Frankenthal August von Parseval: Vom Drachenballon zum Luftschiff

Ab 1908 produzierte August von Parseval in Bitterfeld erfolgreich Luftschiffe.
Ab 1908 produzierte August von Parseval in Bitterfeld erfolgreich Luftschiffe.

In Frankenthal gibt es keinen Flugplatz und deshalb auch keinen Flugsportverein. Und doch ist die Stadt mit der deutschen Fliegerei eng verknüpft. Zu verdanken ist das dem gebürtigen Frankenthaler August von Parseval.

Der Mann schrieb Luftfahrt-Geschichte. Vor 115 Jahren wurde der Konstrukteur zum Namensgeber der legendären Parseval-Luftschiffe. Geboren wurde er am 5. Februar 1861 in Frankenthal als Sohn des königlich-bayerischen Landeskommissar-Aktuars Joseph von Parseval und dessen Gattin Marie Amélie. Und so war es ihm eigentlich gar nicht in die Wiege gelegt, neben den Brüdern Gustav und Otto Lilienthal oder Ferdinand Graf Zeppelin zu einem der großen deutschen Flugpioniere zu werden. Denn zunächst trat er auf Wunsch seines Vaters eine militärische Laufbahn beim königlich-bayerischen Pagenkorps in München an und gehörte zum 3. Infanterieregiment „Prinz Carl von Bayern“. Aber schon damals deutete sich ein anderer Lebensweg für den fantasievollen und technisch beschlagenen Autodidakten im Fach Aeronautik an.

Mit seinem Partner Hans Bartsch von Sigsfeld entwickelte er zunächst den „gefesselten Drachenballon“, der als Beobachtungsballon beim Militär eingesetzt wurde. 1901 war von Parseval auch Gründungsmitglied und Vorsitzender des Freiballonvereins Augsburg und begann im selben Jahr mit dem Bau von lenkbaren Luftschiffen. Als jedoch sein Freund und Partner von Sigsfeld 1902 bei einer Ballonlandung tödlich verunglückte, legte er tief betroffen eine vierjährige Schaffenspause ein.

Preiswert und leicht

Doch die Fliegerei ließ August von Parseval nicht mehr los. 1907 nahm er im Alter von 46 Jahren im Rang eines Majors seinen Abschied vom Militär und gründete 1908 in Bitterfeld eine Luftfahrzeugs-Gesellschaft, die bald auch wirtschaftlich erfolgreich war. Bis zum Ende des Ersten Weltkriegs entstanden in der Bitterfelder Werft 22 Prall- und Kielluftschiffe. Im Gegensatz zum starren Zeppelin mit seinem Holz- oder Aluminiumgerippe bestanden diese aus einer elastischen, preiswerten und leicht transportierbaren Hülle aus zwei Baumwollstofflagen, die eine luftdichte Gummischicht einschlossen.

Auch nach dem Ersten Weltkrieg blieb August von Parseval im Flugkörperbau aktiv und fertigte vier weitere Kielluftschiffe. Die Fahrten der Parsevale erregten damals ebenso viel Aufsehen wie die gigantischen Zeppeline, die sechs Jahre zuvor auf den Markt gekommen waren. Die Parsevale galten als ausgesprochen sicher. 1910 und 1911 absolvierte eines dieser Luftschiffe in eineinhalb Jahren 240 Fahrten und transportierte dabei 2300 Passagiere über eine Strecke von insgesamt 15.000 Kilometern – ohne einen einzigen Unfall. Die Parsevale wurden in Friedenszeiten auch exportiert – nach England, Russland, Italien, Österreich, in die Türkei und sogar nach Japan.

August von Parseval arbeitete auch an der Konstruktion eines Wasserflugzeugs, doch damit hatte er zunächst Pech. Bei Tests wollte der Prototyp einfach nicht aus dem Plauer See abheben. Erst als er eine Art mächtige Startrampe auf dem See errichtet hatte, gelang ein vergleichsweise kurzer Flug. Dennoch gilt der 7. Oktober 1910 als Tag des ersten Wasserflugs in Deutschland. Im Jahr darauf gab von Parseval die Versuche auf und widmete sich fortan einer neuen, nur noch theoretischen Tätigkeit: Er wurde Dozent für Flugtechnik an der Technischen Universität in Berlin-Charlottenburg. Das blieb er bis 1937. August von Parseval starb am 22. Februar 1942 im Alter von 81 Jahren in Berlin und wurde auf dem Friedhof in Wilmersdorf begraben.

Auf der Gedenktafel am Geburtshaus in der Speyerer Straße steht ein falsches Geburtsdatum. Richtig ist der 5. Februar 1861.
Auf der Gedenktafel am Geburtshaus in der Speyerer Straße steht ein falsches Geburtsdatum. Richtig ist der 5. Februar 1861.
x