Donnersbergkreis Zwei ruhige Wilde vom Steinbühl

Stella und Milo sind Vollgeschwister, haben den gleichen Vater und die gleiche Mutter. Das ist für Pferde nicht alltäglich. Beide verstehen sich hervorragend. Stella ist drei Jahre und schon eine richtige Dame, während Milo mit seinen zwei Jahren ein frecher Wildfang ist. Ihr bisheriges Zuhause war der Steinbühl in Kirchheimbolanden, dort wurden sie auch geboren. Doch nun wartet ein neuer Lebensabschnitt auf sie: Sie sollen trittsichere Freizeitpartner für Jugendliche und leichte Erwachsene werden und dafür gezähmt werden.

Koniks sind eine halbwilde Ponyrasse und eigentlich aus Polen. Sie haben eine stämmige Statur, eine dunkle, fast schwarze kurze Mähne und grau-braun schimmerndes Fell. Zusammen mit neun weiteren Ponys, die hier relativ wild leben, hatten sie auf dem Steinbühl ein Areal von 53 Hektar zur freien Verfügung. Menschen sind ihnen nicht fremd, sie lassen sich auch mal streicheln. Doch nun steht das Trennen von der Herde und langsame Zähmen an – eine ganz neue Herausforderung für die beiden. Kirsten Berg, für die Tiere im Steinbühl zuständig, holt sich dafür Hilfe von Kathrin Diefenbach, Pferdebesitzerin und Expertin, was den behuften Vierbeiner angeht. Auf Island hat sie den Umgang mit wild lebenden Islandponys und deren Zähmung lernen können und freut sich auf die Arbeit mit den zwei Koniks. Die Aktion beginnt: Während Kirsten Berg im Steinbühl versucht, die Ponys in ein Gatter zu treiben, damit Stella und Milo von der Herde getrennt werden können, bereitet Kathrin Diefenbach ihren Hinterhof in Dreisen auf die Ankunft der Geschwister vor. Dort leben über Winter auch noch zwei Haflinger, ein Pony und ein Vollblutmix. Um Platz für Stella und Milo zu schaffen und Konflikte zu vermeiden, müssen die Pferde erst einmal ihr Zuhause verlassen. Die Haflinger kommen auf eine Koppel in Bennhausen. Pony Jimmy und Vollblutmix Django beziehen eine Koppel in Dreisen. Der Hinterhof mit Paddock, Stall und Unterstand ist bereit für die Ankunft. Doch die Koniks lassen sich bitten, drei Tage braucht Kirsten Berg, um sie zusammenzutreiben. Ein letztes Mal vereint, wird ein Pony nach dem anderen wieder frei gelassen, bis nur Stella und Milo übrig bleiben. Alleine im Gatter, warten sie ruhig ab, was jetzt passiert. Im Gegensatz zu den Tieren ist die Aufregung der Frauen spürbar, als Kathrin Diefenbach endlich mit ihrem Hänger vorfährt. Wie sollen zwei Ponys in das winzige Gefährt? Jedes andere Pferd wird langsam daran gewöhnt und kennt bereits ein Halfter. Die Koniks aber sind komplett ahnungslos. Kurzerhand probiert die Pferdeexpertin ihr Glück: Halfter über den Kopf, schnell festgemacht – und ohne Probleme lassen Stella und Milo sich erstmals in ihrem Leben ein Halfter anlegen. Gelassen folgen sie dann den Frauen, die sich mit Karotten bewaffnet haben, in den Hänger. Auch der Transport ist unkompliziert. Doch nach der Ankunft wollen die Wildfänge partout nicht mehr aus dem Hänger. Seelenruhig harren sie darin aus, erst mit einer kleinen Motivation – Klopfen gegen den Hänger – trotten sie in ihr neues Zuhause. Doch die Spannung bleibt. Wildlebende Tiere kennen keine Trinkbehälter, keine geschlossenen Ställe oder im Wind wehende Planen, selten Hunde und keine so engen Zäune wie im neuen Zuhause. Pferde sind Fluchttiere, und Stella und Milo konnten bisher immer fliehen, wenn ihnen etwas suspekt vorkam. Doch bei Kathrin Diefenbach stehen den beiden nur 400 Quadratmeter zur Verfügung. Aber auch das bringt die zwei Ponys nicht aus der Ruhe. Sie trinken aus Eimern, lassen sich füttern, stellen sich brav in die Box, und in ihrer ersten Nacht legen sie sich zum Schlafen hin. Ein sicheres Zeichen dafür, dass sie sich pudelwohl fühlen, sagt Diefenbach. In den nächsten Tagen gewöhnt sie die zwei an erste alltägliche Dinge: ihren Hund, den Schubkarren zum Abäppeln, also das Entfernen der Pferdeäpfel vom Gelände, und andere Gerätschaften. Kurzzeitig sorgt ein pinkfarbener Spielball der Kinder für Aufregung bei den Ponys. Milo ist der Neugierige und will immer dabei sein, Stella dagegen eher zurückhaltend, aber ängstlich oder besonders wild ist keiner der beiden. Milo, sagt Kathrin Diefenbach, ist ein kleiner Clown, folgt ihr auf Schritt und Tritt und knabbelt mal hier, mal dort ein wenig an ihr ’rum. Langsam beginnt sie, die beiden anzufassen, denn als Freizeitpartner sollen sie keine Probleme im Umgang mit Menschen haben. Doch die zwei sind weniger problematisch als manch anderes Pferd, das im Stall unter Menschen geboren wurde. Kathrin Diefenbach vermutet als Grund dafür, dass sie einfach noch keine schlechten Erfahrungen mit Menschen gemacht hätten. Pferde sind schlaue Weggefährten und merken sich, wie man mit ihnen umgeht. „Jedes Pferd und Pony hat einen eigenen Charakter, doch schlechtes Verhalten ist häufig vom Mensch antrainiert“, sagt Kathrin Diefenbach. Sie hat oft genug mit Pferdebesitzern zu tun, die mit ihrem Tier nicht klarkommen. Oftmals ist es dann ihre Aufgabe, nicht nur das Pferd wieder auf Null zu setzen und zu trainieren. Zurück bei Stella und Milo, beginnt sie vorsichtig, die Pferde zu striegeln, zu putzen und die Hufe auszukratzen. Für Milo kein Problem, für Stella dagegen noch eine Gewöhnungssache, doch sie tritt nicht aus, dreht sich nur weg. Liebenswerte, nicht mehr wild lebende Ponys, völlig unkompliziert – das hätte auch anders sein können. Für Kirsten Berg ist klar, dass die beiden in ihrer Herde ein hervorragendes Sozialverhalten gelernt haben, da sie dort mit Eltern und Geschwistern aufgewachsen und daher zutraulich und relativ einfach sind. Kirsten Berg und Kathrin Diefenbach sind für ihre Entwicklung zuversichtlich. Doch es wird noch einige Herausforderungen zu meistern geben. Die Ponys müssen am Strick gehen, longiert werden. Zugeritten werden sie nicht, dafür sind sie noch zu jung. Und dann wird noch der Tierarzt bestellt, denn Milo wird kastriert und als Wallach sein Leben verbringen. Bis zum Sommer sollen beide Ponys bereit zum Verkauf gemacht werden. Die RHEINPFALZ wird vorher aber noch einmal nach ihnen schauen, um über ihre Fortschritte zu schreiben.

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