Frankenthal „Das passiert nicht beim Abrutschen“

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Das Bürgerhaus in Oppau war am Donnerstagabend gut gefüllt. 600 Leute wären untergekommen, etwa 350 Plätze waren belegt. BASF-Vorstandsmitglied Margret Suckale, Oberbürgermeisterin Eva Lohse (CDU) sowie die Feuerwehrchefs von BASF und Stadt, Rolf Haselhorst und Peter Friedrich, informierten über den Ablauf des Unglücks. Dann bestand für das Publikum die Möglichkeit, Fragen zu stellen.

Die wichtigsten Themen: Wie konnte es zu dem Unglück kommen? Laut BASF-Werksleiter Uwe Liebelt sollte eine Firma für Rohrleitungsbau im Nordhafen an einer geleerten und gespülten Propylen-Pipeline drei Rohrleitungsstücke austauschen. Die Firma stammt aus der Region und arbeitet seit Jahrzehnten mit der BASF zusammen. Die Firma habe bereits zwei Tage vor dem Unglück an dem Rohr gearbeitet und sei täglich kontrolliert worden. Einer der beiden Mitarbeiter habe am dritten Tag eine mit Raffinat gefüllte benachbarte Leitung angeschnitten. „Uns ist nicht erklärlich, wie es zu diesem menschlichen Versagen kommen konnte“, sagte Liebelt. Die Staatsanwaltschaft sei dabei, den Fall aufzuklären. „Diesen Zustand empfinde ich als Bürger von Ludwigshafen beunruhigend“, sagte ein Anwohner. Ist der Arbeiter mit der Flex abgerutscht und hat deshalb die falsche Leitung erwischt? Laut Liebelt handelt es sich um einen 15 Zentimeter langen Schnitt in einem acht Millimeter starken Rohr. „Das passiert nicht beim Abrutschen.“ Wieso gibt es vier Todesopfer und wie geht es den Verletzten? Aus der angeschnittenen Pipeline trat Raffinat aus, das sich vermutlich durch Funkenflug entzündete. Der Brand in einem Rohrgraben unterfeuerte eine benachbarte Ethylenleitung. Es kam zur Explosion, bei der ein Teil der brennenden Leitung 30 Meter weit in Richtung Kai geschleudert wurde. Dort wollte die BASF-Werkfeuerwehr gerade Wasserwerfer aufbauen, um die Leitungen zu kühlen, wie Wehrleiter Haselhorst erläuterte. Drei Schwerverletzte lägen noch im Krankenhaus, andere seien in der Reha und auf dem Weg der Besserung. Wurden bei den Arbeiten alle Sicherheitsstandards eingehalten? „Ja“, sagte Werksleiter Liebelt. Der Einsatz eines Winkelschleifers (Flex) sei genehmigt worden. Vor dem ersten Schnitt an der leeren Pipeline habe es eine ausführliche Planung und eine Einweisung gegeben. Das Rohr sei gekennzeichnet worden, ein BASF-Meister vor Ort gewesen. Warum ist das Unglück trotzdem passiert? „Wir können uns das beim besten Willen nicht erklären“, sagte Standortleiterin Suckale. Es sei Sache der Staatsanwaltschaft, dies aufzuklären. Liebelt meinte: „Wir haben die Arbeitsprozesse untersucht. Es ist alles nach unseren Standards abgelaufen.“ Suckale betonte: „Wir werden alles daran setzen, dass sich so etwas nicht mehr wiederholt.“ Birgt der Einsatz von Fremdfirmen Risiken bei der Sicherheit? „Das sind mittelständische Firmen, die absolut in der Lage sind, bei der BASF zu arbeiten“, sagte der Werksleiter. Alle Firmen müssten umfangreiche Sicherheitsauflagen erfüllen. „Wir arbeiten sehr sicher – auch wenn Fremdfirmen im Einsatz sind“, sagt Liebelt. Standortleiterin Suckale ergänzte: „Wir prüfen genau, ob eine Firma in der Lage ist, für uns zu arbeiten. Und wir nehmen nicht nur die billigsten Anbieter.“ Der größte Teil der beauftragten Firmen seien deutsche Mittelständler, die von den Aufträgen der Industrie abhängig seien. Hätte sich das Unglück verhindern lassen, wenn die BASF der Fremdfirma andere Vorgaben gemacht hätte, etwa mit einem Kaltschneideverfahren? „Wir prüfen das“, sagte Liebelt. Er verwies aber darauf, dass später Schweißarbeitern an der erneuerten Leitung unumgänglich gewesen wären. Kaltschneideverfahren brächten nicht automatisch mehr Sicherheit. Warum ist BASF-Chef Kurt Bock nicht zum Bürgerforum gekommen, ist der Vorstand genug präsent gewesen nach dem Unglück? „Meine Aufgabe als Vorstandsmitglied ist die Standortleitung. Und ich bin hier“, sagte Margret Suckale. Kurt Bock sei weltweit für die BASF unterwegs. Er sei beim Unglück die ganze Zeit präsent gewesen, habe sich um die Feuerwehrleute gekümmert und die Mitarbeiter informiert. Suckale wies Vorwürfe einer Bürgerin zurück, der Vorstand sei nicht genügend präsent gewesen. Sie und der stellvertretende Vorstandsvorsitzende Martin Brudermüller hätten öffentlich Präsenz gezeigt. Das Unglück habe den gesamten Vorstand mitgenommen. Sind die Warnungen der Stadt an die Bevölkerung ausreichend? Laut Katastrophenschutzdezernent Dieter Feid (SPD) waren die Luftschutzsirenen nicht ausreichend zu hören. Die Stadt will neue Hochleistungssirenen anschaffen, auch die Internetseite der Stadt soll aufgerüstet werden, damit sie hoher Nachfrage standhält, sagte OB Eva Lohse.

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