Frankenthal Altera in Frankenthal: Ministerin droht mit Schließung

Gestern hat sich der Gesundheitsausschuss des Landtags mit den Zuständen im Altera Senioren-Domizil beschäftigt.
Gestern hat sich der Gesundheitsausschuss des Landtags mit den Zuständen im Altera Senioren-Domizil beschäftigt.

Freiberuflich beschäftigte Pflegekräfte, die Doppelschichten schieben, Mängel bei der Betreuung der Bewohner: Nach Kontrollen im März haben die Landesbehörden auf anhaltende Missstände im Altera Senioren-Domizil reagiert. Ein Wohnbereich wird vorerst dichtgemacht, zehn Bewohner müssen umziehen. Im Extremfall erwägt Ministerin Sabine Bätzing-Lichtenthäler auch eine Schließung.

„Da fängt Ökonomisierung von Pflege an.“ Dass Michael Wäschenbachs Bewertung der Zustände im Frankenthaler Altera Senioren-Domizil so gestelzt daherkommt, mag auch der Überraschung geschuldet sein, worüber die Landesregierung ihm und seinen Kollegen gestern Morgen im Gesundheitsausschuss des Mainzer Landtags berichtet hat. Den pflegepolitischen Sprecher der CDU-Fraktion erzürnt unter anderem der Umstand, dass in dem Altenheim freiberuflich beschäftigte Pflegekräfte Doppelschichten geschoben haben. „Das war für mich absolut neu“, sagt Wäschenbach im RHEINPFALZ-Gespräch.

 Umstrittenes Geschäftsmodell

Unter anderem dieses Beschäftigungsmodell, das für mehr als die Hälfte der eingesetzten Pflegekräfte angewandt wurde, trägt dem Pflegeheim in der Schraderstraße nach den im Februar verhängten Auflagen weitere Sanktionen seitens der zuständigen Landesbehörde ein: SPD-Sozialministerin Sabine Bätzing-Lichtenthäler informierte im Ausschuss auf Antrag der Christdemokraten, dass Altera bis auf Weiteres einen von bisher drei Wohnbereichen schließen muss. Das bedeutet: Die Anzahl der in dem Heim betreuten Senioren wird auf gut 70 reduziert. Zehn ältere Menschen sollen nach Vorstellung des Landes in andere Einrichtungen umziehen. Die Anordnungen des Landesamts für Soziales, Jugend und Versorgung nach zwei unangemeldeten Kontrollbesuchen im März gehen aber Bätzing-Lichtenthäler zufolge noch weiter: Ab 1. Mai dürfen keine Freiberufler mehr im Pflegedienst tätig werden. Aus Sicht des CDU-Manns Wäschenbach bemerkenswert: Stattdessen sollen „ausschließlich“ Mitarbeiter über Leasingfirmen zum Einsatz kommen. Derzeit liefen Auswahlgespräche mit Bewerbern für den Schichtdienst und für vakante Posten mit Führungsverantwortung. Ob Altera den Forderungen der Behörde nachkommt, werde „in Kürze“ geprüft, die Einrichtung in ihrem „Konsolidierungsprozess“ begleitet. Ministerin Bätzing-Lichtenthäler hat in ihrem gestrigen Statement im Gesundheitsausschuss allerdings auch klargestellt: Wenn es dem Betreiber des Seniorenheims nicht gelingt, das Ruder herumzureißen, „wäre auch eine vollständige Schließung der Einrichtung zu erwägen“.

Aufnahmestopp bleibt

Unverändert gültig ist der im Februar verhängte Aufnahmestopp für das von einer in Karlsruhe ansässigen Gesellschaft betriebene Altera Senioren-Domizil. Wie eine Sprecherin des Landessozialamts gestern am frühen Abend auf Anfrage erklärte, gilt die Auflage, keine neuen Bewohner aufzunehmen, bis 30. Juni. „Eine Verkürzung oder Verlängerung des Aufnahmestopps ist von der Qualitätsentwicklung der Einrichtung abhängig“, so die Sprecherin. Die Schließung des Wohnbereichs ist nach ihrer Darstellung nicht an zeitliche Vorgaben geknüpft: „Der zu schließende Wohnbereich kann grundsätzlich wieder eröffnet werden. Das wird davon abhängig sein, wie schnell es dem Träger gelingt, die festgestellten Mängel nachhaltig zu beseitigen.“ Ministerin Bätzing-Lichtenthäler hat zur Begründung der Sanktionen allerdings nicht nur „Probleme in der Organisation des Personals“ angeführt. Im Sprechvermerk für die Ausschusssitzung ist von „gravierenden Mängeln in der pflegerischen Versorgung der Bewohner“ die Rede, die bei verschiedenen Prüfungen – zum Teil mit Unterstützung des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung – seit 2014 festgestellt worden seien. Ins Rollen gebracht hat die jetzige Entwicklung wohl aber der Fall einer 92 Jahre alten Frau. Deren Tochter hat inzwischen Anzeige erstattet, weil im September vergangenen Jahres bei ihrer im damals im Altera-Heim lebenden Mutter nach einem Sturz die dabei erlittene Fraktur des Arms tagelang nicht erkannt und infolgedessen auch nicht behandelt worden war. Inzwischen ermittelt die Staatsanwaltschaft. Die Altera Senioren-Domizil Frankenthal GmbH war für eine Stellungnahme auch zu den neuen Vorgängen gestern nicht zu erreichen. Der Frankenthaler Landtagsabgeordnete und Vorsitzende der CDU-Fraktion, Christian Baldauf, stellt mit Entsetzen fest: „Gerade im Bereich der Pflege darf es zu solchen Dingen nicht kommen. Das muss dringend abgestellt werden.“ Pflegepolitiker Michael Wäschenbach wird noch deutlicher. Er spricht von einer „Systemkrankheit“.

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