Frankenthal Heißer Ritt auf den Saiten

Drei klangschöne Kompositionen französischer Meister, ein kultiviert aufspielendes Sinfonieorchester und eine exzellente Instrumentalsolistin ließen am Donnerstagabend im Congress-Forum die Herzen der Liebhaber klassischer Musik höher schlagen. Einziger Wermutstropfen: Der große Saal war mit rund 250 Besuchern nur gut zur Hälfte besetzt.

Die 1989 in Rottweil geborene Cellistin Janina Ruh, die kurzfristig für die erkrankte Kostanze von Gutzeit eingesprungen war, war deutlich mehr als nur Ersatz. Das sehr anspruchsvolle Konzert für Violoncello und Orchester Nr. 1 in a-Moll von Camille Saint-Saëns schien für die brillante Spieltechnik der jungen Musikerin geradezu geschaffen. Traumhaft sicher in den schnellen Läufen und hohen Lagen brachte sie ihr Instrument, das 1845 vom französischen Geigenbauer Jean Baptiste Vuillaume gefertigt wurde, regelrecht zum Singen. Bei den kontrastierenden Themen war Ruh in bezaubernder Harmonie mit dem Orchester zu hören, das bei den Tuttipassagen ebenfalls reizvolle Akzente setzte. Während der menuettartige Mittelsatz von moderatem Tempo und lyrisch-warmer Tonsprache geprägt war und stellenweise ein wenig an den legendären „Schwan“ aus dem „Karneval der Tiere“ von Saint-Saëns erinnerte, gab Ruh beim Finale noch einmal alles. Sie brillierte mit einem heißen Ritt auf den Saiten. Es war ein Paradestück, bei dem sie ihre virtuosen Qualitäten entfalten konnte. Das begeisterte Publikum erklatschte sich anschließend eine Zugabe. Und die war vom Feinsten: Die Cellistin spielte den Titel „Das Buch“ des zeitgenössischen lettischen Komponisten Peteris Vasks überaus einfühlsam und mit Unterstützung ihrer schönen Singstimme. Mit der Vogtland Philharmonie, die 1992 nach einer länderübergreifenden Fusion in Sachsen und Thüringen aus der Taufe gehoben wurde, präsentierte sich in Frankenthal ein auf beachtlichem Niveau musizierender Klangkörper. Schon bei der einleitenden viersätzigen Orchestersuite „Masques et bergamasques“ von Gabriel Fauré, einem im Jahr 1918 geschriebenen Auftragswerk für Prinz Albert I. von Monaco, überzeugten die Philharmoniker durch rhythmische Exaktheit und nuancierte Dynamik. Die tänzerischen Elemente des Stücks kamen ebenso gut zur Geltung wie die hübschen Melodiebögen. Streicher- und Bläsergruppen lieferten ein homogenes Klangbild. Chefdirigent David Marlow hatte seine diszipliniert agierenden Musiker alle voll im Griff – auch wenn er auf ausladende Bewegungen weitgehend verzichtete. So wurde denn auch die Sinfonie Nr. 1 in C-Dur des Franzosen Georges Bizet, die zu Lebzeiten des „Carmen“-Komponisten nie gespielt wurde, zu einem echten Hörerlebnis für die Besucher. Die spieltechnischen Herausforderungen wurden bravourös gemeistert, die Vogtländer gestalteten das Werk prägnant und transparent. Der gute Laune versprühende erste Satz „Allegro vivo“ aus der Sinfonie des 1875 gestorbenen Komponisten hielt springlebendige Motive für die Streicher bereit. Dazu gesellten sich imposante Wechsel zwischen Holzbläsern und Streichinstrumenten. Hübsch ausmusizierte Kantilenen wurden von der Solooboe an das erste Horn weitergeleitet. Unüberhörbar war im Adagio die opernhafte Melodik. Hier hatte die Oboistin Juliane Sigler mit einem orientalisch kolorierten, arienhaften Thema ihren ganz großen Auftritt. Die Pizzicato-Begleitung entbehrte nicht eines gewissen operettenhaften Charmes. Nach dem munteren Scherzo bescherte die Vogtland Philharmonie im furiosen Finalsatz mit dahineilenden Sechzehntelfiguren in den Violinen einen flotten Kehraus. Der Beifall des Publikums – auch wenn der Saal nur gut zur Hälfte besetzt war – war für einen großartigen Konzertabend überaus herzlich.

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