Donnersbergkreis Wir sind: Dannenfels

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Streng genommen ist Dannenfels Stadt, die Rechte dafür bekam der Ort im Jahr 1331. An besonders schönen Tagen gesellen sich zu den 900 Einwohnern um die 1000 Ausflügler. Und denen wird viel geboten: Wandern, Abenteuerspiele, frisches Keschdebrot und riesige Tortenstücke zum Beispiel.


Vor Ortsbürgermeister Ernst Ludwig Huy stellt die Bedienung eine goldene Kaffeekanne ab. Klar, er ist ja auch so was wie der kleine König von Dannenfels. Doch Individualität ist auch sonst im Café „Anno dazumal“ angesagt. Jeder der nostalgischen, meist blümchenverzierten Kaffee-Pötte ist anders schön, die lange Liste hausgemachter Kuchen verführerisch, das Tortenstück riesig. Zum Genuss für den Leib kommt der für die Seele hinzu an so einem Tag, an dem sich die Gäste draußen noch mal von der Herbstsonne streicheln lassen können. Kaum ein Neuling versäumt allerdings, sich auch am Charme der Innenräume zu begeistern. Es ist der Vorgeschmack von „Dannenfels für alle Sinne“, den „Anno dazumal“-Chefin Heike Berg im „Haus Linn“ gibt. Das gemeindeeigene Anwesen in der Oberstraße – umfassend restauriert, als sich Dannenfels anschickte, das Prädikat Luftkurort anzustreben und dafür ein „Haus des Gastes“ brauchte – hat den kleinen Platz zum lebhaften Dorfmittelpunkt werden lassen. Hier wird in der Scheune gefeiert, samstags in der Backstube frisch gebacken, so kommen auch Einheimische hierher, um sich mit Brot, Brötchen und Kuchenstücken einzudecken. Und regelmäßig wird als Spezialität auch „Keschdebrot“ aus dem Backofen gezogen. Umringt ist Haus Linn von ebenfalls anziehenden Baulichkeiten. Im Donnersberghaus, Heimstätte des gleichnamigen Vereins, erfährt man viel über den Berg und sein Umland, das Haus der Vereine ist Ort des Gemeinschaftslebens, das Landhotel Berg steuern zum Beispiel Kurzurlauber und Dampfnudelfreunde an. Die protestantische Kirche ruft nicht nur zu Gottesdiensten, sondern gelegentlich auch zu Konzerten. Täglich aber wird sie vom Gemeindearbeiter aufgesucht, der die um 1800 gebaute Turmuhr am Laufen hält: Bis heute wird der stündliche Glockenschlag über diese Uhr geregelt. Hermann Braun hat 2013 an ihrer Restaurierung mitgewirkt und dabei erfahren, dass es zumindest eine der ältesten noch funktionierenden Kirchturmuhren Deutschlands sei – mit zwei Gewichten und einer Kanonenkugel als Pendel. Das Pfarrhaus von 1778 ist, nachdem der Pfarrer kürzlich nach Kaiserslautern gewechselt ist, momentan verwaist. Auf die Stelle habe sich niemand beworben, heißt es; vorerst kommen also Vertretungen. Unterhalb der Kirche steht man im älteren der beiden Dannenfelser Friedhöfe. „Die Leute kommen gern hierher, wegen der Ruhe, aber auch, um mit anderen zu reden“, erzählt Erika Höbel, einzige Frau im Gemeinderat. Die Gemeinde möchte den parkartigen Charakter dieses Refugiums mit schönen alten Bäumen, in dessen Pflege sich ein arbeitsamer Rentnertrupp einbringt, noch betonen, indem zum Beispiel nur noch Urnengräber möglich sind. Die Aussicht hinunter auf Obstwiesen und Wald ist sagenhaft schön. „Sagenhaft“ ist sie auch am anderen Ende des Ortes, vom Biergarten der Blockhütte, die erfolgreich wiederbelebt wurde. Nur nicht schön: Ein Wall aus Windrädern ist da unten aufgereiht. Die Appartment-Anlage Kastanienhof selbst, von der Investorengemeinschaft saniert, füllt sich langsam mit neuen Besitzern. Das würde man dem früheren Studienhaus auch wünschen, doch seitdem die BASF es vor etlichen Jahren an einen Privatmann verkauft hatte, dümpelt es vor sich hin. Für die Gemeinde, so unterstreicht Ortschef Huy, ein ärgerlicher Leerstand, zumal Zeichen des Verfalls sichtbar werden. Dass sich bei einem anderen Langzeit-Leerstand, dem „Jagdhaus“, bald ein Besitzerwechsel vollziehen möge, hofft mit dem Ortschef nicht zuletzt das Dannenfelser „Keschdetheater“: Es hatte im stets rappelvollen Saal seine Spielstätte mit einmaliger Atmosphäre – auch wenn die begeisterten Zuschauer gut daran taten, in der Pause draußen frische Luft zu tanken. Ernst Ludwig Huy gehört natürlich zum Schauspieler-Stamm, ebenso Andrea Krämer. Ihr Arbeitsplatz ist das Tourismusbüro im Haus Linn, für sie der schönste Arbeitsplatz der Welt. Hier erfährt sie aus erster Hand, was Dannenfels-Besucher – an einem schönen Tag können das 1000 Gäste sein – wünschen. Wandern ist natürlich das A und O, gerade jetzt im goldenen Herbst. Das frühere Schilder-Chaos der Wanderwege hat federführend der Pfälzerwaldverein entwirrt, sieben Rundwanderwege übersichtlich markiert. Wegweiser zum „Verdauungsgang“ finden sich praktischerweise auch gleich in nächster Nähe zum Café „Anno dazumal“. Ein richtiger Renner sei der neue Pfälzer Höhenweg, wirft Huy ein, „der laaft wie e Länderspiel“. Andererseits sind manchem Besucher schon wenige Minuten Wandern von einem der sieben Parkplätze des Leitsystems zuviel: Da kann’s vorkommen, dass im Carport eines Dannenfelsers plötzlich ein fremdes Auto steht. Es sind vor allem Tagesausflügler oder auch Kurzurlauber, die in die Donnersberggemeinde kommen, hier Hotelzimmer oder Ferienwohnungen anmieten. Drei dieser Wohnungen kann Andrea Krämer anbieten, es dürften gern mehr sein, sagt sie. Insgesamt sind 180 Gästebetten im Ort registriert, darunter in Bastenhaus, dem „Verwöhnhotel“. Gästen, die Tage der inneren Einkehr in Dannenfels verbringen wollen, bieten die Trappistinnen des Klosters Gethsemani die Möglichkeit dazu. Donnersberg und gutes Klima bewirkten schon im 19. Jahrhundert die große Anziehungskraft von Dannenfels für Touristen. Zu Hotels und Gaststätten, zu Aussichtspunkten wie Ludwigsturm oder Adlerbogen gesellten sich in jüngerer Zeit neue Plätze der Erholung und des besonderen Erlebens: Park der Sinne, der auch für Kindergeburtstage viel genutzte Abenteuerspielplatz, der neue keltische Skulpturenweg etwa. Ganz zu schweigen von den keltischen Sehenswürdigkeiten auf dem Donnersberg-Plateau. „Wir leben hier zum Großteil von der Schönheit der Landschaft“, deshalb wolle man auch nicht Bauplätze um jeden Preis, erzählt der Bürgermeister. Das gilt auch fürs Gelände, das Privatinvestoren einst für den Bau einer Alzheimer-Residenz erworben hatten. Allenfalls eine Klinik oder ein Hotel seien dort vorstellbar, so Huy. Ansonsten setzt auch Dannenfels lieber auf Leerstandsnutzung: „In der Rotsteigstraße sind allein letztes Jahr drei Häuser von jungen Leuten gekauft worden“, freut sich der Ortschef. Wie sehr die Dannenfelser selbst mit und von der Natur leben, zeigt sich immer noch an ausgedehnten Obstplantagen, Keschdegärten und überhaupt der Fülle alter Edelkastanienbäume. Logischerweise feiert der Ort so auch gleich zweimal Kerwe: Kerschekerb Ende Juli und Keschdekerb am letzten Oktober-Wochenende. Im Obsthof Baab, wo man mit Genuss dem ferngereisten Supermarkt-Obst entsagt, duftet es nach frischen Äpfeln, gewachsen in Dannenfels. Hoffentlich, denkt man, bleibt auch das noch lange so.

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