Frankenthal Noch Vorbehalte gegen Friedhofskonzept

Die Bestattungskultur ändert sich zwar in den Vororten nicht so dramatisch wie in der Stadt, doch langfristig können nach Ansicht des Eigen- und Wirtschaftsbetriebes Frankenthal (EWF) zumindest in Flomersheim, Eppstein und Mörsch größere Friedhofsteile entwidmet und für andere Zwecke verwendet werden.

Dass dieses Thema noch viel Diskussionsstoff birgt, zeigte eine gemeinsame Sitzung aller vier Ortsbeiräte am Dienstag, bei der die neuen Leitlinien für die Entwicklung der Friedhöfe vorgestellt wurden. In allen Friedhöfen gebe es große Flächen, die in Zukunft nicht mehr gebraucht würden, erklärte Bürgermeister Martin Hebich (CDU). Das liege unter anderem daran, dass die traditionelle Sargbestattung rückläufig sei, mehr Urnengräber oder andere Bestattungsformen mit weniger Flächenbedarf gewünscht würden, aber auch am demografischen Faktor. Zu viel an Fläche bedeute einen hohen Pflegeaufwand und damit höhere Gebührensätze. Hebich stellte die Leitlinien mit EWF-Betriebsleiterin Astrid Anders und dem Abteilungsleiter der Friedhofsverwaltung, Sven Maschur, im Betriebsgebäude am Nachtweideweg den Ortsbeiräten vor. Grundlage für deren Erarbeitung bildeten ein in Auftrag gegebenes Freiraumkonzept der Landschaftsarchitekten Hofmann und Röttgen und ein wirtschaftliches Gutachten des Instituts für kommunale Haushaltswirtschaft (IKH), die zusammen rund 27.000 Euro kosteten. Die Planer gehen in ihrem Ausblick bis in die 2050er-Jahre davon aus, dass auf bis zu 50 Prozent der bisherigen Friedhofsfläche verzichtet werden kann. Auch dann gebe es noch genügend Reserven. Einem möglichen Einwand trat Hebich gleich entgegen: Anders als in dem IKH-Konzept vorgeschlagen, sollen die Trauerhallen in den Vororten erhalten bleiben. „Das ist politischer Wille.“ Welche andere Nutzungen auf den freiwerdenden Flächen umgesetzt werden können, soll noch diskutiert werden. Angedacht ist, neben Grünflächen auch Bauland auszuweisen. Damit die Friedhofsflächen entwidmet werden können, ist es nötig, dass in diesen Bereichen in absehbarer Zeit keine Neuvergaben für Bestattungen mehr erfolgen. Neben dem allseitigen Lob dafür, dass solche Leitlinien vorgelegt wurden, gab es im Detail in jedem Vorort reichlich Diskussionsstoff. Insbesondere die CDU-Fraktion des Ortsbeirates Eppstein stieß sich an der in der Vorlage genannten Vorgabe, dass die Umwidmung der Flächen in Eppstein spätestens 2045 erfolgen soll. Hans Dropmann und Heinz Zimmermann sahen die Zukunftsplanungen der bisherigen Grabinhaber „überfahren“. Bei einer Mindestliegezeit von 20 Jahren könnten in diesen Bereichen schon bald keine Neube-stattungen mehr erfolgen. Damit würde nach Ansicht der Eppsteiner CDU jenen vor den Kopf gestoßen, die in einem Familiengrab bei ihren Angehörigen bestattet werden wollen. Hebich und Anders versicherten zwar, dass immer nach individuellen Lösungen gesucht werden soll, doch in einer Sitzungsunterbrechung handelten die Eppsteiner heraus, dass die Jahres-Zielvorgabe auf 2050 erhöht wird. Die Eppsteiner rangen dem Bürgermeister zudem das Versprechen ab, eine Bürgerversammlung einzuberufen. Gerhard Bruder (Grüne) mahnte, man dürfe nicht alles unter dem ökonomischen Aspekt betrachten. Auch in den Vororten seien die Friedhöfe Rückzugsgebiete und gesellschaftliche Treffpunkte. Bruder störte sich an der etwas flapsigen Sprache des Wirtschaftsgutachtens, in dem zu lesen ist, dass die Bürger mehr in Urlaub fahren möchten und weniger Grabpflege betreiben wollen. „Auf welchem Weg ist diese Gesellschaft?“, fragte Bruder. Der Grüne konnte sich mehr mit der Umwandlung in Grünflächen als mit der Ausweisung von Bauland anfreunden. Für Flomersheim bedauerte er, dass ausgerechnet der schönste Friedhofsteil mit alten Grabanlagen und Denkmal wegfallen soll. Auch in Mörsch und Studernheim gab es punktuell Bedenken und Einwände, am Ende stimmten aber alle Ortsbeiräte einstimmig den neuen Leitlinien zu. (nt)

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