Frankenthal Karaoke im Kühlhaus

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„Wann ist ein Mann ein Mann?“ – die philosophische Seite dieser Frage nach dem männlichen Selbstverständnis besang Herbert Grönemeyer bereits vor über 30 Jahren in seinem Titel „Männer“. Das Gefühl können die vier Protagonisten in der Karaoke-Komödie „Machos auf Eis“ wohl auch in der heutigen Zeit nur allzu gut nachempfinden. Am Theater Alte Werkstatt Frankenthal feiert das Stück morgen Premiere.

In „Machos auf Eis“ sperren sich vier Männer während einer Hochzeitsfeier versehentlich in ein Kühlhaus ein – später stößt noch eine Frau hinzu. Um der Langeweile zu entrinnen, singen sie Karaoke und – wie es so ist, wenn man stundenlang mit Fremden im Kühlhaus eingesperrt ist – kommen ins Gespräch. Dabei geht es nicht nur um oberflächlichen Small Talk. Die vier verhandeln auch die elementarsten Themen des Diskurses über Männlichkeit: Pinkelt ein echter Mann im Stehen oder im Sitzen? Jeder der Protagonisten verkörpert Aspekte eines bestimmten Typs Mann: den Softie, den Macho, den Romantiker oder das „Babyface“. Doch was davon ist nun der Kern der Männlichkeit? Wie definiert sich der Mann von heute? Wir haben mit den Darstellern des Stücks über das Mannsein in der heutigen Zeit gesprochen. Dass diese Fragen nicht leicht zu beantworten ist, darüber sind sich die Darsteller einig. „Die Geschichte der Männlichkeit ist eine Geschichte voller Missverständnisse“, meint etwa Tobias Brohammer, der in dem Stück den überdrehten Karaoke-DJ Sandro spielt. Aspekte der Männlichkeit hätten sich im Laufe der Zeit gewandelt. Wurde ein Mann früher beispielsweise als solcher betrachtet, wenn er anderen Geschlechtsgenossen, wie Brohammer es ausdrückt, „ordentlich die Fresse polierte“, würde heute hingegen zunehmend die Rolle des Hausmannes akzeptiert, der die Kinder hütet. Der maskuline Aspekt von DJ Sandro sei jedoch ein anderer. „Das Männliche an meiner Figur ist: Wenn man sich total lächerlich macht und am Ende trotzdem der Held ist“, interpretiert Brohammer, den das TAW-Publikum bereits aus Produktionen wie „Der Weihnachtsmann tankt super“ und „Im weißen Rössl“ kennt. „Man könnte sagen, DJ Ötzi ist das männliche Leitbild von Sandro.“ Das Gegenteil von Chaot Sandro ist der Macho Oliver, ein Frauenheld. „Oliver hat ein Bild von Männlichkeit gefunden, das in Bezug auf andere schwer aufrecht zu erhalten ist“, sagt Jan Westphal, der in der Rolle des Machos sein Schauspiel-Debüt am TAW gibt. Ein „einfaches Grundkonzept“ lege Oliver der Welt zugrunde, der sich „konservative Werte“ bewahrt habe. Doch ob die ihn weit bringen, hält Westphal für fraglich: „Der Mann von heute muss sich fragen, wo er nach der Emanzipation der Frau steht. Oliver reagiert plump dagegen, indem er behauptet, dass Männer immer noch die Hosen anhaben.“ Zumindest Taxifahrerin Gönül (Silke Ohndorf), die einzige Dame in der Kühlhausrunde, kann ihn da eines Besseren belehren. Die emanzipierte Türkin stellt sich gegen die klassische Rollenverteilung, die ihre Eltern ihr vorleben, und steht ihren Mann. Gönül weiß, wer sie ist: „Sie ist in ihrem Selbstbildnis ziemlich fertig – im Gegensatz zu den Männern, die sich noch suchen“, erklärt Regisseur Danilo Fioriti. „Für Gönül ist es vollkommen normal, dass sie in High Heels Taxi fährt.“ Einen Macho will Gönül für sich zwar nicht. Was sie von einem Mann ansonsten erwartet, darüber ist sich die junge Frau jedoch nicht im Klaren: „Mal will sie den fürsorglichen Gentleman, im nächsten Moment aber möchte sie für sich selbst einstehen. Es ist sehr situationsabhängig bei ihr“, sagt Ohndorf. Wie Männlichkeit in der Gesellschaft definiert wird, ist in den Augen der Schauspielerin Trendsache: „Männer lassen sich stark beeinflussen von männlichen Vorbildern oder von dem, wie Frauen sich Männer vorstellen.“ Auch Danilo Fioriti, der mit dem Stück am TAW zum ersten Mal als Regisseur in Erscheinung tritt, sieht eine sich im Wandel der Zeit verändernde Männlichkeit, die sich nicht in ein starres Gefüge pressen lässt. Den Zugang zum Selbstbild suchen jedoch laut Fioriti, nicht nur die Herren der Schöpfung: „Die Welt ist furchtbar komplex. Die Dinge sind heutzutage komplizierter. Gleichzeitig aber ist das Potenzial, glücklich zu werden, um ein Vielfaches größer.“ Das gilt hoffentlich auch für die Protagonisten des Stücks, sofern sie denn am Ende den Weg aus dem Kühlhaus finden. Karten Premiere von „Machos auf Eis“ morgen, 17. September, 20 Uhr, im Theater Alte Werkstatt. Kartenreservierung und Informationen über die weiteren Aufführungen unter www.tawfrankenthal.de.

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