Donnersbergkreis Rekordsaison nach der Kehrtwende

Steinbach. Mit eingelegtem Turbo durch die B-Klasse Nord: Der TuS 07 Steinbach stampfte die Liga in den Boden, stürmte allen davon – und ist mit der Rekordanzahl von 83 Punkten Meister. Eine dicke Überraschung, betonen die Klub-Offiziellen. Vor der Saison hatte der TuS den Neustart gewagt: Er tauschte seinen Kader komplett aus, 28 Kicker gingen, 24 kamen – auch Meistermacher Timothy Hanauer. Der lang ersehnte Aufstieg.

Modisch betrachtet ist die Krawatte eine echte Sünde. Die beige Farbe, darauf schwammige Lettern in schwarz und weiß, als ob sie gerade mit Wasserfarbe auf den Stoff gepinselt wurden. „TuS 07“ prangt da dick. Das Design ist aus der Zeit gefallen – heute interessiert das aber keinen. Der Schlips, den Markus Buhl-Bohlander auf der Meisterfeier seines Vereins um den Hals gewickelt hat, ist ein Symbol. Für die Sehnsucht, die der TuS – endlich – besiegte. Anfang der Nuller-Jahre gab es die Krawatte. Ein Andenken an den Aufstieg der Steinbacher in die Bezirksliga. Seitdem hatten sie wenig zu feiern. Es war der letzte große Meister-Titel. Bis zu dieser Saison, in der alles gelang. Buhl-Bohlander drückte vergangenen Sommer die Reset-Taste. „Unsere Planung war eigentlich beendet. Dann ist uns Lars Igel ja abgesprungen, viele Spieler sind weg. Wir standen bei Null“, blickt der Spielleiter auf eine Phase zurück, die ihn zum Umsturz zwang. Unglaubliche 28 Abgänge gab es. Nahezu der ganze Kader verließ den TuS. Für Buhl-Bohlander war es Zeit für einen Neuanfang, eine Kehrtwende. Davor wollten die 07er fast schon krampfhaft aufsteigen. Ein Drei-Jahres-Plan beschrieb das Ziel, der aber ging gründlich schief. Nach dem radikalen Kurswechsel ging Buhl-Bohlander ohne Erfolgsdruck ans Werk: 24 Neue kamen für die 28 Verluste, wild gemischt war der frische Kader. A-Jugendliche, Erfahrene aus der Bezirksliga, solide Leistungsträger. „Die Mischung hat′s gemacht! Die vielen Jungen hatten ein gutes taktisches Grundverständnis. Sie waren wild und ehrgeizig, wollten sich alle beweisen und lernen. Die haben alles mitgemacht“, beschreibt Timothy Hanauer, 29-jähriger Spielertrainer, die Eigendynamik, die sich in der Kennenlern-Zeit entwickelte. Auch er stieß neu zum TuS, leitete vorher die SG Nieder-Wiesen. „Der Teamgeist war von Anfang an da. Wir haben da nicht lange gebraucht“, sagt Pascal Weber, Kapitän der Meister-Elf. Vor den ersten Testspielen hatte niemand Steinbach richtig auf dem Zettel. Dann stürmte der TuS durch die Saison: 83 Punkte holte er, so viele, wie noch kein anderer B-Klasse-Klub zuvor. Unerwartet war das, sagen sie am Fuße des Donnersbergs. Seine einzige Pleite musste der Titelgewinner am vorletzten Spieltag gegen Gundersweiler verkraften – als er die Krone seit einer Woche aufgesetzt hatte. „Unsere Erwartungshaltung war, eine gute Runde zu spielen. Aufstieg war aber kein Thema“, sagt Hanauer. Klar, bei der bunt zusammengewürfelten Mannschaft. „Ich hatte auch bis zuletzt noch Muffe. Ab dem 9:0 in Sippersfeld hab′ ich mir gedacht: Wenn nicht jetzt, weiß ich auch nicht mehr.“ Am Ende war der TuS einfach übermächtig, seine Konstanz beängstigend. Einziger ernstzunehmender Rivale: der TuS Bolanden (7:2, 1:1). Sieben Punkte trennten die beiden. Eine Hausnummer. „Der Unterschied war, dass Bolanden als Absteiger wieder hoch musste. Unser Druck kam erst im Winter, als wir alle 15 Spiele gewonnen hatten. Ohne uns wäre Bolanden ja souverän Meister geworden“, glaubt Hanauer. Das Erfolgsgeheimnis: eine „90-minütige Diktatur“ im Spiel, sagt er. Absolute Disziplin, absoluter Gehorsam. Jeder müsse das machen, was er verlange. Ohne Widerworte. Die Einstellung fruchtete. Ein magischer Angriff knipste 152 Mal, allein Tor-Granate Kevin Bernhardt – auch einer der Neuen – machte 60 Buden. Mit nur 37 Gegentreffern stellte der TuS die zudem sicherste Defensive. Bollwerk und Tor-Maschinerie in einem. Und: Hanauers Elf war flexibel. Sie hatte neben ihrem Standard-4-4-2 andere Systeme im Repertoire. Der TuS konnte antworten, konnte überraschen. „Unser läuferisches Element war einfach brutal. Da konnte keiner nur ansatzweise mithalten. Die Chemie hat auch gestimmt“, lobt Bernhardt, der kantige Torschützenkönig. Wirklich siegessicher waren sich die Steinbacher aber nie. Bolanden lauerte auf Patzer. „Wir mussten alles geben. Ich hatte das Gefühl, dass da immer was passieren kann. Und irgendwann reißt jede Serie“, meint Kapitän Weber, einer von drei Abgängen und neuer Trainer beim SV Imsbach. 28 Begegnungen überstand sein Team ohne Nullrunde. Ab dem vierten Spieltag führte der TuS das Klassement an – und gab das Zepter nie aus der Hand. „Das war eine unglaubliche Saison. Wenn man fünf Tore im Schnitt macht, muss die Spielidee funktionieren“, erklärt Hanauer. „Auf allen Positionen waren wir stärker besetzt als die anderen.“ Außer Bernhardt, sagt er, könne er keinen Helden herausheben. 20 Akteure setzte er ein, 15 trafen. Hanauer sagt, seine Elf sei noch nicht bei 100 Prozent. Er könne noch mehr herauskitzeln. Der Meisterkader TuS 07 Steinbach: Tor: Lukas Schmidt (30 Spiele/0 Tore); Abwehr: Pascal Weber (30/2), Gabriel Hanauer (29/17), Jonas Becker (27/1), Justin Müller (28/2), Tim Schreiber (21/2), Christian May (17/0), Lukas Scheidel (10/1), Moritz Scheidel (4/0), Arthur Schönmaier (4/0); Mittelfeld und Angriff: Sebastian Walther (29/20), Artur Altergott (28/10), Kevin Bernhardt (26/60), Timothy Hanauer (26/9), Niki Orthen (26/5), Nico Hammel (25/17), Dennis Windecker (22/0), Tim Klingkowski (20/3), Fatmir Sylejmani (7/4), Steffen Thul (1/0). Trainer: Timothy Hanauer. Betreuer: Markus Buhl-Bohlander, Heribert Christ, Wolfgang Scheidel.

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