Frankenthal Fenster zur Kunst der 50er-Jahre

Die Ausstellung „Alo Altripp und Zeitgenossen – Gegenstand und Abstraktion“ im Schloss Kleinniedesheim öffnet ein Fenster zur Pfälzer Kunst der 50er-Jahre. Gezeigt werden neben Alo Altripp Arbeiten von Werner Gilles, K. O. Götz, Rolf Müller-Landau, Robert Preyer, Thomas Schubert, Willy Weglein und Theodor Werner. Die Exponate stammen aus einer Darmstadter Sammlung, die auf Bildhauerei und Grafik des 20. Jahrhunderts fokussiert ist; der Leihgeber will allerdings nicht genannt werden.

Nicht alle der gezeigten Künstler waren Pfälzer oder haben in der Pfalz gewohnt, doch sie wirkten beispielsweise durch ihre Lehrtätigkeit in die Pfalz hinein wie Werner Gilles oder Robert Preyer. In die französisch besetzte Region strömte die neue Kunst aus Paris ein und brachte ihr eine Vorreiterrolle in deren allgemeiner Durchsetzung. Hier entwickelte sich ein Zeitstil von spezifisch pfälzischer Ausprägung auf dem Weg zur Abstraktion. In der Mehrzahl der ausgestellten Werke ist der zu Grunde liegende Gegenstand noch deutlich zu erkennen. Die Transformation hebt ihn auf eine höhere metaphysische Bedeutungsebene. Diesen heute vielfach vergessenen Beitrag der Region ruft Thomas Duttenhoefer, Bildhauer und Kurator der Ausstellung, wieder ins Bewusstsein. Selbst aus jenem fruchtbaren Boden hervorgegangen, kennt er ihn besser als jeder andere. Duttenhoefer wurde in Speyer geboren, studierte in Wiesbaden unter Alo Altripp und Robert Preyer, wohnt in Darmstadt und ist Professor an der Mannheimer Hochschule für Gestaltung. Der Name Alo Altripp ist der Schau von 25 meist kleinformatigen Werken vorangestellt. In diesem Jahr ist sein 25. Todestag und sein 110. Geburtstag. Geboren im damals dörflichen Altrip, von dem er seinen Künstlernamen ableitete, ist er der zugleich pfälzischste und am wenigsten pfälzische unter den vorgestellten Künstlern. Er ging nicht den Weg über die Abstraktion, sondern schuf sich gleich seinen Kosmos abstrakter gerundeter Formen. Die Freundschaft mit Alexej Jawlensky und Paul Klee mag dazu beigetragen haben. Eine Miniatur von 1937 belegt diese frühe Positionierung. Sie ist in Öl, oszilliert stilistisch zwischen expressiv und informell, wendet schon die Technik, des Wiederauskratzens an und heißt schlicht „Komposition“. Die späteren Arbeiten von den 50er-Jahren bis zu seinem Tod 1991 nehmen im Pfälzer Stil der Abstraktion eine Sonderstellung ein. Ihre geschlossenen Formen in edler Farbästhetik kreisen in sich selbst ohne jeden Bezug auf Gegenständliches. Der charakteristischste und wohl auch wirkmächtigste dieses Stils ist der früh verstorbene Rolf Müller-Landau. Er nannte sich nach der Stadt, in der er seit seiner Kindheit lebte. Das kleine Ölgemälde „Landschaft mit Pferden“ von 1948 liegt noch auf der Linie von Haueisen und Purrmann. Drei Arbeiten aus der ersten Hälfte der 50er-Jahre sind im neuen Stil gestaltet, der die auf die unmittelbare Nachkriegszeit folgenden zwei Jahrzehnte prägen sollte. Es sind Farbschnittmonotypien; in der Optik zwischen Linolschnitt und Monotypie, den für die Zeit charakteristischen Techniken. Die Sujets sind nicht mehr naturverbunden, sondern spirituell. Räumlich hatte Werner Gilles kaum mit der Pfalz zu tun, aber das kleine Ölgemälde und vier Lithografien sorgen für ein Aha-Erlebnis, hat man doch hierzulande Ähnliches bei vielen Künstlern gesehen: die flächige Gestaltungsweise, die mythologischen und christlichen Themen, die formale Art der Abstraktion. Gilles fand schon unmittelbar nach dem Krieg zu diesem Stil. Robert Preyer liefert den Beweis, welchen Einfluss die Zeit auf einen Künstler hat. Er wirkte neben Altripp zwei Jahrzehnte in Wiesbaden. Drei Farblithografien aus den 60er-Jahren – eigentlich sind sie in farbigem Grau – zeigen eine weit vorangetriebene Abstraktion antikisierender Architekturmotive. Die mediterrane Vegetation eines gedämpft grünen Ölbilds, das Preyer 2010, vier Jahre vor seinem Tod malte, folgt dem aktuellen Ruf nach Figuration, jedoch in verhaltener, geradezu meditativer Farbigkeit. Von den anderen vier Zeitgenossen sind nur ein oder zwei Arbeiten vertreten. So von K.O. Götz, der in Düsseldorf Professor war, und von dem 1985 jung verstorbenen Willy Weiglein, der wenig über seine Geburtsstadt Speyer hinausgekommen ist. Öffnungszeiten „Alo Altripp und Zeitgenossen – Gegenstand und Abstraktion“ bis 15. Mai im Schloss Kleinniedesheim: sonn- und feiertags 10 bis 12 und 15 bis 18 Uhr.

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