Harxheim Warum jeder wissen sollte, wie man einen Defibrillator anwendet

Alexandra Ghabour von der Firma Aquadrat demonstriert die Arbeitsweise des Defibrillators.
Alexandra Ghabour von der Firma Aquadrat demonstriert die Arbeitsweise des Defibrillators.

Wie funktioniert eigentlich ein Defibrillator? Und kann man als Helfer wirklich nichts falsch machen? – Bei einer Vorführung in Harxheim gehen wir der Sache auf den Grund.

In vielen Gemeinden im Donnersbergkreis gibt es öffentlich zugängliche Defibrillatoren. Bei einem medizinischen Notfall soll ihn jeder Mensch, ob jung, alt, in Erster Hilfe geschult oder auch nicht, bedienen können. So heißt es jedenfalls immer. Aber was bedeutet das in der Realität? Um welche medizinischen Notfälle handelt es sich? Was muss ein Helfer dabei beachten? Und kann wirklich jeder mit diesem Gerät umgehen? In Harxheim hat sich jetzt für die RHEINPFALZ die Gelegenheit geboten, an einer „Defi“-Vorstellung teilzunehmen.

Der neue Defibrillator hängt rechts vom Eingang zur TSG-Turnhalle auf dem Gelände der Zellertalschule. Er befindet sich in einer Box, die Tag und Nacht öffentlich zugänglich ist und nachts sogar blinkt. Angeschafft wurde er vom Orga-Team der Veranstaltung „Zauberhaftes Zellertal“. „Wir haben in diesem Jahr einen kleinen Gewinn von 963 Euro erzielt, 990 Euro kommen von der Verbandsgemeinde, und mit 640 Euro hat uns der Sportbund Pfalz unterstützt“, teilt Gunter Herweck mit. Somit sei es möglich gewesen, einen automatisierten externen Defibrillator, AED genannt, anzuschaffen. Es handelt sich bereits um das zweite Gerät dieser Art in Harxheim. Das erste ist schon einige Zeit in Betrieb, hängt am Gemeindehaus neben der Kirche, wurde ebenfalls aus einem Überschuss des „Zauberhaften Zellertals“ finanziert – und laut Herweck hat es bereits einmal ein Leben gerettet.

Speziell für Laien entwickelt

Aber was genau ist ein Defibrillator? – „Es handelt sich um ein Gerät, das mit starken Stromstößen lebensgefährliche Herzrhythmusstörungen, vor allem das gefürchtete Kammerflimmern, stoppen kann“, erklärt Alexandra Ghabour von der Firma Aquadrat, die das neue Gerät im Vereinsraum der TSG vorstellt. Ein AED oder Laien-Defibrillator sei im Gegensatz zu Geräten aus dem Rettungsdienst eigens für Erste Hilfe durch Nicht-Fachleute entwickelt worden. „Man kann dabei keinen Fehler machen. Der einzige Fehler ist, dass man nichts macht.“

Was besonders hilfreich ist: Der Defibrillator spricht. Sobald Ghabour den Deckel öffnet, beginnen die Instruktionen. „Bleiben Sie ruhig, folgen Sie den Anweisungen“, sagt eine Computerstimme. Und dann leitet sie den Helfenden Schritt für Schritt durch die Hilfeleistung. Gleichzeitig sind auf einem integrierten Bildschirm entsprechende Illustrationen zu sehen – man kann tatsächlich kaum etwas falsch machen.

Per Knopfdruck auf Kinder-Modus

Der Helfer bekommt genau gesagt, wann er den Oberkörper freimachen, wann und wo er die Elektroden anbringen und wann er wie mit der Herzdruckmassage beginnen muss. Sogar der Rhythmus wird mittels eines Metronoms angegeben. Weil das Gerät voll automatisiert ist (es gibt auch halbautomatische), muss der Helfer auch den Stromstoß nicht selbst abgeben. Sogar einen Knopf zum Umstellen auf die Anwendung am Kind gibt es. Die Faustregel lautet hier: Wenn eine Person jünger als acht Jahre oder leichter als 25 Kilo ist, muss man den Kinder-Modus benutzen.

Und wann sollte der Defibrillator zum Einsatz kommen? – „Immer dann, wenn jemand umgefallen ist“, sagt Ghabour. Allerdings müsse vorher einiges beachtet werden: „Sprechen Sie den Patienten an, berühren Sie ihn, Sie können ihn auch vorsichtig an den Schultern schütteln. Wenn keine Reaktion kommt, drehen Sie ihn auf den Rücken, überstrecken Sie den Kopf leicht nach hinten, damit die Atemwege frei sind. Dann platzieren Sie Ihr Ohr über Mund und Nase der Person und schauen dabei auf den Brustkorb. Wenn Sie keine Bewegung feststellen, atmet die Person nicht. Dann müssen Sie sofort die 112 wählen und außerdem mit einer Herzdruckmassage beginnen.“

Demonstration an einer Puppe

Worauf Ghabour größten Wert legt: „Lassen Sie den Patienten nie allein. Schicken Sie jemand anderes den Defi holen.“ – Und wenn niemand da ist? – „Dann rufen Sie laut um Hilfe! Auf keinen Fall vom Patienten weggehen. Lieber den Defi dann nicht benutzen und gleich mit der Herzdruckmassage beginnen.“ An einer Puppe demonstriert sie, wie das geht. Man drückt mit überkreuzten Händen mit dem Handballen auf die Mitte des Brustkorbs, fünf Zentimeter tief, 110 bis 120 Mal in der Minute. Um im Tempo zu bleiben, hilft es, sich „Stayin Alive“ von den Bee Gees oder den Radetzkymarsch vorzustellen. „30 Mal drücken, dann zweimal beatmen, dann wieder drücken.“

Wenn der Helfer mit dem Defibrillator kommt, muss dieser sofort geöffnet werden. Dann müssen nach Anweisung die Elektroden angebracht werden. Auf dem Bildschirm wird genau angezeigt, wie das geht, dazu kommen die gesprochenen Instruktionen. Sobald die Elektroden kleben, analysiert der Defi den Herzrhythmus und entscheidet, was zu tun ist. Ergibt die Analyse, dass ein Schock notwendig ist, teilt das Gerät es mit. Diese Analyse wird automatisch alle zwei Minuten durchgeführt. „Man kann eigentlich nichts falsch machen“, betont Ghabour. Wichtig ist nur, dass die zu rettende Person nicht nass ist – und dass sich die Helfer, falls mehrere vor Ort sind, bei der Herzdruckmassage abwechseln. „Das müssen Sie so lange machen, bis der Rettungswagen kommt.“

Im Notfall: „Haschemer Helfer“ anrufen

Unterm Strich bleibt der Eindruck: Erste Hilfe mit einem Defibrillator zu leisten, ist gar nicht so schwierig. Gut wäre es allerdings, wenn es mehr von ihnen im öffentlichen Raum gäbe. Kommunen könnten selbst dafür sorgen, Vereine und andere Gruppierungen können aber auch gezielt Aktionen machen oder Spenden sammeln. Harxheim nimmt hier eine echte Vorreiterrolle ein. Nicht nur, weil die 860-Einwohner-Gemeinde jetzt gleich zwei Geräte hat, sondern auch, weil es darüber hinaus noch die „Haschemer Helfer“ gibt: Ein gutes Dutzend Bürger, die bereit sind, sich von ihren Mitbürgern bei medizinischen Notfällen kontaktieren zu lassen. „Eine Liste mit Namen und Telefonnummern aller Helfer ist an alle Harxheimer Haushalte gegangen“, erklärt Herweck. „Natürlich sollte man nach wie vor zuerst die 112 wählen, aber danach kann man einen der Haschemer Helfer anrufen. Der kann dann auch den Defibrillator mitbringen.“ Übrigens: Durch Wegzug hat sich die Anzahl der Helfer verringert. Neue Freiwillige sind hochwillkommen. Wer mitmachen will, kann sich bei Herweck oder Ortsvorsteherin Sonja Stoll-Merkel melden.

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