II geschätzten „Berliner Stil“: Bei aller noch vorhandenen gelehrten Kontrapunktik tritt eine eingängige, empfindsam genannte Melodik in den Vordergrund. So bekam Sigrun Meny-Petruck Gelegenheit, außer ihrer souveränen Beherrschung der Läufe im schnellen Schlusssatz immer wieder die besonderen gesanglichen Qualitäten ihres Oboespiels zu demonstrieren; einige an- und abschwellenden Töne im Adagio zeugten von ihrer Kenntnis der barocken Aufführungspraxis, waren aber erfreulich dezent angebracht. Geradezu als fremdartiges Juwel präsentierten sich Thema und zwei Variationen für Cembalo allein aus Bachs „Goldberg-Variationen“. Thoma spielte schon das Thema in rhetorischer Freiheit, doch so, dass der rhythmische Fluss nicht ganz verloren ging, und belebte die folgende Variation 13 durch sehr sprechende Artikulation in beiden Händen. Die abschließende Variation 25 dürfte manchen Zuhörer in ihrer abgründigen Herbheit fast verstört haben, obwohl Thoma in seinen einführenden Worten vor den unerhörten Harmonien gewarnt hatte, die ihrer Zeit um Jahrhunderte voraus gewesen seien. Die Qualitäten des Trios zeigten sich auch in Carl Philipp Emanuel Bachs Triosonate A-Dur, die in der Tat, wie Thoma einführend erläutert hatte, sehr an Joseph Haydn, besonders an seine frühen Klaviersonaten erinnerte. Der langsame Satz mit seiner edlen, weit geschwungenen Melodik wies, so schön empfindsam gespielt, schon auf die Romantik hin. Wie immer erfreute Hans-Jürgen Thoma mit einer besinnlichen Weihnachtsgeschichte und informativen, unterhaltsamen Anmerkungen zu den Komponisten. Wie hart das Leben in Leipzig für Bach war, vor allem nach den angenehmen Jahren am Hof zu Köthen, wie hartnäckig und vergeblich er sich nach anderen Stellungen umsah, dürften viele nicht gewusst haben; manche Details über das Leben des heute weit unterschätzten Telemann brachte dem Publikum den vielseitigen Musiker auch menschlich näher. Nach gemeinsam gesungenen Weihnachtsliedern – wie immer man dazu stehen mag – bedankten die Zuhörer sich mit lang anhaltendem Beifall.

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